So steht es um die Kurzarbeit in Medienhäusern und Redaktionen

TitelfotoDrew Beamer

Um die Coronakrise wirtschaftlich durchzustehen, haben viele Medienhäuser ihre Mitarbeiter – auch aus der Redaktion – in Kurzarbeit geschickt. Wie ist der Stand heute? Medieninsider hat bei den betroffenen Unternehmen nachgefragt. Eine Übersicht.

Als sich das Coronavirus Anfang des Jahres auch in Deutschland ausbreitete, die Anzeigenerlöse aufgrund des Wirtschaftseinbruchs zurückgingen und Veranstaltungen unmöglich wurden, führten die ersten Medienunternehmen Kurzarbeit ein. Medienhäuser wie die taz oder die Süddeutsche Zeitung gehörten im März zu den ersten. Axel Springer, Gruner + Jahr und zahlreiche andere Medien folgten im April.

Bei der Zeit, die im Mai Teile aus Redaktion und Verlag in Kurzarbeit schickte, hieß es damals, dass man die Verluste im Anzeigenmarkt und in diversen anderen Geschäftsfeldern nicht habe mit höheren Vertriebserlösen kompensieren können. „Das Ausmaß werden wir erst einschätzen können, wenn wir absehen können, wie lange diese Krise anhält“, erklärte Geschäftsführer Rainer Esser im April gegenüber dem Medienpodcast Unter Zwei.

Fünf Monate später hat sich die wirtschaftliche Lage etwas entspannt. Medieninsider hat deshalb bei 18 Medien nachgefragt, wie es um Kurzarbeit bei ihnen steht. Nicht alle wollten sich äußern, doch der Großteil gab Antworten. Die meisten der antwortenden Medien haben die Kurzarbeit ganz oder teils beendet, auch viele Redaktionen sind nicht mehr betroffen.

Die Hamburger Morgenpost war nur im April in Kurzarbeit, erzählt Verleger Arist von Harpe. Zwischen 20 und 50 Prozent wurde die Arbeitszeit in der Vermarktung und Sportredaktion reduziert. „Sport ging ja wieder los”, begründet von Harpe die Rückkehr zum Normalbetriebs. 

Die Neue Zürcher Zeitung hat die Kurzarbeit im Juni komplett aufgehoben, das Handelsblatt, die taz und der Axel-Springer-Verlag teilweise. Bei der taz waren neben der Kantine „in geringem Umfang” die Bereiche taz Shop, Anzeigen, Veranstaltungen, taz Reisen und die Berliner Kulturbeilage taz Plan betroffen. In den meisten Bereichen ist man nach Verlagsangaben wieder in den Regelbetrieb zurückgekehrt, heißt es auf Nachfrage.

Die Axel-Springer-Medien Bild und Welt haben sich zu keinem Zeitpunkt in Kurzarbeit befunden, so ein Verlagssprecher. Bei der Tochterfirma Vertical Media, zu der Gründerszene gehört, gab es von Mai bis Juli Kurzarbeit. Hier reduzierte sich die Arbeitszeit um 20 Prozent. Weitere Bereiche des Springer-Konzerns sind Ende Juni zu normalen Arbeitszeiten zurückgekehrt, so der Sprecher. Die Eventmanagmentsparte ist weiterhin von den Maßnahmen betroffen, allerdings deutlich weniger als auf dem bisherigen Höhepunkt der Coronakrise, erklärt der Sprecher. Zahlen nannte er nicht. 

Gehaltsverzicht beim Handelsblatt

Beim Handelsblatt wurde die Kurzarbeit in der Redaktion beendet, in anderen Bereichen soll sie laut einer Unternehmenssprecherin noch bis Ende September bestehen bleiben. Neben der Kurzarbeit hatten Geschäftsführung und die gesamte Geschäftsleitung sowie die Chefredakteure von April bis September auf 20 Prozent ihres Gehalts verzichtet. Weitere Führungskräfte konnten sich auf freiwilliger Basis anschließen. Diese Maßnahme kannte man bisher von US-Medienhäusern wie Vox oder Condé Nast.

Beim Berliner Tagesspiegel gelten Kurzarbeitermaßnahmen noch für einige wenige Verlagsbereiche, so eine Sprecherin, nicht aber mehr für die Redaktion. Seit Juli werde dort wieder normal gearbeitet. Der Tagesspiegel hatte ab Anfang April in unterschiedlicher Höhe Kurzarbeit beantragt. Dabei war der Verlag bemüht, die Einkommensausfälle auf 90 Prozent des Nettogehalts aufzustocken, heißt es.  

Auch für die Redaktion der Süddeutsche Zeitung endete die Kurzarbeit Ende Juli. Zuvor wurde die Arbeit auf 85 Prozent gesenkt. Andere Bereiche des Süddeutschen Verlags waren teilweise noch bis Ende August in Kurzarbeit, so ein Sprecher der Südwestdeutschen Medienholding (SWMH), zu der die SZ gehört. In den Bereichen rund um Veranstaltungen gibt es weiterhin Kurzarbeit.

Und auch die Zeit hat die Kurzarbeit größtenteils im Juni beziehungsweise Juli aufgehoben. Lediglich bei Zeit Reisen und dem Tochterunternehmen Convent wird weiterhin reduziert gearbeitet, erklärt eine Verlagssprecherin. Bei der Hamburger Wochenzeitung wurde die Arbeitszeit in der Printredaktion ab Mai für zwei Monate um zehn Prozent gesenkt. 

Beim Spiegel und beim Verlag Gruner + Jahr hat die Kurzarbeit länger angehalten. Das Hamburger Nachrichtenmagazin, wo nur einige Verlagsabteilungen betroffen waren, beendete die Kurzarbeit vollständig zum August. 

Bei Gruner + Jahr wurde die Kurzarbeit im September beendet. Welche Bereiche betroffen waren, wollte die Unternehmenssprecherin nicht sagen. 

Auch Buzzfeed Deutschland soll nach der Übernahme von Ippen Digital aus der Kurzarbeit zurückkehren, wie Medieninsider berichtete. Und auch der deutsche Ableger von Vice ist seit September wieder in Regelbetrieb. Im Mai wurde bekannt, dass der US-amerikanische Mutterkonzern 155 Mitarbeiter entlassen muss, davon 100 im Ausland. In Deutschland konnte Vice aber dank der Möglichkeit der Kurzarbeit Kündigungen umgehen

Mit der generellen Möglichkeit, Kurzarbeit zu beantragen, ist den Verlagen und Medien in Deutschland womöglich vieles erspart worden. In den USA gab es nach Angaben einer Datenauswertung des Tow Centers über 1100 Kündigungen in Redaktionen im Zuge der Coronakrise.

Der zu beobachtende Trend der Rückkehr zu normalen Arbeitszeiten ist auch gesamtgesellschaftlich zu beobachten. Nach einer Berechnung des Ifo-Instituts sank die Zahl der Kurzarbeiter in Deutschland von 5,6 Millionen im Juli auf 4,6 Millionen im August. 

Zwei der von Medieninsider angefragten Medien sind während der Coronakrise komplett ohne Kurzarbeit ausgekommen: Die Frankfurter Allgemeine Zeitung und der Medienkonzern Klambt, der Zeitschriften wie Jolie oder Ok! verlegt. Die Mediengruppe Madsack wollte sich nicht äußern. Anfragen unbeantwortet ließen RTL, die Funke Mediengruppe und die Schwäbische Zeitung.


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Levin Kubeth
Levin Kubeth
Levin ist freier Journalist. Er produziert den Medienpodcast Unter Zwei und gründete das Podcastressort beim Campusradio Radioaktiv. In Mannheim studiert er Politikwissenschaft.

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