Bringt die Bundesregierung mit ihren Social-Media-Inhalten den Journalismus in Gefahr? Dann kann er nicht so viel wert gewesen sein. Die Branche sollte nicht über staatliche Kommunikation lamentieren, sondern sich neu ausrichten. Eine Replik auf Medieninsider-Kolumnist Hermann von Engelbrechten-Ilow.
Ein Gastbeitrag von Torben Klausa
Journalisten pflegen ein heroisches Selbstbild: Sie kontrollieren die Mächtigen, sind die vierte Gewalt, für sie gilt: Presse-David gegen Staats-Goliath. Zugegeben: Ohne Presse und Rundfunk als Vermittler zwischen Politik und Volk, ohne journalistische Machtkontrolle kann demokratische Meinungsbildung nicht funktionieren. Doch was passiert, wenn der Staat mit Hilfe sozialer Medien die Vermittlung zwischen Politik und Bürgern selbst in die Hand nimmt?
Wer Hermann von Engelbrechten-Ilows Beitrag bei Medieninsider liest, könnte meinen: Der Staat ruiniert mit seinem Social-Media-Auftritt nicht nur im Alleingang den Journalismus, sondern bricht auch gleich die Verfassung. Ich bin skeptisch – nicht nur, was die verfassungsrechtliche Einordnung angeht. Diese Diagnose sitzt auch einem Irrtum über die Aufgabe von Journalismus und moderner staatlicher Kommunikation auf.
Das erste Missverständnis
Zunächst zum journalistischen Missverständnis: Die Social-Media-Arbeit der Bundesregierung „hebelt […] die Kontrollfunktion des Journalismus aus“, argumentiert von Engelbrechten-Ilow. Das mag als Kritik an der Bundesregierung gemeint sein, läuft jedoch auf die Bankrotterklärung journalistischen Anspruchs hinaus. Denn „journalistische Kontrolle“ erscheint hier wie ein bloßes Monopol auf die Verbreitung von Inhalten.
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