Was stimmt eigentlich nicht mit uns? Warum fällt es Journalisten regelmäßig schwer, bei aufgeheizter Stimmung innezuhalten? Und wie können wir es schaffen, dass wir aus Fällen wie dem der gejagten Chefredakteurin Lehren ziehen, die unsere digitale Resilienz nachhaltig verbessern?
Es gab in den vergangenen Monaten nur wenige Vorgänge, über die in deutschsprachigen Redaktionen so viel diskutiert und reflektiert worden ist, wie der Fall Alexandra Föderl-Schmid. Die Betroffenheit angesichts der für eine zeitlang verschwundenen Journalistin war allgegenwärtig. Es ist gut, dass eine Branche wieder einmal ins Nachdenken darüber gekommen ist, was eine vermeintliche „Hetzjagd“ auslösen und mit uns Menschen anstellen kann, in diesem Fall mit einer angesehenen Kollegin. Die Causa sollte Anlass geben, Antworten darauf zu finden, wie der Journalismus und dessen Macher resilienter werden können.
Nicht die Nerven verlieren
Zu den häufigen Reflexen von Journalisten gehört es, zu allen möglichen Ereignissen ad hoc Meinung zu generieren und (eine) Haltung zu beziehen. In vielen Fällen kann die journalistische Kommentarflut einschließlich dem opaken Meinungssalat in den sozialen Medien kontraproduktiv sein: wenn die Faktenlage nicht klar ist, ein Sachverhalt noch nicht zu Ende recherchiert wurde oder die Pietät es verbietet, weil Persönlichkeit und Privatsphäre geschützt werden müssen – wie im Fall Föderl-Schmid. Dann ist zu mehr Besonnenheit geraten, denn journalistische Impulskontrolle ist etwa bei polizeilichen Ermittlungen oder juristischen Verfahren angeraten, wenn es darum geht, eine Begebenheit zu Ende zu denken anstatt Menschen vorzuverurteilen. Es geht in ernsten Nachrichtenlagen beispielsweise auch darum, keine Krisenängste in der Bevölkerung zu schüren. Einfach mal nichts sagen und innehalten, kann deshalb eine kluge Option für Journalisten sein.
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