Eines muss man Correctiv in jedem Fall lassen: Die Remigrationsrecherchen, für die das Investigativmedium über ein Treffen von wohlhabenden Unternehmern und rechten Vordenkern in Potsdam berichtet hat, dürften schon jetzt zu den wirkungsstärksten des Jahres zählen. Hunderttausende Menschen demonstrierten im Anschluss der Veröffentlichungen gegen Rechtsextremismus, Politiker bis hin zum Bundeskanzler und Bundespräsidenten meldeten sich zu Wort und trafen auf viel Geschimpfe der politischen Rechten. Im Zentrum der Recherchen stand das „Geheimtreffen“, weil dort diskutiert worden sein soll, wie man möglichst viele Menschen mit Migrationshintergrund loswerden könnte.
Die für Medienbeobachter nahm die Geschichte erst nach der Veröffentlichung von Correctiv Fahrt auf – denn den Recherchen soll der Glanz genommen werden. Seit Wochen nun tobt ein Kampf um die Deutungshoheit, in dem die auf die Vertretung von Betroffenen spezialisierte Presserechtskanzlei Höcker mitmischt. Diese hat sieben eidesstattliche Versicherungen von Teilnehmern des Treffens vorgelegt, die am Wahrheitsgehalt einiger Aussagen Zweifel aufkommen lassen sollen. Wie sehr es überrascht, dass die Teilnehmer des Treffens sich heute anders daran erinnern, als es von Correctiv aufgeschrieben wurde, mag jeder selbst entscheiden. Das Medium hat jüngst selbst mit der Vorlage von wiederum acht eidesstattlichen Versicherungen reagiert, um die Glaubwürdigkeit seiner Recherchen zu untermauern.
Unterschied zwischen Beschaffung und Verwertung von Informationen
Der medienwirksame Streit soll in dieser Kolumne allerdings nicht ablenken von einem grundsätzlichen Kritikpunkt, der direkt nach Veröffentlichung des Treffens aufgekommen war und dessen Kernfrage für die Arbeit investigativ arbeitender Journalisten von Relevanz ist. Ging es bei den Recherchen mit unlauteren Methoden zu?
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