Vergangene Woche gab Bertelsmann-Chef Thomas Rabe bekannt, einen Großteil des Titelportfolios des einstigen Verlagshauses Gruner + Jahr abzustoßen oder gar einzustellen. Für Nikolaus Förster wiederholt sich die Geschichte. Als Gruner + Jahr 2013 die Wirtschaftsmedien auflöste, stand auch sein Magazin vor dem Aus. Der damalige Impulse-Chefredakteur beschloss, um die Marke zu kämpfen. Er übernahm das Unternehmermagazin im Zuge eines Management-Buy-outs (MBO). Im Interview mit Medieninsider erklärt er:
► Weshalb er sich den Schritt damals zugetraut hat
► Was die Voraussetzungen für den Buy-out waren und wie der Prozess ablief
► Wieso Impulse sich bei Gruner + Jahr nicht entfalten konnte und welche Strategie er danach einschlug
► Warum das Magazin danach in die roten Zahlen rutschte
► Wie er die Finanzierung für den Schritt in die Unabhängigkeit regelte
Medieninsider: Was ist Ihnen in der vergangenen Woche durch den Kopf gegangen?
Nikolaus Förster: Es war wie ein Déjà-vu. Wir haben so etwas vor etwa zehn Jahren ja schon einmal erlebt, als die Financial Times Deutschland eingestellt wurde. Damals wurden mehr als 300 Leute entlassen, es war eine der größten Entlassungswellen in der deutschen Mediengeschichte. Heute sind es 700 Stellen, insofern ist das Ausmaß noch sehr viel größer. Dem Ende dieses Verlages zuzusehen ist ein Trauerspiel. Wie für viele war es auch für mich als junger Journalist ein großer Traum, nach Hamburg zu gehen und für Gruner + Jahr zu arbeiten. Das hat damals wirklich etwas bedeutet.
Haben sich irgendwo in dieser Trauer vielleicht auch ein paar Funken Glück entzündet?
Ich habe weder Schadenfreude empfunden noch habe ich verspürt, dass wir besonderes Glück hatten. Die vergangenen zehn Jahre, seit wir Impulse aus Gruner + Jahr herausgelöst haben, waren harte Arbeit. Ich bin aber natürlich glücklich darüber, dass wir so weit gekommen sind, dass Impulse gewachsen und profitabel ist. Unser zehnjähriges Jubiläum haben wir gerade erst im Januar gefeiert, während gleichzeitig bei Bertelsmann über das Schicksal vieler Gruner+Jahr-Titel und des gesamten Verlags entschieden wurde. Das ist traurig, bestätigt mich aber nochmals darin, dass es richtig war, eine völlig andere Strategie zu verfolgen.
Eine kurze Rückblende: Sie haben Impulse 2013 von Gruner + Jahr übernommen. Was waren die Umstände?
Die Marke war eigentlich dem Untergang geweiht. Sie war Teil der Wirtschaftsmedien von Gruner + Jahr, in denen der Verlag sämtliche Wirtschaftstitel und -Redaktionen bündelte, auch die defizitäre Financial Times Deutschland. In so einem Konstrukt muss jeder Kompromisse machen, keine Marke kann sich wirklich frei entfalten. Impulse war in dieser Konstellation mit der FTD, Capital, Business Punk und Börse Online der einzige B2B-Titel. Nachdem 2012 Julia Jäkel an die Vorstandsspitze rückte, kam es erneut zur Portfolioüberprüfung. Es war wie heute: Man glaubte nicht mehr an das Gesamtkonstrukt und überlegte, woran man festhalten wollte. Schnell war das Ende der FTD besiegelt. Und es war auch klar, dass Impulse im Verlag keine Zukunft haben würde, obwohl der Titel profitabel war.
Sie waren zu dem Zeitpunkt Chefredakteur.
Für mich war klar: Ich kann es nicht zulassen, dass der Vorstand quasi „mein Magazin“ verkauft oder gar dichtmacht. Also habe ich meinen Hut in den Ring geworfen und monatelang über einen Kauf verhandelt.
Auch jetzt trennt sich Gruner + Jahr bzw. RTL von Titeln, die als profitabel gelten. Ist das eine Grundvoraussetzung für einen Management-Buy-out?
Das kann ich rückblickend schwer beurteilen. Impulse war 2013 profitabel. Betriebswirtschaftlich war es immer ein konservativer Titel: Die Gewinne waren nie besonders hoch, ebenso die Verluste – in den wenigen Jahren, in denen der Titel in die roten Zahlen gerutscht war. Das hat den Titel wirtschaftlich vielleicht auch etwas langweilig gemacht. Das hat sich nach dem Buy-out übrigens schnell geändert: Im ersten Jahr nach der Übernahme haben wir noch Geld verdient, im zweiten Jahr aber eine knappe halbe Million Euro verloren und auch im dritten haben wir deutliche Verluste gemacht. Wir haben richtig geblutet. Das Wichtigste war aber, dass ich von der Marke und dem Team überzeugt war. Deshalb traute ich mir den MBO zu – obwohl ich als Chefredakteur zuvor ja nur die inhaltliche, nicht aber die wirtschaftliche Verantwortung getragen hatte. Das nennt man psychological ownership. Schon als Angestellter verhielt ich mich so, als sei es mein eigenes Unternehmen.
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