Mitarbeiter fordern mehr Mitspracherecht: In dieser Woche soll ein Redaktionsbeirat gewählt werden. Die Kandidaten machen in ihren Aufrufen zur Wahl deutlich, wo sie Defizite sehen: bei der Chefredaktion und beim Verlag.
Ein hohes Maß an Mitspracherecht der Belegschaft ist in einem Unternehmen Fluch und Segen zugleich. Nirgends in der Medienbranche wird das deutlicher als beim Spiegel.
Als Gründer Rudolf Augstein seinen Mitarbeitern die Hälfte des Unternehmens vererbte, sicherte das dem Nachrichtenmagazin seine Unabhängigkeit. Über die Jahrzehnte sorgte es aber auch dafür, dass sich der Spiegel mit internen Machtkämpfen immer wieder selbst blockierte. Heute ist die Mitarbeiter-KG nicht aus der Zeit gefallen, der Spiegel hat sich aber schneller entwickelt als das Konstrukt verarbeiten kann – weshalb die Mitarbeiter des Spiegel in dieser Woche ein weiteres Gremium ins Leben rufen wollen.
Am Donnerstagabend soll die erste Wahl eines Redaktionsbeirats starten, der gezielt die Interessen der Journalisten des Hauses vertreten soll. Die Idee dafür geht mehr als ein Jahr zurück. Auslöser war die für viele in der Redaktion überraschende Abberufung von Chefredakteur Steffen Klusmann, die am Ende eines anhaltenden Machtkampfes mit der Geschäftsführung gestanden haben soll.
Von der Entscheidung, die von den Vertretern der mächtigen Mitarbeiter-KG getragen werden musste, fühlten sich Teile der Belegschaft überrumpelt. Zwar wurde die KG-Geschäftsführung von der eigenen Belegschaft gewählt, nur vertritt sie längst nicht mehr alle Teile der Redaktion.
„Missstand, der des Spiegel nicht würdig ist“
Ausgerechnet eine neue Kollegin soll auf den Missstand hingewiesen haben und darauf, dass andere Häuser wie ihr vorheriger Arbeitgeber, der Stern, aber auch die Zeit oder die Süddeutsche Zeitung eigene, speziell auf die Redaktion zugeschnittene Vertretungen haben.
Dass der Spiegel demokratische Defizite habe, die weitreichende Entscheidungen ohne überwiegenden Rückhalt der Redaktion möglich machen, legen auch die Stellungnahmen nahe, die Medieninsider vorliegen. Verfasst wurden sie von jenen, die sich nun zur Wahl stellen.
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