Nicht nur Ländersache: Auch der Bund hat Möglichkeiten, die Rahmenbedingungen für den Journalismus zu gestalten. Erkannt hat er sie kaum, wie der Blick in die Wahlprogramme zeigt. Es wäre gut, wenn Medien- und Kulturpolitik zukünftig getrennt werden.
Wie schnell doch die Zeit vergeht! Die Selfies der Ampel sind schneller verblasst als billige Polaroidfotos und die nächste Wahl steht vor der Tür. Grund genug, mal in die Wahl- bzw. „Regierungsprogramme“ der aktuell im Bundestag vertretenen Parteien zu schauen und auf ihren medienpolitischen Gehalt abzuklopfen. „Doch halt“, werden jetzt einige einwenden, „was hat denn der Bund bei Medien zu regeln, die sind doch Ländersache?“
Richtig: Nach der Gleichschaltung der Presse während des Nazi-Terrors wollten die Alliierten eine Konzentration der Mediengesetzgebung beim Bund verhindern. Man verteilte die Verantwortung also besser auf die Länder, damit schon rein organisatorisch eine Einflussnahme der Bundesregierung auf die Medien unmöglich werde. Das passte gut ins föderale Konzept des Grundgesetzes. Medien sind seither Ländersache. In ihren Pressegesetzen regeln die Länder Sorgfalts-, Impressums- und Gegendarstellungspflichten sowie persönliche Anforderungen an verantwortliche Redakteure. Und im Medienstaatsvertrag kümmern sie sich um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk (ÖRR), journalistische Onlineangebote und die Medien- und Meinungsvielfalt auf den Plattformen – sofern die EU hier keine Einwände hat (Spoiler: die EU hat immer Einwände).
Bleibt da überhaupt noch etwas übrig für den Bund? Eine ganze Menge sogar! Beim Bund liegt nämlich das Recht der Wirtschaft. Da Presseverlage Unternehmen sind, putzen deren Lobbyisten bei Kanzleramt und Ministerien die Klinken und nicht etwa bei den Staatskanzleien. Eine Presseförderung beispielsweise kann nur der Bund sinnvoll organisieren. Auch in Brüssel werden Dinge entschieden, die für die Medien von Bedeutung sind. Allerdings kommen beim Europäischen Rat die Staats- und Regierungschefs zusammen, die Ministerpräsidenten haben in Brüssel wenig zu melden, selbst wenn europäische Gesetze Medien und Meinungsbildung berühren. Schon allein deshalb muss das Kanzleramt Medienthemen im Blick haben. Insofern ist es nicht nur vertretbar, sondern wünschenswert, dass die Parteien ihre medienpolitischen Vorstellungen in ihre Programme für die Bundestagswahl schreiben.
Das schreiben die Parteien in ihren Wahlprogrammen über die Medienpolitik
Nichts zu sagen hat der Bund allerdings bei ARD, ZDF und Deutschlandfunk. Deshalb ziehen wir die ÖRR-Pläne der Parteien vor die Klammer und gehen die Vorschläge in der Rangfolge abnehmender Freundlichkeit durch.
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