„Dammbruch“ bei Bild: Wie die AfD die Redaktion spaltet

Bei Bild ist seit langer Zeit wieder Spitzenpersonal der Alternative für Deutschland aufgetreten. AfD-Chefin Alice Weidel war am Dienstag Gast in der Talkrunde Viertel nach Acht. Die Abkehr der bisherigen Linie, nicht mit AfD-Funktionären zu sprechen, sorgt intern für Unruhe – auch ranghohe Redaktionsmitglieder kritisieren die Entscheidung von Chefredakteur Johannes Boie.

Der Auftritt der Spitzenpolitikerin der AfD bei Bild war eine kleine Zeitenwende. Denn für einige Zeit galt: Keine Interviews mit der Alternative für Deutschland. Eine Entscheidung, die auf den im Herbst abberufenen Chefredakteur Julian Reichelt zurück geht. Er begründete das damals so:

„Wir werden der AfD und anderen Parteien, die in Deutschland vom Verfassungsschutz beobachtet werden, keine Fläche und keine Reichweite bieten. Wir werden ihnen nicht ermöglichen, sich zu inszenieren.“

Die Positionierung von Bild war in der deutschen Medienlandschaft eine Ausnahme. Zwar ist der Umgang mit der AfD und direkten Interviews in vielen Redaktionen ein sensibles Thema. Der kategorische Ausschluss war aber ein Sonderweg. Bild, die immer wieder auch für eine Blattlinie mit inhaltlichen Überschneidungen zur AfD kritisiert wurde, entschied sich auf diesem Wege abzugrenzen.

Nun heißt der Mann an der Spitze von Bild bekanntermaßen nicht mehr Reichelt, sondern Johannes Boie. Und der verfolgt im Umgang mit der AfD eine andere Strategie: Distanzierung durch kritische Auseinandersetzung und Konfrontation. So war er auch schon als Chefredakteur der Welt am Sonntag verfahren. Das hatte Boie bereits nach seinem Amtsantritt bei Bild immer mal wieder deutlich gemacht. Trotzdem sorgte der Auftritt am Dienstagabend bei Viertel nach Acht nicht nur für Irritationen, sondern für Unruhe.

Bereits kurz nach Bekanntgabe der Studiogäste am Nachmittag regte sich erstes Feedback im internen Redaktionschat von Bild. Ein Redakteur merkte an:

„Mit dem Erstarken der AfD haben wir immer wieder eine klare Grenze gezogen, die Positionen der AfD auch immer wieder als das benannt, was sie sind. Rechts und populistisch, um das noch milde auszudrücken. Jetzt bekommt AfD-Chefin Alice Weidel einen Spot im Talk von VnA. Einem Format, in dem sie erstmal ungestört ihre Meinung herauströten kann. Haben wir das wirklich nötig?“

Die Nachricht blieb lange ohne große Reaktion, hatte am nächsten Morgen aber über 30 Likes von Kollegen – und eine Antwort von Chefredakteur Boie. Sie enthielt in etwa, was er am Vorabend schon über einen Sprecher ausrichten ließ:

„Ich halte es für grundsätzlich richtig, auch mit Linke und AfD zu sprechen, auch wenn ich persönlich zu beiden Parteien eine sehr klare negative Meinung hab. Aber sie sind von Millionen Deutschen in einer demokratischen Wahl gewählt worden. Die AfD sitzt in den allermeisten Parlamenten in diesem Land. Deshalb kommt sie regelmäßig auch im Öffentlich-rechtlichen vor. Lässt man sie nicht zu Wort kommen, kommt die Partei schnell in eine Opferrolle, die sie häufig genug dankbar ausnutzt. Es kommt deshalb vor allem drauf an, wie man es macht.“

Ranghohe Redaktionsmitglieder üben Kritik

Bei der kurzen Diskussion im Chat sollte es nicht bleiben. In der großen Konferenz am Vormittag kam das Thema erneut auf die Agenda.

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Marvin Schadehttps://medieninsider.com
Marvin ist Co-Gründer und Founding Editor von Medieninsider und hat sich damit einen kleinen Traum erfüllt. Vor der Gründung war er mehrere Jahre für den Branchendienst Meedia in Hamburg und Berlin tätig, arbeitete kurz beim Focus Magazin und zuletzt für Gabor Steingarts Morning Briefing.

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