Reichelt vs. Friedrich: Informantenschutz nur noch mit Vertragshandbuch 

Das Landgericht Berlin entscheidet, dass Verleger Holger Friedrich weiterhin öffentlich darüber sprechen darf, dass und mit welchen sensiblen Informationen sich Julian Reichelt an ihn wandte. Der ehemalige Bild-Chefredakteur habe ohne Weiteres kein Recht auf Informantenschutz, so die Richter. Es ist ein Urteil, wie es nur Theoretiker fällen können – mit verheerenden Folgen für den Journalismus.  

Holger Friedrich ist nicht nur Unternehmer und Verleger. Er ist auch ausgebildeter Journalist. Nach Übernahme des Berliner Verlags (Berliner Zeitung, Berliner Kurier) habe er an der Leipzig School of Media sein Volontariat absolviert –  „mit Urkunde und Stempel“, wie er der Süddeutschen Zeitung mal in einem Interview verriet. Von der Existenz und Bedeutung des Informantenschutzes dürfte er also nicht erst mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung (Aktenzeichen: 67 O 36/21) von Julian Reichelt gegen ihn erfahren haben. Und trotzdem verpfiff er den ehemaligen Bild-Chef, seinen Informanten, bei dessen Ex-Arbeitgeber Axel Springer. Und als wäre das alles nicht schon absurd genug, hielt die Kammer den Verrat für rechtmäßig. 

Die Argumentation der Richter ist simpel: Es gebe keine gesetzliche Verpflichtung der Presse zur Wahrung des Quellenschutzes. Und deshalb könne die Presse frei darüber entscheiden, wie sie es mit dem Informantenschutz hält. Nur im Falle einer ausdrücklichen und schlüssigen Geheimhaltungsvereinbarung sei die Presse rechtlich bindend zum Informantenschutz verpflichtet.

Die Bedeutung des Informantenschutzes und die Konsequenzen für den Journalismus

Da Verleger und Informant eine solche Geheimhaltungsvereinbarung weder ausdrücklich noch konkludent geschlossen hätten, kam die Kammer des Landgerichts Berlin zu dem Ergebnis, dass der Verrat des Verlegers wohlgetan und von „seinem durch Art. 5 Abs.1 GG geschützten Grundrecht auf freie Meinungsäußerung gedeckt ist“. 

  • du sparst zwei Monatsbeiträge
  • sofortiger Zugriff auf alle unsere exklusiven Artikel und den wöchentlichen Lese-Letter
  • Teilnahme an allen digitalen Veranstaltungen sowie Zugriff auf Tickets für Vor-Ort-Netzwerk-Events
  • Rabatt auf weitere Medieninsider-Produkte
  • verlängert sich automatisch, monatlich kündbar
  • sofortiger Zugriff auf alle unsere exklusiven Artikel und den wöchentlichen Lese-Letter
  • Teilnahme an allen digitalen Veranstaltungen sowie Zugriff auf Tickets für Vor-Ort-Netzwerk-Events
  • Rabatt auf weitere Medieninsider-Produkte
  • Lade dein Konto mit 2 Credits zu 19 € auf, mit denen du neben diesem noch
    einen weiteren Artikel lesen kannst
  • keine automatische Verlängerung, keine Mitgliedschaft, keine Teilnahme an Medieninsider-Events
  • Erwirb für Mitarbeiter deines Unternehmens Lizenzen für eine rechtssichere Nutzung
  • Zentrale Verwaltung der Nutzer durch einen Admin
  • Eine Rechnung pro Jahr für alle Lizenzen zusammen

Diese Angebote berechtigen nicht zur Nutzung der Artikel in Pressespiegeln (o. Ä.).
Klicke hier zum Erwerb von passenden Nutzungslizenzen.

Wenn dir der Artikel gefällt, dann teile ihn in sozialen Netzwerken, aber nicht als PDF innerhalb deiner Organisation. Dafür ist eine Lizenz notwendig.

Mehr zum Thema

Alexander Kissler (li.) und Tim Thorer (re.) gehen zu Nius von Julian Reichelt. Foto: Nius

Nius: Ex-Bild-Mann Tim Thorer wird Mitglied der Chefredaktion, Alexander Kissler kommt von der NZZ

0
Thorer übernimmt offenbar die Aufgaben von Sebastian Vorbach, der Julian Reichelts Portal im Sommer verlassen hat.
Lese-Letter Marvin Schade

Gabor Steingart macht, wovor Mathias Döpfner warnt

0
Im Lese-Letter diese Woche geht es um den anstehenden BDZV-Kongress, Verleger, die sich selbst im Weg stehen, und Media Pioneer, das sich für einen anderen entscheidet als der Springer-Verleger.

Sebastian Vorbach verlässt Reichelt-Portal Nius

1
Jetzt wird offiziell, worüber Medieninsider bereits im Mai berichtete.
Karina Hesse
Karina Hesse
Karina Hesse war über 30 Jahre lang als Justiziarin bei Axel Springer aktiv und beriet Bild in presserechtlichen Angelegenheiten. Bei Medieninsider ordnet sie neue Entwicklungen im Medienrecht ein.

DEINE MEINUNG IST GEFRAGT

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Hier Namen eintragen