Julian Reichelt und sein Portal Nius stehen regelmäßig in der Kritik. Die Vorwürfe reichen von einseitiger Berichterstattung, über Populismus bis hin zur Hetze. Trotzdem – oder gerade deshalb – hat Satiriker Florian Schroeder getan, was für andere ein Tabu ist: Er war Gast im YouTube-Format des ehemaligen Bild-Chefredakteurs. Im Interview spricht Schroeder:
► über seine Beweggründe, sich gemeinsam mit Reichelt ins Studio zu setzen.
► über seine Eindrücke vor Ort.
► darüber, unter welchen Umständen er auch Politikern einen Auftritt bei Reichelt empfehlen würde.
► darüber, ob er Reichelt mit seinem Auftritt nicht eher geholfen als ihn infrage gestellt hat.
Medieninsider: Herr Schroeder, sprechen Sie eigentlich mit jedem?
Florian Schroeder: Im Prinzip ja, zumindest beruflich. Nämlich dann, wenn ich das Gefühl habe, dass ich mit jemandem sprechen muss, um meine Arbeit als Publizist und Satiriker fortzusetzen. Es hilft mir, besser zu verstehen, worüber ich spreche und wie die Menschen denken, über die ich viel zu oft rede, statt mit ihnen zu reden.
Dafür haben Sie jüngst auch mit Julian Reichelt gesprochen – nicht hinter den Kulissen, sondern in einem Streitgespräch vor der Kamera in dessen eigenem Format. Warum?
Reichelt und sein Team hatten mich seit längerer Zeit angefragt und irgendwann dachte ich: Da gehe ich hin. Das schafft Freiräume. So habe ich angefangen, mich intensiver mit dem Format zu beschäftigen und ließ mich darauf ein. Ich fragte mich: Warum nicht?
Beispielsweise, weil Reichelt, dessen YouTube-Format wie auch das um ihn herum entstehende Portal durchaus umstritten sind. Stefan Niggemeier hat den Grund dafür mal so zusammengefasst: „Nius produziert keinen Journalismus, sondern Wut.“
Wut prägt das Format sicher oft. In unserem Gespräch habe ich von seiner Seite eher das Abfeuern von Ressentiments erlebt. Es wurden viele billige Klischees bedient. Dass dahinter ein aufrüttelndes Moment steckt und dass man mit dieser Sprache Menschen agitieren kann, das würde ich durchaus bejahen. Deshalb war für mich klar, dass ich mich nicht einfach als Gast präsentiere, sondern Reichelt mit seinen eigenen Doppelstandards konfrontiere und damit, was dieses Format aus meiner Sicht eigentlich tut und bei Usern bewirkt und auslöst.
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