Romanus Otte, Chefredakteur und Geschäftsführer von Business Insider, hat kürzlich eine außergewöhnliche Ankündigung gemacht: Er erklärte, sich von seinen Führungsposten zurückzuziehen und zukünftig als Redakteur für das Springer-Portal zu arbeiten. Das schlug ein: Über 800 Likes, mehr als 100 Kommentare bei LinkedIn: Wohlwollend, freundlich, aufmunternd, manchmal sogar neidisch. Am Ende einer langen und erfolgreichen Karriere erläutert er in seinem Post ausführlich seine Gründe. Sein tiefster Wunsch sei es, journalistisch zu arbeiten. Er wolle sich wieder volkswirtschaftlichen Themen widmen, woran er Freude habe.
Führungsposition adé, Back to the roots. Es ist eine kleine Sensation, wenn man nach vielen Jahren eine Führungsposition aufgibt, in der man die journalistische Arbeit anderer gesteuert und gemanagt hat, um dann wieder selbst zu recherchieren und zu schreiben.
Warum ist es eigentlich so ungewöhnlich, als Medienschaffende:r einen oder auch gleich zwei Schritte zurückzutreten? Downshifting ist der Fachbegriff dafür, einen erfolgreichen Karriereweg zu verlassen und stattdessen weiter unten in der Hierarchie aktiv zu werden. Doch nur wenige gehen diesen Schritt. Der Reiz von Macht und Einfluss einer Führungsposition, der drohende Relevanzverlust und nicht zuletzt die finanziellen Anreize halten viele Manager:innen davon ab, einen Gang runterzuschalten.
Up or Out – nach oben oder ganz raus
Aus der Beratung allerdings weiß ich: Downshifting ist oft ein im Stillen diskutierter Gedanke. Da ist zum einen im gehobenen Lebensalter der Wunsch nach Selbstverwirklichung, auch eine gewisse Management-Müdigkeit macht sich breit. Wer in der zweiten Karrierehälfte mit +/- 50 ein Downshifting überlegt, dem wird es jedoch nicht leicht gemacht. Oft fehlt die Gelegenheit, diesen Wunsch zu verwirklichen, denn in einer herkömmlichen Karriere gibt es zwei Richtungen: Up or Out. Nach oben oder ganz raus. Insofern ist der Schritt von Romanus Otte bemerkenswert: Einerseits hat er den Mut, auf Einfluss, Status und auch auf Geld zu verzichten, andererseits gibt ihm das Unternehmen auch die Gelegenheit dazu und profitiert weiterhin von seiner fachlichen und persönlichen Expertise.
Der Sidestep ist schon verdächtig, aber ein Schritt zurück wird in vielen Medienhäusern gar nicht ermöglicht. Im Gegenteil, oft bestehen hier wie in anderen Branchen auch massive Vorbehalte gegen ehemals hohe Manager:innen, die auf der Karriereleiter bewusst eine Sprosse nach unten gehen wollen. Im Wesentlichen sind es drei Gründe, die hinter der Ablehnung stehen:
Angst vor Konkurrenz
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