2020 war für die Medienbranche ein herausforderndes Jahr. In dieser Serie wollen wir jedoch nicht betrachten, was war. Wir wollen darauf schauen, was kommt. Wir haben unterschiedliche Branchenexperten gefragt, was 2021 wichtig wird. Sie schreiben über allgemeine Trends und darüber, was sie in ihren Fachgebieten erwarten. Den Auftakt macht Nina Schoenian, Geschäftsführerin des Content-Tech-Unternehmens Trafo Media.
Von Nina Schoenian
Die Medienmärkte werden weiter von einer Reihe gegenläufiger Trends geprägt sein. Ein paar Entwicklungen scheinen aber ziemlich sicher: Die öffentlichen Mittel wie das Kurzarbeitergeld und die neuen Spielregeln im Insolvenzrecht, mit denen der Corona-Schock gedämpft wurde, werden auslaufen. In der Kreativwirtschaft folgt ein Insolvenzschub. Der Strukturwandel wird ungebremst weitergehen.
Vertikalisieren und verbinden
Die Pandemie zwingt zum Innehalten, auch publizistisch kann ein Weg ins Innere oder besser in die Tiefe gehen. Mikropublizisten erzielen hohe Reichweiten in hochspezialisierten Zielgruppen – MVA, minimum viable audience, wie Seth Godin sie nennt. Gar nicht minimal ist der Umstand, dass diese Zielgruppen Produkte schnell annehmen und weiterverbreiten. Auf diese Entwicklung muss die schnelle Professionalisierung (oder der noch schnellere Untergang) der Mikropublizisten folgen. Die bestehende Infrastruktur für Nischen wird sich ebenfalls spezialisieren hinsichtlich Software und/oder/as Services. Nicht jeder Journalist wird auch unternehmerisch arbeiten können oder wollen. Also sind publizistische Service- und Organisationsleistungen anschlussfähig.
Skaleneffekte schneller adaptieren
Bei 3,9 Milliarden Menschen, die täglich E-Mails checken, Tendenz steigend, und einem kurzen, gründlichen Blick in die medialen Wachstumsmärkte der USA wirken Paid-Premium-Newsletter geradezu morgig. Doch mitten im Wachstum werden die großen ESPs (Email Service Provider) und CRMs gewaltig unter Druck kommen. Marktführende Full-Service-Anbieter werden durch Technologie-Anbieter in Spezialisierung überholt, Preiseruption wird stattfinden. Der Versand von E-Mails sowie die Bereitstellung und das Speichern werden immer tiefer in Verantwortung und Abhängigkeit globaler Cloud- und Computing-Anbieter wandern. Die Medienmärkte werden resultierende Skaleneffekte schneller adaptieren müssen.
Intelligent automatisieren (IA)
Künstliche Intelligenz wird 2021 für Verlage vielmehr im Bereich Automatisierung statt Kontextualisierung zum Einsatz kommen. Algorithmen, die schneller finden, verbessern oder, übersetzen werden sich etablieren. Datenanalysten werden systematischer Themen und Verhalten identifizieren, von der die Produktentwicklung profitieren wird. Die schnelle Integration vielfältigster Dienste und spezialisierter Anbieter in einem Verlagsökosystem wird 2021 zum Standard.
Verbünden
Medienhäuser sind aus ähnlichen Gründen unter Druck geraten, so dass solchen Kooperationen bei einzelnen Geschäftsfeldern und fokussierte strategische Allianzen kommen werden, die die dann bi- oder trilateralen Beziehungen nicht überfordern.
Mehr Medientrends in unserer Serie: Wir haben eine Vielzahl von Branchenexperten nach ihren Erwartungen für 2021 gefragt. Eine Übersicht der Beiträge, die in den kommenden Tagen noch erscheinen, findest du hier.
Du denkst, der Artikel könnte Kollegen, Bekannte oder Freunde interessieren? Verbreite ihn gerne über soziale Netzwerke! Damit hilfst du auch, Medieninsider bekannter zu machen!