Zweifel an den Aussagen einer wichtigen Belastungszeugin in der Causa Reichelt haben beim Spiegel nun zu einer Korrektur der Berichterstattung geführt. Die Entscheidung erhöht auch den Druck auf die Jury des Stern-Preises. Die hatte sich bislang geweigert, die Auszeichnung als Geschichte des Jahres (2022) zu überprüfen.
Es sind 1579 Zeichen, die der Spiegel aufwendet, um zu erklären, weshalb er aus einem zentralen Artikel in der Causa Reichelt einen Satz mit 140 Zeichen getilgt hat. Dass die Erläuterung elf Mal umfangreicher ausfällt, mag mit der Bedeutung des gestrichenen Satzes beziehungsweise der Person zu tun haben, auf die er zurückzuführen ist.
Denn es handelt sich dabei um eine gewichtige, wenn nicht sogar die wichtigste Zeugin in der Affäre rund um die Vorwürfe des Machtmissbrauchs gegenüber Julian Reichelt, die ihm im Oktober 2021 den Job als Chefredakteur von Bild kostete. Es war Constanze Müller, so nennt der Spiegel die ehemalige Mitarbeiterin von Bild, die nicht nur den Vorwurf des Machtmissbrauchs erhärtete, sondern den Eindruck erweckte, Reichelt habe sie zum Sex gedrängt. Damit erhielten die Vorwürfe gegenüber Reichelt, die von mehreren Frauen erhoben worden seien, eine besondere Schwere.
Spiegel streicht Satz über Abhängigkeit der Zeugin von Julian Reichelt
Ausschlaggebend dafür war eine Behauptung, die Müller im Zuge des Compliance-Verfahrens tätigte und später in einer Schadensersatzklage gegen Axel Springer wiederholte. Darin beschrieb sie, wie Reichelt sie während einer Dienstreise in Wien ins Hotel bestellt habe, um mit ihr intim zu werden. Dabei sprach sie von „Sex on demand“. Der Spiegel baute in seiner Berichterstattung im Oktober 2021 darauf folgenden Absatz auf:
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