Szenen wie diese dürften vielen vertraut sein: Man plant eine Veranstaltung für den Herbst, im Vorbereitungs-Meeting regt eine Teilnehmerin an, man könne sie ganz unter das Thema Klimaschutz stellen. Einer aus der Runde, ein Chefredakteur, äußert sich skeptisch: Ob das dann wohl noch aktuell genug sei? Die Reflexe funktionieren, der Mann macht seinen Job. Nur nichts tot reiten, auf jeden Fall weiterdrehen, überraschende Blickwinkel finden – jeder, der im medialen Tagesgeschäft trainiert ist, hat diese Denke verinnerlicht, nur so läuft das Geschäft. Wie aber passt das zu einer erdverändernden Entwicklung, die sich überwiegend in Zeitlupe, ein anderes Mal mit der Wucht von Katastrophen manifestiert? Eine solche Umwälzung, die unsere Art zu leben und zu wirtschaften bis in die letzte Gewohnheit hinein herausfordert, hatten Redaktionen bislang noch nicht zu begleiten.
Wolfgang Blau kennt alle diese Reflexe. Nur wenige Medienmanager beschäftigen sich derzeit so intensiv mit den Anforderungen und Schwierigkeiten der Klimaberichterstattung wie er. Der ehemalige Chefredakteur von Zeit Online, der beim Guardian und dem Verlag Condé Nast Karriere gemacht hat, beschäftigt sich derzeit intensiv mit den Anforderungen und Schwierigkeiten der Klimaberichterstattung. Er hat vor kurzem am Reuters Institute for the Study of Journalism das Oxford Climate Journalism Network mitgegründet. In einer wegweisenden, unbedingt hörens- oder lesenswerten Vorlesung beleuchtete er kürzlich Hürden, die es für diejenigen zu überwinden gilt, die seriös und wirkungsvoll über den Klimawandel berichten wollen. Die Liste ist lang.
Klimajournalismus muss zur Haltungsfrage werden
In Gesprächen mit Medienleuten weltweit hat Blau operative aber auch kulturelle und ethische Herausforderungen ausgemacht. Der Zwang zur Aktualität, die Fixierung auf Katastrophen, die mangelnde Fachkenntnis von Reportern sind die bekanntesten. Einige davon gibt auch Nic Newmans neues Führungskräfte-Barometer „Journalism, Media, and Technology Trends and Predictions“ wieder. Die knapp 250 Chefredakteure und Top-Manager aus aller Welt beklagten darin vor allem zwei Dinge:
► Erstens: Es gebe viel guten Klimajournalismus, aber die Leserschaft greife nicht in dem Umfang zu, wie sie das bei Umfragen immer behaupte.
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