Opportune Augenzeugen und Kriegstreiberjournalismus

Die Berichterstattung über Putins Krieg gegen die Ukraine darf nicht aus dem Bauch heraus erfolgen, sondern muss professionell sein. Es geht um viel. Ein ethischer Kompass nutzt, um einzuschätzen, was zugemutet werden muss und was man besser unterlässt. 

Zuerst sei klargestellt: Putins Angriffskrieg auf die Ukraine und damit auf einen souveränen Staat ist nicht gerechtfertigt und völkerrechtswidrig. Dieser Krieg und die möglichen Folgen machen viele von uns fassungslos. Auch ich hatte mich auf ein gemeinsames Verständnis verlassen, Krieg werde zumindest in Europa nicht mehr als Mittel der Politik angesehen. Nun bin ich sehr aufgeschreckt. Zudem bin ich erstaunt, wie rasch hier gerade Paradigmenwechsel vollzogen werden: in der Politik wie auch in einigen Medien. Von ihnen handelt dieser Beitrag. 

Benennen und Einordnen

Im Journalismus geht es um Benennen und Einordnen. Das sind auch die Grundsäulen einer professionellen Kriegsberichterstattung. Daran erkennt man ihre Qualität und damit ihre Glaubwürdigkeit. 

Benennen“ hat mit Wahrhaftigkeit, also mit einer ethischen Norm von Berichterstattung zu tun, und mit Definitionen. Ein Angriffskrieg ist nicht einfach ein „Konflikt“ und erst recht nicht bloß eine „Militäroperation“, ein Begriff, der überdies aus Putins Narrativ zu seinem Angriff stammt. Dies liefert einen weiteren (Warn-)Hinweis für sachgerechte Mediensprache: nämlich zu hinterfragen, ob verwendete Begriffe „neutral“ sind oder solche, die auf Interpretationen der Konfliktgegner einzahlen. 

Hier waren in den Anfangstagen des Kriegs medial manche Unsicherheiten festzustellen. Besonders offensichtlich wurde das am Beispiel der Berliner Zeitung. Sie titelte zum Start des Angriffs am 24. Februar: „Ukraine: Rebellen rufen russische Armee zu Hilfe“ und übernahm damit Putins Narrativ sogar komplett. Dieses Beispiel sollte Mahnung sein für einen sensiblen Umgang mit der Sprache, noch dazu in Zeiten wie diesen – und gerade auch in den Überschriften. Sie bleiben den Menschen besonders im Gedächtnis (selbst wenn die Zeitung im Text als Quelle dieses „Hilferufs“ einen Kreml-Sprecher nannte und die ukrainische Position darlegte). 

„Einordnen“ heißt, den Kontext zeigen. Kriegsjournalismus ist mehr als Kampfberichterstattung. Er vermittelt Hintergrund und Zusammenhänge: Wer steht wofür? Wer ist mit wem verbündet? Was sind die militärischen, geografischen, wirtschaftlichen und psychologischen Rahmenbedingungen? Was stimmt? 

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Marlis Prinzing
Marlis Prinzing
Marlis Prinzing ist Studiendekanin am Campus Köln, Local Head der Kölner Wirtschaftsfaktultät sowie Professorin für Journalistik an der Macromedia Hochschule. Ihre journalistische Laufbahn begann sie bei einer Regionalzeitung, als freie Journalistin schrieb sie u.a. für „Die Zeit“, die „Financial Times Deutschland“ und die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“. Sie ist Partnerin der Initiative „Qualität im Journalismus“.

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