Die finnische Zeitung Iltalehti hat zahlreiche Artikel eines freien Journalisten zurückgezogen, nachdem Zweifel an seinen Berichten aus ukrainischen Kriegsgebieten aufgekommen waren. Der Vorfall alarmiert auch Redaktionen in Deutschland. Hier haben Welt und Rheinpfalz mit dem Autoren zusammengearbeitet. Wie es zu den Zweifeln an der Berichterstattung kam und die deutschen Medien damit umgehen:
Bei Iltalehti wurden vorübergehend 33 Artikel entfernt, die von dem Autoren stammen oder an denen er beteiligt gewesen ist. Sie sollen nun einer umfassenden Überprüfung unterzogen werden. Anschließend will die Redaktion über die Ergebnisse informieren.
► Zuvor hatte die Redaktion festgestellt, dass entgegen der Behauptung des Journalisten nicht alle verwendeten Fotos tatsächlich von ihm stammen. Davon betroffen sind laut dem Mediendienst Journalisti bislang Fotos in vier Artikeln.
► Das weckte weiteres Misstrauen: Iltalehti-Chefredakteur Perttu Kauppinen spricht bei Journalisti davon, dass dem Reporter nicht mehr ohne Weiteres vertraut werden könne. Nun werden auch die Texte der Reportagen auf Fehler und Falschinformationen geprüft.
► Aufgekommen waren die Zweifel an der Arbeit des Reporters offenbar, nachdem er Artikel auch der Zeitung Ilta-Sanomat angeboten hatte. Die Redaktion soll das Angebot allerdings wegen Zweifeln an der Darstellung und dem Warheitsgehalt ausgeschlagen haben.
► Der dortige Reporter Mikko Marttinen machte auch bei Twitter auf seine Skepsis gegenüber den bisherigen Veröffentlichungen aufmerksam. Dabei geht es nicht nur um Fotomaterial, sondern auch die Ausarbeitung des verbreiteten Artikels.
► Marttinens Arbeitgeber Ilta Sanomat ist die größte Boulevardzeitung Finnlands. Iltalehti, wo die Texte erschienen sind, folgt auf dem zweiten Platz. Beide Titel befinden sich also in einem direkten Wettstreit.
► Iltalehti-Chef Kauppinene erklärte nun, dass die Berichterstattung nicht ohne tiefergehende Überprüfung hätte erscheinen dürfen. Zwar sind bislang offenbar keine weiteren Ungereimtheiten aufgefallen, allerdings ließe sich vieles von den Beschreibungen auch nicht überprüfen. Offenbar bestand zuvor auch aufgrund einer längeren Zusammenarbeit ein Vertrauensverhältnis.
So gehen Rheinpfalz und Welt mit dem Fall um
Der Autor Anatolii Schara stammt aus der Ukraine, arbeitete bislang nicht nur als Journalist für Iltalehti, sondern offenbar auch als Kontaktmann. Zudem ist die finnische Zeitung nicht das einzige Medium, mit dem er arbeitete. Zu Beginn des Krieges war der Journalist beispielsweise auch Interviewpartner bei CNN. Auch berichtete er für deutsche Medien wie Welt und die Rheinpfalz.
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