Auf der Suche nach dem „Maulwurf“: Süddeutsche durchleuchtet die eigenen Mitarbeiter 

Anlässlich der Berichterstattung von Medieninsider über Ungereimtheiten in der Arbeitsweise von SZ-Vize Alexandra Föderl-Schmid und der internen Reaktion darauf, kam die Redaktion am vergangenen Dienstag zu einer vorgezogenen Redaktionsvollversammlung zusammen. Dabei stellte sich heraus: Die Süddeutsche Zeitung hat auf der Suche nach Medieninsider-Quellen ihre eigenen Mitarbeiter durchleuchtet. 

Der Andrang am Dienstagabend war groß – und das lag wohl nicht am von der Chefredaktion spendierten Freibier. Weit mehr als 100 Mitglieder der Süddeutschen-Redaktion waren der Einladung des als Interessenvertretung gewählten Redaktionsausschusses zur Redaktionsvollversammlung gefolgt. Und es war einiges anders als üblich: Die für gewöhnlich jährlich stattfindende Sitzung wurde außerplanmäßig vorgezogen. Um dem Andrang gerecht zu werden, wurde dafür mehr als ein Konferenzraum benötigt. Ebenfalls ein Novum: Wer zum digitalen Stream gelangen wollte, wurde vorab durch einen digitalen Warteraum geschleust. Der Hinweis in der Einladung habe gewirkt wie eine „digitale Einlasskontrolle“, heißt es aus Redaktionskreisen. 

Grund für all das sind Recherchen, die Medieninsider im Dezember veröffentlicht hatte. Dabei ging es zunächst um Auffälligkeiten in Artikeln der stellvertretenden Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmid. Anschließend berichteten wir über die internen Reaktionen, die einen fragwürdigen Umgang mit den Ergebnissen der Recherchen offenbarten. In einer bemerkenswerten Redaktionskonferenz wüteten führende Redakteure über die Berichterstattung, verurteilten sie als „Kampagne“ gegen die Süddeutsche Zeitung, auch Chefredakteur Wolfgang Krach sprach von einer „Verleumdung“. Dass über die Süddeutsche berichtet wurde, beschäftigte die Mitglieder der Redaktion dabei mehr als der Inhalt der Recherchen.

Dem Redaktionsausschuss war es offenbar ein Anliegen, die Vorkommnisse mit zeitlichem Abstand noch einmal zu analysieren. Die Tagesordnung des Treffens lautete so:

  1. Begrüßung
  2. Vertrauen und Kommunikation in der Redaktion
  3. Handwerkliche Standards, publizistische Leitlinien
  4. Verschiedenes

Chefredakteur Krach entzieht seiner Redaktion das Vertrauen

Medieninsider ist es gelungen, die Vollversammlung durch Aussagen von Anwesenden teilweise zu rekonstruieren. Wir berichten über die Details, weil sie einen außergewöhnlichen Vorgang im Umgang eines für Investigation renommierten Mediums mit journalistischen Recherchen offenlegen. Gleichzeitig verschaffen sie einen Eindruck davon, wie auch die Süddeutsche Zeitung mit dem Wandel der Redaktions- und Unternehmenskultur ringt – ein Thema, über das branchenweit diskutiert wird. 

So sprach Chefredakteurin Judith Wittwer allgemein von einem „Vertrauensbruch“, Co-Chef Wolfgang Krach entzog gleich der ganzen Redaktion das Vertrauen. Er führte an, nicht mehr sagen zu können, was er denkt. Zum Thema gemacht wurden in der Versammlung aber auch Kommunikationsprobleme zwischen der Redaktion und der Chefredaktion sowie unterschiedliche Maßstäbe im Umgang mit Fehlern je nach Personen. Dabei wurde auch noch einmal über die erst wenige Wochen zurückliegende Söring-Affäre sowie die Causa Föderl-Schmid gesprochen. Und dann stellte sich noch heraus: Auf der Suche nach Quellen von Medieninsider hat die Süddeutsche Zeitung die Kommunikation ihrer Mitarbeiter durchleuchtet. 

Hellhörig in der Versammlung wurde man offenbar, nachdem Krach seine Enttäuschung darüber zum Ausdruck gebracht hatte, dass Aussagen von ihm nach draußen getragen wurden und die Chefredaktion erklärt hatte, nicht herausgefunden zu haben, wie dies geschehen ist. Dabei entstand wohl der Eindruck, dass es interne Ermittlungen nach Quellen von Medieninsider gegeben hat. Mehrfach fiel der Begriff eines „Maulwurfs“. Krach soll zögerlich erklärt haben, dass es ein mit dem Betriebsrat abgestimmtes Vorgehen gegeben habe. 

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Marvin Schadehttps://medieninsider.com
Marvin ist Co-Gründer und Founding Editor von Medieninsider und hat sich damit einen kleinen Traum erfüllt. Vor der Gründung war er mehrere Jahre für den Branchendienst Meedia in Hamburg und Berlin tätig, arbeitete kurz beim Focus Magazin und zuletzt für Gabor Steingarts Morning Briefing.

1 ERGÄNZUNG

  1. Das die SZ so rigoros im eigenen Haus vorgeht, zeigt das sie mit Selbstkritik und Transparenz nicht umgehen kann.
    Gerade wenn man so viele „Investigativ Kampagnen“ vorantreibt. Daher danke ich Medieninsider für die Recherche.

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