Die Tribute von Hamburg: Drei Gründe, weshalb Thomas Rabe Gruner + Jahr komplett verkaufen sollte

Spekulatius ist des Medienjournalisten liebstes Gebäck. Diesen Eindruck könnte man gewinnen, wenn man die Berichterstattung der vergangenen Wochen über die Zukunft der Gruner+Jahr-Medien betrachtet. Viel wurde über Verkaufsobjekte und Käufer spekuliert. Gestern hat Bertelsmann-RTL-RTL-CEO Thomas Rabe erste Tatsachen geschaffen. Verkauft wird erst einmal: nichts. Und das ist eigentlich viel schlimmer.


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Rabe präsentierte gestern lediglich eine Liste mit Titeln, die man behalten, veräußern oder einstampfen wolle. Die Bilanz: 13 Titel bleiben, für 22 Assets erhofft man sich Käufer, ganze 23 Titel werden geschreddert. Das bedeutet: 700 der bislang 1900 Stellen fallen weg.

Nach dem gestrigen Tag bleibt mehr als ein Drittel der Mitarbeiter mit nur einer Gewissheit zurück: Dass es für sie bei Gruner + Jahr beziehungsweise RTL nicht weitergehen wird. Das viel Wichtigere, nämlich wo es für sie weiter gehen wird, bleibt ungewiss. Rabe beteuerte: Es habe erste Interessenten gegeben, allerdings noch nicht einmal Sondierungsgespräche. Das Bangen um die eigene Zukunft und Existenz geht also weiter.

Der Umbruch am Baumwall – wenn man es so nennen will – ist der größte in der deutschen Medienbranche seit dem Verkauf eines Großteils des Zeitungs- und Zeitschriftenportfolios von Axel Springer in 2014. Das Ausmaß wird größer sein. Mit der Zerschlagung von Gruner + Jahr wird nicht nur vielen Journalisten „das Herz herausgerissen“, wie es am Dienstag einige formulierten. Es geht ein Stück Seele einer ganzen Branche verloren. 

Dass Bertelsmann an den stärksten Gruner-Marken festhalten will, ist nicht nur ein schwacher Trost. Womöglich wird es für sie sogar fatal. Drei Gründe, weshalb Rabe einfach alles verkaufen sollte:

► Er würde einigen Titeln, die nun auf der Kill List gelandet sind, eine Überlebenschance geben. Das gilt vor allem für einige Geo-Ableger. Rabe opfert sie, weil er an ihren Muttermarken festhalten will. Zur Wahrheit gehört aber auch: Bei manchen Line Extensions oder „Print-Innovationen“ musste man den Journalismus zwischen den Zeilen suchen. Die Einstellung von Titeln wie Guido oder Barbara ist kein Fehler, ihre Erfindung war einer. 

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Marvin Schade
Marvin Schadehttps://medieninsider.com
Marvin ist Co-Gründer und Founding Editor von Medieninsider und hat sich damit einen kleinen Traum erfüllt. Vor der Gründung war er mehrere Jahre für den Branchendienst Meedia in Hamburg und Berlin tätig, arbeitete kurz beim Focus Magazin und zuletzt für Gabor Steingarts Morning Briefing.

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