Dieses Buch solltest du gelesen haben, wenn dich Audience Management interessiert

Ausgabe #16/21

Hallo Medieninsider!

Schön, dass du dabei bist! Was dich in dieser Woche im Lese-Letter erwartet:

► Wie das Recherchekollektiv Dossier sein Geschäftsmodell im Print fand

► Wo in der „Creator Economy“ die Chancen und Risiken für Journalisten liegen

► Warum Deutschland in der Liste der Pressefreiheit abrutscht

► Womit Facebook im Audio-Bereich angreift

► Welches Buch du gelesen haben solltest, wenn du dich für Audience Management interessierst


„Print ist nicht tot“

Peter Sim von Dossiert.at
Peter Sim von Dossiert.at

Journalisten suchen ihre Unabhängigkeit oft in Mitgliedschaftsmodellen, das gilt besonders für verlagsunabhängige Neugründungen. Die Finanzierung durch die eigenen Nutzer, frei von Interessen der Werbekunden, ist charmant. Weniger krisenanfällig oder gar eine Lebensversicherung ist das Modell aber nicht:

► Vergangenen Herbst rief das 2012 gegründete Digitalmagazin Krautreporter den Krisenmodus aus. Die Mitgliedschaften waren rückläufig, die Stabilität gefährdet.

► Das ebenfalls nutzerfinanzierte Republik.ch Stand Ende 2019 sogar vor dem Aus. Zu viele Jahresabonnenten hatten kein Interesse an einer Fortführung ihrer Mitgliedschaft.

► Ein ähnliches Schicksal ereilte jüngst das österreichische Magazin Dossier. Eine wichtige Recherchekooperation, mit der sich die Redaktion querfinanzierte, brach im Januar weg. 

Alle drei Medien haben sich gerettet. Sie setzten einen Hilferuf ab, organisierten ein Crowdfunding. Dossier begann damit in der vergangenen Woche und sammelte sogar innerhalb eines einzigen Tages die eingeforderten 1000 Abonnements ein. Alles wieder gut? Nein, sagt Dossier-Redaktionsmitglied Peter Sim

 „Das heißt nicht, dass unsere Lage rosig ausschaut.“

Im Interview spricht der Journalist, der kurz nach Start im Jahr 2012 zu Dossier kam, über die finanzielle Schieflage und darüber, was die Redaktion ändern will, um ihr Geschäft stabil aufzustellen. Und er erklärt, welche Rolle dabei das gedruckte Heft spielt, dessen Einführung vor zwei Jahren er mit Blick aufs Geschäftsmodell als „Durchbruch“ bezeichnet. „Print ist nicht tot“, sagt er. 

Das Interview mit Peter Sim kannst du als Medieninsider hier lesen.


Wie haben andere Magazine, die ausschließlich auf Mitgliedschaftsmodelle setzen, auf finanzielle Schieflagen reagiert? Darüber hat Medieninsider bereits einige Male berichtet:

► Interview mit Republik-Co-Gründerin Clara Vuillemin: „Es muss und kann nicht gleich zu Beginn alles perfekt sein“

► Interview mit Geschäftsführer Leon FryszerKrautreporter im Krisenmodus


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The Information: eine Paid-Content-Erfolgsstory aus dem Silicon Valley

Gute Storys, gutes Geschäft: Jessica Lessin schuf 2013 mit The Information ein journalistisches Qualitätsmedium aus dem Silicon Valley, das eine Paid-Content-Erfolgsstory schreibt. Warum sich sogar Jeff BezosLaurene Powell oder James Murdoch zu den zahlenden Lesern zählen, kannst du hier lesen.


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Über Chancen und Risiken für Journalisten in der „Creator Economy“

Nie zuvor war die Versuchung so groß, sich als Autor mit einem eigenen Medium selbstständig zu machen. Journalisten dringen in die „Creator Economy“ vor, alte Arbeitsbedingungen und neue Tools machen es möglich. Doch sieht die Realität vieler Gründer im Journalismus weniger romantisch aus als die Vorstellung. 

Wie also kann das funktionieren, was bedeutet die „Creator Economy“ für den Einzelnen, aber auch für die Branche? In meiner aktuellen Kolumne befasse ich mich mit Chancen und Risiken und stelle eine Forderung: Creators aller Länder – vereinigt euch!

Den Artikel kannst du als Medieninsider hier lesen


Mehr News & Entdeckungen aus der Woche

zusammengetragen von Florian Boldt

Facebook greift im Audio-Markt an

Facebook hat seine Pläne für Audio innerhalb der Plattform vorgestellt:

► Sowohl Facebook als auch der Messenger erhalten eine Live-Audio-Funktion wie man sie von Clubhouse oder Twitter Spaces kennt.

► Live-Rooms sollen über Spenden, Einmalzahlungen oder auch Abonnements monetarisiert werden können.

► Ebenso führt Facebook Audio-Postings für den Feed ein.

► Podcasts werden in die App integriert. Dazu kooperiert Facebook laut Vox.com mit Spotify.

► Zusätzlich wird ein Audio-Bereich eingeführt, um Angebote übersichtlicher darzustellen und neue entdecken zu können.

Mehr dazu liest du auch in den Twitter-Threads von Martin Fehrensen oder Podcast-Redakteur Marc Krueger. Die Pressemitteilung von Facebook findest du hier, den Vox-Bericht hier

Rangliste der Pressefreiheit: Deutschland rutscht ab

Deutschland ist in der Rangliste der Pressefreiheit um zwei Plätze abgerutscht. Mit Platz 13 ist die Bundesrepublik erstmals seit Erhebung aus der Kategorie „gut“ gefallen. Der Zustand der Pressefreiheit wird damit als nur noch „zufriedenstellend“ bewertet. Der Zustand sei „ein deutliches Alarmsignal“, so Michael Rediske, Vorstandssprecher von Reporter ohne Grenzen. Die Nicht-Regierungsorganisation stellt die Rangliste der Pressefreiheit jährlich auf. Hintergrund der Bewertung sind zunehmende Übergriffe auf Journalisten. 2020 wurden mindestens 65 gewalttätige Angriffe gezählt, fünf Mal so viele wie im Vorjahr. Mehr dazu findest du hier.

Geo startet digitales Abo-Modell

Geo erweitert sein digitales Angebot um ein Bezahlmodell. Geo Plus soll aus Reportagen und exklusiven Podcasts bestehen. Wer zahlt, kann sich die Artikel auch vorlesen lassen und bekommt Zugriff auf das digitale Geo-Magazin und „Highlights“ aus Ablegern wie Geo Epoche oder Geo Saison. Das Jahresabo ist für 99,99 Euro zu haben, ein monatliches Flexabo für 9,99 Euro. Zugriff gibt es auch mit einem Wochenpass für 5,99 Euro.

Überarbeitung des Rbb-Staatsvertrags ist vorerst gescheitert

Berlin und Brandenburg verschieben die geplante Novellierung des Rbb-Staatsvertrags. Streitpunkt sei insbesondere die Verlagerung von Radio-Programmen aus dem klassischen UKW-Übertragungsweg ins Internet. Brandenburg strebe nach Tagesspiegel-Informationen einen Modellversuch an, entweder Radio Eins oder Fritz künftig ausschließlich im Netz zu übertragen. Berlin sei diesem Thema deutlich weniger aufgeschlossen. Weil im September ein neues Berliner Abgeordnetenhaus gewählt wird, könnten sich Verhandlungen über den Rbb-Staatsvertrag bis 2022 verschieben. Die Gewerkschaften drängen allerdings auf eine Entscheidung noch vor der Berlin-Wahl. Den Tagesspiegel-Artikel findest du hier.

Substack lockt Lokaljournalisten mit einer Million Dollar Finanzierungsprogramm

Die Newsletter-Plattform Substack will lokaljournalistische Projekte locken und stellt dafür eine Million US-Dollar bereit. Teilnehmer des Programms erhalten eine Startfinanzierung von maximal 100.000 Dollar sowie Mentoring-Programme, auch die Krankenversicherung soll subventioniert werden. Im Gegenzug geben die Lokaljournalisten ein Jahr lang 85 Prozent ihrer Einnahmen ab, danach beansprucht Substack die üblichen zehn Prozent Umsatzbeteiligung. Ingesamt will Substack bis zu 30 Projekte fördern, auch deutsche Publisher können sich bewerben. Mehr findest du hier beim NiemanLab oder im Blogbeitrag von Substack.

US-Newsletter-Autoren gründen virtuellen Newsroom Sidechannel

Sieben Newsletter-Autoren um den bekannten Tech-Reporter Casey Newton schließen sich über einen gemeinsamen virtuellen Newsroom zusammen. Sidechannel ist als eigener Server über den Audio-Messengerdienst Discord verfügbar. Zugang zu Sidechannel erhalten zahlende Abonnenten. Die Autoren wollen so besser in Kontakt mit ihren Lesern kommen, geplant sind unter anderem Live-Chats und weitere virtuelle Live-Veranstaltungen. Casey Newton stellt Sidechannel hier ausführlich vor.


Aus dem Personalticker:

Ex-Handelsblatt-Vize Thomas Tuma wird Focus-Chefautor

► Watson-Vize Tobias Böhnke wechselt zum Handelsblatt

Daniel Hähle wird Bild-Nachrichtenchef

► Funke: Doreen Brodersen soll Unternehmensentwicklung vorantreiben

► Tagesspiegel: Miriam Schröder und Benjamin Reuter steigen auf


Komm zum Meet-up der Medieninsider!

Medieninsider-Gründer Matthias Bannert (l.) und Marvin Schade (r.). Foto: Steven Siebert
Medieninsider-Gründer Matthias Bannert (l.) und Marvin Schade (r.). Foto: Steven Siebert

Matthias und Marvin laden dich zum nächsten Meet-up der Medieninsider ein! Im Community Call am Freitag, dem 7. Mai um 16.00 Uhr, wollen die beiden Medieninsider-Gründer mit dir über die neusten Entwicklungen sprechen – sowohl was Medieninsider angeht als auch in unserer Branche! Das Meet-up dient zum Kennenlernen, zum Austausch, zur Inspiration! Selbstverständlich ist das Meet-up auch die geeignete Gelegenheit für Lob und Kritik. Was gefällt dir an Medieninsider, was gefällt dir gar nicht – was vermisst du? 

Als Medieninsider kannst du dich hier für die Veranstaltung anmelden. Weitere Infos werden dann folgen! 


Lese-/Hörtipp

Das Konzept „Audience first“ gilt mittlerweile als so etwas wie der Stein der Weisen in der digitalen Transformation von Redaktionen. Die Annahme dahinter: Wenn man sich nur ausreichend mit den Bedürfnissen des Publikums oder zumindest bestimmten Zielgruppen beschäftigt und deren Verhaltensmuster entschlüsselt, klappt das schon mit dem Verkauf von digitalen Abos. Analysedaten liefern das Wissen, „Engagement“ ist der Schlüssel. 

Mein Lesetipp in dieser Woche ist ein Buch: Imagined Audiences: How Journalists Perceive and Pursue the Public. Darin gießt der amerikanische Journalismus-Professor Jacob L. Nelson etwas Wasser in den Wein, der viele Redaktionen in einen Zustand der Hoffnung versetzt hat. Nelson, der früher selbst Journalist war, reflektiert darin über das schwierige Verhältnis zwischen Redaktionen und ihrem Publikum. Er hat dazu etliche Interviews mit Kolleginnen und Kollegen aus drei sehr unterschiedlichen Medien-Organisationen in Chicago geführt. Sein etwas ernüchterndes Ergebnis: Erstens ist die Sache deutlich komplizierter, als Analytics-Anbieter und Berater dies glauben machen wollen. Und zweitens werden Journalisten nie wirklich ergründen können, was ihr Publikum will. 

Das schreibt er bereits in der Einleitung, und so manch einer mag das Buch jetzt weglegen. Aber die Lektüre lohnt sich trotzdem für jeden, der sich in der Praxis mit dem Thema Audiences und Engagement beschäftigt. Denn Nelson erörtert darin wichtige, man könnte sagen, für die Branche existenzielle Fragen:

► Führen intensivere Interaktionen mit dem Publikum wirklich zu mehr Loyalität und damit letztlich zu mehr Verkäufen, ja will sie das Publikum überhaupt? 

► Was heißt es für die Gesellschaft, wenn sich Journalisten immer stärker auf bestimmte Zielgruppen (Audiences) konzentrieren?            

► Führt besserer Journalismus automatisch zu mehr Einnahmen?

Warum die Sache so schwierig ist, fasst Nelson so zusammen:

„Journalisten wollen zunehmend das tun, was besser für ihr Publikum ist. Aber das Publikum ist sich nicht einmal selbst sicher, was das ist, noch ist es sich der äußeren Einflüsse bewusst, die seine Interaktionen mit Journalismus beeinflussen.“

Im Umkehrschluss heißt das natürlich nicht, dass Redaktionen nicht an Qualität arbeiten sollten. Nur sollten sie externe Faktoren wie die Plattform-Wirtschaft nicht unterschätzen, deren Anreiz-Strukturen sie nicht kontrollieren können. 

Das Buch ist unter anderem bei Amazon verfügbar (Medieninsider erhält beim Kauf über Amazon keine Provision).


Viele Grüße sendet dir 

Alexandra

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Alexandra Borchardthttps://alexandraborchardt.com/
Dr. Alexandra Borchardt ist Journalistin mit mehr als 25 Jahren Berufspraxis, 15 davon in Führungspositionen (Süddeutsche Zeitung, Plan W). Sie ist Buchautorin, Beraterin und Medienforscherin mit besonderem Blick für Leadership und Digitalisierung.

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