Sorge vor Outsourcing bei Spiegel TV

Die TV-Produktionsfirma soll umziehen. Dabei lässt sich mehr sparen als nur die Miete.

Die Sparmaßnahmen im Spiegel Verlag haben Folgen für die Produktionstochter Spiegel TV. Die Fernseheinheit mit ihren noch immer mehr als 100 Mitarbeitern soll aus dem Spiegel-Haus ausziehen. Bemerkenswert daran: Innerhalb der Belegschaft haben nur die wenigsten etwas gegen die Trennung einzuwenden. Nur mit dem geplanten Standort ist man alles andere als glücklich. Man fürchtet Outsourcing. Es formiert sich Protest. Medieninsider nennt die Hintergründe.

Seit vergangenem Mittwoch wissen die etwa 140 Mitarbeiter von Spiegel TV und den anhängenden Produktionsfirmen: Sie müssen umziehen. Das war absehbar, schließlich muss im Zuge der verlagsweiten Sparmaßnahmen auch Spiegel TV noch einmal den Rotstift ansetzen. Ein Umzug ist mit Blick auf die nackten Kosten naheliegend. Die Umschlagmiete an der Ericusspitze direkt an der Elbe und in unmittelbarer Nähe zum Hamburger Hauptbahnhof ist teuer.

Auch der Verlagsgeschäftsführung passt es in den Kram. Sie spielt mit dem Gedanken, einige Stockwerke des Spiegel-Gebäudes an Dritte zu vermieten, vorzugsweise die unteren im Haus. Der Bento-Redaktion hat man sich dort bereits entledigt, Spiegel TV ist aber noch da.

Neuer Standort: Studio Hamburg

Innerhalb der Belegschaft der Produktionsgesellschaft, zu der neben dem „Spiegel TV Magazin“ unter anderem auch die Spiegel TV Produktion GmbH und die gleichnamige Infotainment GmbH gehören formiert sich Protest. Von der Ankündigung der Geschäftsführung sei man „überrascht und bestürzt“, heißt es in einem Medieninsider vorliegenden offenen Brief der Mitarbeiter an die Chefs. Bemerkenswert ist aber: Empörung und Protest formieren sich gar nicht gegen die räumliche Trennung vom Spiegel Verlag an sich.

Die Mitarbeiter sträuben sich gegen den neuen Standort: Vorgesehen sind Räumlichkeiten auf dem Produktionsgelände von Studio Hamburg im Ortsteil Tonndorf, weit im Osten Hamburgs, zwölf Autokilometer von der Ericusspitze entfernt. Studio Hamburg ist eine Tochter des Norddeutschen Rundfunks.


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85 Prozent der Belegschaft lehnen den Standort explizit ab, befürworten aber einen Umzug, sofern die neuen Räumlichkeiten innerhalb der Hamburger City liegen. Das geht aus einer Befragung unter mehr als 110 Mitarbeitern durch den Betriebsrat hervor. Nur vier Prozent seien mit dem Ziel Studio Hamburg zufrieden. „11 Prozent lehnen einen Wegzug aus der Ericusspitze grundsätzlich ab“, heißt es in dem Schreiben.

Dieses eindeutige Ergebnis für einen Umzug und gegen einen gemeinsamen Standort mit dem Rest des Spiegel mag einerseits überraschen. So arbeitet man erst seit Bezug der Ericusspitze im Jahr 2011 gemeinsam unter einem Dach. Andererseits wundert das Ergebnis nicht, wenn man auf die Integration von Spiegel und Spiegel Online blickt, bei der die TV- und Videoproduktion weitgehend außen vor blieb.

Auf Nachfrage bestätigt eine Spiegel-Sprecherin: „Tatsächlich befasst Spiegel TV sich mit Plänen, das Spiegel-Gebäude in der Hamburger HafenCity zu verlassen.“ Mit Studio Hamburg werde gerade verhandelt. „Verträge sind noch nicht unterzeichnet.“ Mit dem Umzug wolle man den „2019 begonnenen Moderinsierungskurs“ von Spiegel TV fortsetzen, heißt es weiter. „Bei Studio Hamburg könnte das Unternehmen von einer gewachsenen Infrastruktur partizipieren, die die professionelle Produktion von linearen und nicht-linearen TV-Programmen langfristig sichert.“ Auch würden am neuen Standort „alle in Hamburg ansässigen Bereiche und Tochterfirmen von Spiegel TV wieder unter einem Dach arbeiten“.

Umzug birgt weitere Sparpotenziale

In der Belegschaft erkennt man auch die Nachteile. Eine zu große Distanz zum Spiegel schädigte die „journalistische Bedeutung der Marke Spiegel TV“, meint man. Den Wegfall kurzer Wege „für ressortübergreifende Projekte und Gespräche“ empfinde man als „großes Manko“.

Die Befürchtungen aber sind auch wirtschaftlicher Natur. Der Einzug bei der privaten NDR-Tochter birgt weitere Sparpotenziale – sowohl durch die bereits vorhandene Infrastruktur als auch personell. Die Spiegel-TV-Mitarbeiter befürchten Outsourcing an Studio Hamburg, beispielsweise technischer Produktionsabteilungen.

„Der Bestand dieser Bereiche und die Loyalität der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat uns bislang eine große Unabhängigkeit und Flexibilität im Produktionsprozess gesichert – ein entscheidender Wettbewerbsvorteil“, schreibt man weiter in dem Brief, in dem die Mitarbeiter ihre Geschäftsführer keine vollendeten Tatsachen zu schaffen, sondern „in einen konstruktiven Dialog über überzeugende Alternativen zu treten“. Unternehmensseitig erklärt man, bereits weitere Informationsveranstaltungen terminiert zu haben.


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Die Sparmaßnahmen im Spiegel Verlag haben Folgen für die Produktionstöchter rund um Spiegel TV. Die Fernseheinheit mit ihren noch immer mehr als 140 Mitarbeitern soll aus dem Spiegel-Haus ausziehen. Bemerkenswert daran: Innerhalb der Belegschaft haben nur die wenigsten etwas gegen die Trennung einzuwenden. Nur mit dem geplanten Standort ist man alles andere als glücklich. Man fürchtet Outsourcing. Es formiert sich Protest. Medieninsider nennt die Hintergründe.

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Marvin Schadehttps://medieninsider.com
Marvin ist Co-Gründer und Founding Editor von Medieninsider und hat sich damit einen kleinen Traum erfüllt. Vor der Gründung war er mehrere Jahre für den Branchendienst Meedia in Hamburg und Berlin tätig, arbeitete kurz beim Focus Magazin und zuletzt für Gabor Steingarts Morning Briefing.

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