Die Süddeutsche Zeitung hat auf der Suche nach Quellen von Medieninsider die Kommunikation ihrer Mitarbeiter durchleuchtet. Auch wenn die Chefredaktion ihr Vorgehen mittlerweile bedauert, bleiben Fragen offen – beispielsweise, weshalb die Suchaktion eigentlich ergebnislos verlaufen sein soll und ob es das einzige Mal war, dass die SZ-Führung solch drastische Maßnahmen ergriffen hat.
Sollen Informationen nach außen gelangen, finden sie immer einen Weg. Im jüngsten Fall führte er über den Spiegel. Am vergangenen Mittwoch berichtete das Nachrichtenmagazin unter Berufung auf Interna aus einer Redaktionskonferenz der Süddeutschen Zeitung, dass Chefredakteur Wolfgang Krach sein Vorgehen der vergangenen Wochen bedaure. Die Art und Weise, wie nach Quellen gesucht wurde, die Informationen an externe Journalisten gegeben haben könnten, sei „nicht verhältnismäßig“ gewesen, so Krach, der dem Leak an den Spiegel gleich ein offizielles Statement folgen ließ.
Um herauszufinden, wie Medieninsider an Informationen über interne Vorgänge bei der Süddeutschen gekommen sein könnte, hatte die SZ-Führung im Dezember E-Mail-Postfächer und Telefonverbindungen nach Kontakten mit Medieninsider auswerten lassen. Begründet hat die SZ ihr Vorgehen damals wie heute mit der bloßen Annahme, dass Medieninsider, das als Medienmagazin bereits mehrfach detailreich aus internen Runden zahlreicher Medienhäuser berichtet hatte, eine Redaktionskonferenz abgehört oder in Form eines Mitschnitts vorliegen haben könnte. Zudem sah man sich arbeitsrechtlich abgesichert, da man die Erlaubnis des Betriebsrats eingeholt hatte. Dieser begründete seine Zustimmung auch damit, dass man sich auf Arbeitsgeräte und damit auf betriebliche Kommunikation konzentriert habe.
Auch wenn sich die Süddeutsche Zeitung arbeitsrechtlich konform verhalten haben dürfte, sorgte die Maßnahme nach Bekanntwerden Anfang Februar für massive Kritik. So rügte unter anderem Reporter ohne Grenzen die Aktion, durch die die für investigative Recherchen bekannte Süddeutsche den sonst für sie so wichtigen Quellenschutz gefährdet habe. Zahlreiche Medien berichteten und kommentierten die Suchaktion, bei der die SZ ihre eigenen Mitarbeiter unter Generalverdacht gestellt hatte, weil sie einen „Angriff auf den Schutz der Pressefreiheit“ unterstellte. Gemeint war damit das „Redaktionsgeheimnis“, das die SZ in ihrer Kommunikation mehrfach in den Vordergrund zu rücken versuchte.
Man habe die Wirkung so einer Maßnahme falsch eingeschätzt, heißt es nun seitens der SZ. Man habe „zu wenig im Blick gehabt, dass uns als investigativem Medium vorgeworfen werden kann, mit zweierlei Maß zu messen“. Die Erklärung kann als Einsicht verstanden werden, oder aber als Versuch, den entstandenen Schaden für die Süddeutsche im Nachgang zu begrenzen. Ein Grund, keine weitere Aufklärung zu betreiben, ist sie für Medieninsider allerdings nicht.
Die bislang bekannten Details zum Vorgehen der Durchsuchungsaktion hinterlassen nämlich offene Fragen. Teils erscheinen die insgesamt vagen Erklärungen unplausibel. Zumindest ist es verwunderlich, dass die Süddeutsche angibt, dass ihre Untersuchung ergebnislos verlaufen sei – und dann wirft ein internes Dokument noch die Frage auf, ob eine derartige Aktion bereits zum wiederholten Male durchgeführt worden ist.
Der Zugriff auf Metadaten ist keine Kleinigkeit
Zuerst einmal dazu, worum es sich bei der Durchsuchung der Mitarbeiterkommunikation bei der Süddeutschen gehandelt haben soll – und dazu, dass dies allein schon kein gewöhnlicher Vorgang ist.
Im Zuge ihrer Krisenkommunikation versuchte die Süddeutsche ihr umstrittenes Vorgehen auch dadurch angemessen und überschaubar aussehen zu lassen, indem sie von einer „automatisierten Überprüfung“ sprach. Dabei seien lediglich Verbindungsdaten gescannt worden – eine Suche in den Metadaten also. Das klingt nach einem maschinellen Vorgang ohne menschlichen Einsatz, obwohl auch so eine „automatisierte Überprüfung“ individuell aufgesetzt werden muss.
Dass es beim Vorgang aber um keine zu vernachlässigende Angelegenheit geht, erklärt Daniel Moßbrucker in einem Gastbeitrag für Netzpolitik.org. „Wer Metadaten analysiert, handelt nicht zurückhaltend“, so der Journalist, der sich auf Überwachung, Datenschutz und Internetregulierung spezialisiert hat. Moßbrucker findet die Argumentation der SZ „erstaunlich“ und aus drei Gründen „nicht überzeugend“.
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