Bild baut TV-Programm um – und streicht Sendeplätze

Mit eigenen TV-Aktivitäten will Bild in bislang unerschlossenem Terrain wachsen. Dazu hat die Redaktion um Chefredakteur Julian Reichelt in den vergangenen Monaten einige Formate auf den Weg gebracht. Der vorläufige Höhepunkt: Die Marathon-Berichterstattung zur US-Wahl. Jetzt baut Bild aber um. Zwei tägliche Sendeplätze fliegen aus dem Programm.

Die Pläne für die eigenen TV-Aktivitäten als ambitioniert zu bezeichnen, klingt angesichts der Ziele, die Julian Reichelt bislang kommuniziert hat, fast schon untertrieben. Journalistisch will Bild etwas den öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern entgegensetzen und – viel wichtiger – wirtschaftlich etwas vom Werbekuchen der privaten Konkurrenten wie RTL abhaben.

18 Stunden Live-Fernsehen pro Tag sollen dafür mal entstehen, die „TV-Bildschirme“ sind das Ziel. „Die Marke Bild denkt nicht klein“, sagte der Chefredakteur vergangenes Jahr. Es geht um viel, denn: „Die Printerlöse schrumpfen rasant, im Digitalen wachsen wir zwar mit Paid Content, aber das ist weit entfernt von den Einnahmen, die eine so große Redaktion wie Bild braucht.“

Besonders seit Aufkommen der Coronakrise ist Bild deshalb dabei, seine Aktivitäten kräftig auszubauen, Infrastruktur, Personal und neue Formate entstehen (und verschwinden) dabei quasi parallel. Folglich entwickelte sich nach und nach auch ein kleines Sendeschema, das Bild nun aber umstellt.

Diese beiden täglichen Sendeplätze werden gestrichen

Am Mittwochnachmittag verkündete Julian Reichelt eine „neue Sendestruktur“, darin enthalten: Der Wegfall von zwei festen Sendeplätzen für das Nachrichtenformat von Bild Live. Statt drei fest eingeplante Newssendungen pro Tag soll es zukünftig nur noch eine geben. „Die regulären Sendungen um 9 und 12 Uhr werden wir ab Donnerstag nicht fortsetzen“, schreibt der Chefredakteur. Die Sendeplätze hatte Bild zu denselben Zeiten programmiert, zu denen bei RTL die Nachrichtensendungen Punkt 9 und Punkt 12 laufen.

Mit anderen Formaten gefüllt werden die Sendeplätze nicht. Die frei werdenden Kapazitäten, so Reichelt, wolle man nutzen, um die Sendung um 18 Uhr „noch besser zu machen“. Entstehen soll ein „Schaufenster für die besten Bild-Geschichten, die besten Debatten, die besten Gespräche mit Top-Gästen und unseren Reportern.“

Reichelt wirbt um „Unterstützung“

Seit seinem Einstieg ins TV-Programm konnte Bild bereits einige Achtungserfolge verbuchen. Mit der sonntäglichen Sendung Die richtigen Fragen hat die Redaktion eine Alternative zu Anne Will geschaffen. Die Bild-Show zieht regelmäßig prominente Politiker an und erzielt – unter Schützenhilfe der eigenen publizistischen Kanäle – Aufmerksamkeit. Mit der (kostspieligen) Sondersendung zur US-Wahlnacht habe Bild das Potential gezeigt, „den News-Markt im Fernsehen gehörig aufzumischen“, kommentierte Dwdl. Mit dem Wahl-Spektakel will Bild insgesamt 1,2 Millionen Views erzeugt haben.

„Quoten“ zu den täglichen Nachrichtensendungen von Bild Live sind nicht bekannt. Auf Nachfrage von Mittwochabend hat Axel Springer bislang nicht reagiert.

Statt auf die beiden festen Sendezeiten wolle man sich verstärkt auf Breaking-News-Situationen konzentrieren. Reichelt betont auch den Ausbau von „starken Videos auf Bild.de und YouTube“. Breaking News, Video on demand und die 18-Uhr-Sendung seien „die drei Prioritäten“. Seine Mail schloss Reichelt mit dem Aufruf: „Bitte unterstützt mich bei diesem Wachstumsprojekt.“


Du denkst, der Artikel könnte Kollegen, Bekannte oder Freunde interessieren? Dann leite ihn gerne weiter oder teile ihn in den sozialen Netzwerken! Damit hilfst du uns auch, Medieninsider bekannter zu machen!

Falls dich weitere Artikel über Bild interessieren, findest du sie hier.
Und hier haben wir dir eine Übersicht alle unserer Veröffentlichungen erstellt.

Wenn dir der Artikel gefällt, dann teile ihn in sozialen Netzwerken, aber nicht als PDF innerhalb deiner Organisation. Dafür ist eine Lizenz notwendig.

Mehr zum Thema

Alexander Kissler (li.) und Tim Thorer (re.) gehen zu Nius von Julian Reichelt. Foto: Nius

Nius: Ex-Bild-Mann Tim Thorer wird Mitglied der Chefredaktion, Alexander Kissler kommt von der NZZ

0
Thorer übernimmt offenbar die Aufgaben von Sebastian Vorbach, der Julian Reichelts Portal im Sommer verlassen hat.

Die sind bloß neidisch, diese Nestbeschmutzer

0
Diese Woche im Lese-Letter: Der Ärger über Medienjournalisten, ein internes Schreiben der SV Gruppe – und die Pioneer-„China-Expedition“.
Lese-Letter Marvin Schade

Darum verkauft Axel Springer sein Classifiedsgeschäft

0
In dieser Woche befassen wir uns im Lese-Letter ausführlich mit der Aufspaltung des Axel-Springer-Konzerns und beleuchten die Entwicklungen aus unterschiedlichen Perspektiven.
Marvin Schade
Marvin Schadehttps://medieninsider.com
Marvin ist Co-Gründer und Founding Editor von Medieninsider und hat sich damit einen kleinen Traum erfüllt. Vor der Gründung war er mehrere Jahre für den Branchendienst Meedia in Hamburg und Berlin tätig, arbeitete kurz beim Focus Magazin und zuletzt für Gabor Steingarts Morning Briefing.

DEINE MEINUNG IST GEFRAGT

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Hier Namen eintragen