Über Unternehmertum im Journalismus

Hallo Medieninsider!

Schön, dass du dabei bist! Was dich in dieser Woche unter anderem im Lese-Letter erwartet:

► Bastian Obermayer und Frederik Obermaier erklären im Interview, weshalb sie die Süddeutsche Zeitung verlassen und Paper Trail Media gegründet haben

► Alexandra Borchardt erklärt in ihrer Kolumne, weshalb sich Journalisten noch immer mit Geschäftsmodellen schwer tun

► Das Bravo Magazin war im März reichweitenstärkster TikTok-Publisher – nur zählt der Erfolg nicht

► Darum wechselt Investigativ-Chefin Anette Dowideit von der Welt zu Correctiv

► Neue Q&A-Termine mit Hans-Jürgen Jakobs (Thema: Zukunft des Medienjournalismus) und Bastian Obermayer (Enthüllungsjournalismus)


Dieser Text ist die Archiv-Fassung des wöchentlichen Lese-Letters. Um zukünftige Ausgaben gratis zu lesen kannst du ihn per E-Mail abonnieren:

Weltweit bekannte Recherchen wie die über die kreative Steuertricks mit Offshore-Firmen, zweifelhafte Geschäfte Schweizer Banken oder die Unterdrückung von Minderheiten in China entstehen zukünftig zwischen Wettbüros, Shishabars und Handyshops.

Bastian Obermayer und Frederik Obermaier haben ihr Büro mit Alpenblick im Hochhaus der Süddeutschen gegen ein Etagenbüro im südlichen Bahnhofsviertel in München eingetauscht – zentral, gut angebunden und für Münchner Verhältnisse noch bezahlbar, sagen die beiden. Auch wenn man finanziell nicht um sie sorgen muss, spielt Geld in ihrem Berufsleben eine gewichtigere Rolle als noch vor einem Jahr. Sie haben ihre Jobs als Investigativchefs der SZ für die Selbstständigkeit aufgegeben. Die Journalisten sind jetzt auch Unternehmer.

Seinen wichtigsten Kunden sieht Bastian Obermayer beim Blick auf seinen Desktop-Hintergrund. Er zeigt das Verlagsgebäude des Spiegel in Hamburg. Das Nachrichtenmagazin hat sich die Dienste des Investigativ-Duos, das hinter Recherchen wie zu den Panama Papers, Paradise Papers oder Suisse Secrets steckt, gesichert. Dafür haben Obermayer und Obermaier im vergangenen Jahr Paper Trail Media gegründet, ein Recherchebüro mit Spezialisierung auf internationale Investigativ-Recherchen. Die Pulitzerpreisträger haben sich selbst zum Geschäftsmodell gemacht. Nicht nur der Spiegel, sondern mittlerweile drei weitere Medienpartner zahlen für das, was sie und ihr Team herausfinden (werden).

Die Umstände haben sich verändert, die Scoops sind geblieben: Vergangene Woche veröffentlichte Paper Trail Media gemeinsam mit seinen Medienpartnern die Vulkan Files, eine investigative Recherche über Putins Cyberkrieg. Kurz vor Veröffentlichung besuchte ich Obermayer und Obermaier in ihrem Büro zum Interview. Es wurde ein Gespräch über ihr Start-up und investigativen Journalismus als Geschäftsmodell.

Über ihren Anspruch ans eigene Unternehmen sagen sie, Enthüllungsjournalismus nicht als Marketinginstrument begreifen und ihn von der Subventionierung befreien zu wollen:

„Wir glauben, dass sich investigativer Journalismus selbst tragen kann, wenn man die gesamte Verwertungskette nutzt.“

Nicht auf Spenden oder Stiftungsgelder zu setzen, begründen sie mit der wirtschaftlichen Anfällig- und Abhängigkeit:

„Wir beobachten derzeit, dass Stiftungskassen nicht wieder aufgefüllt werden, weil die Gewinne der Geldgeber ausbleiben.“

Nachdem Paper Trail Media mit dem Spiegel als Launchpartner gestartet ist, arbeitet das Recherchebüro mittlerweile auch für das investigative ZDF-Format Frontal, den Standard aus Österreich und die Schweizer Mediengruppe Tamedia (Tages-Anzeiger). Auf die Frage, weshalb diese namhaften Medien weitere Unterstützung in der Investigation benötigen, antwortet Obermaier:

„Sie sehen uns auch als Verlängerung für Recherchen in der Nische, die zeitlich noch einmal über das normale Maß hinausgehen.

Bei der Lektüre des Interviews wird auch klar, weshalb die Journalisten bei der Süddeutschen Zeitung keine Voraussetzungen für ihre Pläne gesehen und sich für eine Kooperation für den Spiegel entschieden haben. 

Das Gründungsmodell Obermayer und Obermaier ist keines, das sich einfach kopieren lässt. Es zeigt aber, was möglich ist, wenn man als Journalist zur Marke wird. 

Obermayer und Obermaier über investigativen Journalismus, Paper Trail Media und die Süddeutsche

Bastian Obermayer und Frederik Obermaier. Foto: Stephanie Füssenich

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Biran Morrissey, Autor bei Medieninsider

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Journalismus ist kein Geschäftsmodell

Medieninsider-Kolumnistin Alexandra Borchardt, Foto: Ina Abraham
Medieninsider-Kolumnistin Alexandra Borchardt, Foto: Ina Abraham

Eine der großen Schwierigkeiten der Medienbranche gründet darauf, dass sich Journalisten viel zu häufig in ihre Inhalte verlieben – und Liebe macht bekanntlich blind. Auch deshalb tun sich Journalisten mit kommerziellem und unternehmerischem Denken schwer. Das muss nicht sein, sagt Alexandra Borchardt. In ihrer Kolumneanalysiert sie, welche Geschäftsmodelle für Medienunternehmen in Frage kommen.


TikTok-Charts im März 2023: Klima-Kleber befördern TikTok-Neuling aus Sachsen an die Spitze

Claudia Michalski, Kolumnistin bei Medieninsider

Medieninsider ermittelt jeden Monat die erfolgreichsten Publisher bei TikTok. Besonders reichweitenstark im März: das Jugendmagazin Bravo. Allerdings kam der Erfolg nicht aus eigener Kraft zustande. Stattdessen steigt ein neuer Publisher-Account auf dem ersten Platz im Ranking ein. Mehr erfährst du von Simon Pycha in den TikTok-Charts:


Investigativ-Chefin Anette Dowideit verlässt Welt nach Ressortfusion

Eskalation mit Ansage: Anette Dowideit verlässt die Welt. Ihr Abgang erfolgt unmittelbar nach der Fusion ihres Investigativressorts mit dem Rechercheteam von Tim Röhn. Weshalb der Schritt nicht überraschend kommt und wohin es Dowideit nun zieht, erfährst du im Artikel.

► Theresa Futh wird Head of Audience bei der Rheinischen Post

► Antje Schippmann und Katharina Neubert leiten Axel Springer Freedom Foundation

► Hannah Suppa ist Koordinatorin der regionalen Madsack-Chefredaktionen

► Alexander Kratzer wird Geschäftsführer bei RP Digital

► Christina Schulte und Sabine van Endert sind neue Börsenblatt-Chefredakteurinnen

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News:

► Laut einer Studie von WIK Consult im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums wäre eine Zustellförderung für Zeitungen sinnvoll – das Ministerium unter Führung von Robert Habeck (Grüne) sieht sich für die Umsetzung aber nicht verantwortlich (mehr erfahren)

► Bertelsmann steigert seinen Umsatz 2022 um 8,3 Prozent auf 20,2 Milliarden Euro – das Ergebnis sank um 52 Prozent auf 1,1 Milliarden Euro, nachdem 2021 Veräußerungen die Zahlen gesteigert hatten (mehr erfahren)

► Axel Springer plant, seine Druckerei für Regional- und Teilauflagen von Bild und Welt in Ahrensburg bis August 2024 zu schließen, rund 120 Mitarbeiter sind betroffen (mehr erfahren)

► Der RBB deckelt laut Bild das Gehalt künftiger Direktoren bei 200.000 Euro, diverse Zusatzleistungen sollen entfallen (mehr erfahren)

► Die SZ berichtet, dass Burda die geplante Auslagerung der Grafikabteilung der Bunten offenbar über den 1. Mai hinaus aufschiebt (mehr erfahren)

► Der russische Geheimdienst hat den Journalisten Evan Gershkovich vom Wall Street Journal wegen angeblicher Spionage festgenommen, ihm drohen bis zu 20 Jahre Haft (mehr erfahren)

► Ein russisch-nationalistischer Militär-Blogger, bekannt unter seinem Pseudonym Wladlen Tatarskij, wurde in St. Petersburg Opfer eines Bombenanschlags (mehr erfahren)

► Meta erwägt laut Financial Times wegen EU-Regularien in Europa komplett auf politische Werbung zu verzichten (mehr erfahren)

► Die TikTok-Mutter Bytedance steigerte ihren Umsatz 2022 laut The Information um rund 30 Prozent auf mehr als 80 Milliarden US-Dollar, TikToks Anteil ist unklar (mehr erfahren)

Entdeckungen: 

► In seiner Dokumentation Erfundene Wahrheit zeichnet Daniel Sager mithilfe von Spiegel-Verantwortlichen, Zeugen und Betroffenen den Relotius-Skandal nach – auffällig im Abspann: Wer alles nicht bereit war, am Film mitzuwirken (mehr erfahren)

► Das Funk-Format STRG_F sucht beim NDR vergeblich nach Diversität in den Redaktionen und prangert die öffentliche Darstellung der Öffentlich-rechtlichen an, besonders bunt zu sein (mehr erfahren)

► OMR-Gründer Philipp Westermeyer spricht mit Gabor Steingart über Geschäftsmodelle von Influencern und den Reiz eines „Spotify für Journalismus“ (mehr erfahren)

► Die DPA gibt sich Regeln für den Umgang mit KI: Sie will aufgeschlossen sein, aber nur unter menschlicher Aufsicht mit der Technologie arbeiten, Transparenz wird als Maxime gesetzt (mehr erfahren)

► Tech-Blogger Aakash Gupta analysiert den teilweise offen gelegten Twitter-Algorithmus; demnach sind Likes mehr Wert als Retweets, Links schaden der Reichweite (mehr erfahren)

► Die Stanford University hat einen 386-seitigen Report über den Stand von Künstlicher Intelligenz herausgebracht, Steve Huang hat ihn in zwölf Tweets zusammengefasst (mehr erfahren)


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Marvin

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Marvin Schade
Marvin Schadehttps://medieninsider.com
Marvin ist Co-Gründer und Founding Editor von Medieninsider und hat sich damit einen kleinen Traum erfüllt. Vor der Gründung war er mehrere Jahre für den Branchendienst Meedia in Hamburg und Berlin tätig, arbeitete kurz beim Focus Magazin und zuletzt für Gabor Steingarts Morning Briefing.

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