Hallo Medieninsider!
Schön, dass du dabei bist! Was dich in dieser Woche unter anderem im Lese-Letter erwartet:
► Gabor Steingart auf Irrfahrt: Was sein umstrittener Bettelbrief verschweigt (Editorial)
► Frohe Weihnachten: Kurz vor den Feiertagen kündigt Axel Springer Stellenstreichungen bei der Welt an – der Betriebsrat reagiert umgehend (direkt zum Artikel)
► Alles „Premium”? Marvin Schade skizziert die Chancen und Risiken der Zusammenlegung von Welt, Politico und Business Insider (direkt zum Artikel)
► Eine Recherche zur Bild-Zeitung, die eine Frage aufwirft: Wie weit ist es her mit der angeblichen „Kultur des Respekts“, die Chefredakteurin Marion Horn als Antwort auf die Krisenjahre unter Julian Reichelt ausgerufen hatte? (direkt zum Artikel)
► Von Bayern nach Berlin: Bild-Mann Daniel Cremer tritt einen neuen Job bei der Berliner Zeitung an (direkt zum Artikel)
► Millionen für Münster: Der WDR zahlt den Tatort-Schauspielern Axel Prahl und Jan Josef Liefers Spitzengagen – Volker Nünning deckt die Produktionskosten auf (direkt zum Artikel)
► Mit Nutzwert ins neue Jahr: Entdecke die Medieninsider Workshops zu Paid Content mit Sascha Bossen und zu TikTok mit Simon Pycha und Marcus Bösch (direkt anmelden)
Dieser Text ist die Archiv-Fassung des wöchentlichen Lese-Letters. Um zukünftige Ausgaben gratis zu lesen, kannst du ihn per E-Mail abonnieren:
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Das schönste Hannah–Arendt-Wortspiel erschien vor mehr als zehn Jahren in der Süddeutschen Zeitung: „Die Banalität des Dösens“. So kunstvoll-morbid verriss Jens-Christian Rabe 2012 das melancholisch-schläfrige Album von Lana Del Rey.
Von der „femme fatal auf Valium” aber nun zu einem „homme fragile” auf einem Schiff.
Auch Gabor Steingart bemüht seit einigen Jahren Hannah Arendt. Allerdings nicht feuilletonistisch-spielerisch, sondern um sein eigenes Schaffen zu überhöhen. Arendts Zitat „Wahrheit gibt es nur zu zweien” ist erklärtermaßen sein journalistischer Leitsatz. Er wird nicht müde, diesen hervorzukramen: bei einer Markenkampagne 2020, als Werbesatz für die „PioneerExperience“, hier auf X oder als Motto für eine Busrundfahrt. Besondere Blüten treibt das Zitat in Verbindung mit einer Bildsprache, die Steingarts Journalismus wahlweise auf der japanischen Insel Iwo Jima oder auf dem Friedhof Arlington verortet:
Gabor Steingart ließ sich einen Aufsteller in Anlehnung an die berühmte Fotografie „Raising the Flag on Iwo Jima” für sein Schiff basteln. https://www.thepioneer.de/originals/thepioneer-briefing-business-class-edition/articles/mission-statement
Das jüngste Beispiel der Steingart’schen Irrfahrt durch das Arendt-Œuvre rief allerdings wenig Schmunzeln hervor. Etliche namhafte Journalisten nahmen in dieser Woche Anstoß an Gabor Steingarts Newsletter.
Eigentlich sollte es ein Bittschreiben werden: Steingart suchte Abonnenten, die sich für schlappe 5000 Euro lebenslang an sein Redaktionsschiff binden wollen. Zum Dank gibt es unter anderem ein Minischiff fürs Regal, auf dessen Sockel Steingarts Lieblingssatz steht… Man ahnt, welcher das ist.
Das morgendliche Bettel-Briefing leitete Steingart allerdings nicht mit der höflichen Demut eines Bittstellers ein, sondern mit einem Roundhouse-Kick unterhalb der Gürtellinie.
Er wetterte – nach einem weiteren kontextlosen Arendt-Zitat – gegen den Wächterpreis, den er lieber als „Erzieherpreis der deutschen Tagespresse” betitelt – denn: „viele Journalisten wollen nicht Wächter der Demokratie, sondern der Erzieher ihrer Leser sein.” Deshalb würden in vielen Verlagshäusern die Kunden ausbleiben – Steingart führt hier Spiegel, Süddeutsche Zeitung und Handelsblatt namentlich an, die derzeit Sparrunden erlebten. Er diffamiert die Konkurrenten – darunter bekanntermaßen auch zwei seiner Ex-Arbeitgeber – als „Verlierermedien“.
Die geplanten Stellenstreichungen in der Welt-Redaktion von Axel Springer – jenem Konzern, der mehr als ein Drittel der Anteile an Steingarts Flotte hält – bleiben zufällig ungenannt. Hoppla. Reichte der Wahrhaftigkeitsanspruch hier nicht weit genug?
Moritz Döbler, Chefredakteur der Rheinischen Post und Jury-Mitglied beim Wächterpreis, will nach der Mail jedenfalls kein „Lifetime-Pioneer” werden: „Für 5000 Euro kann ich einige Jahre sehr anständige Qualitätsmedien abonnieren, und eine Butterfahrt auf dem Rhein samt Erwerb einer wirklich nützlichen Heizdecke wäre auch noch drin”, schrieb er in einem Posting.
Daniel Drepper, Leiter des Rechercheverbunds von NDR, WDR und SZ, reagierte ebenfalls bei LinkedIn. Er schrieb, was Steingart tue, sei „Projektion in Reinform“: „Er unterstellt anderen das, was er selbst tut, um besser dazustehen. Ich kenne kaum jemanden, der so stark Meinung macht, statt sich an Tatsachen zu halten — und gleichzeitig genau das, was er tut, allen anderen zu unterstellen.” Die Narrative, die Steingart über etablierte Medien verbreite, seien aber gefährlich, „,weil sie auf den von Rechtsaußen vorbereiteten Boden fallen“
Über Banal-Böses könnte man jetzt noch einige Hannah-Arendt-Zitate verlieren. Aber statt länger über Gabor Steingart nachzudenken, empfiehlt es sich, lieber ein richtig schlechtes Lana-Del-Rey-Album zu hören.
„Premium-Gruppe“ baut Personal ab
Wie konkret Politico, Business Insider und Welt zusammenwachsen sollen, wissen Axel Springers Manager nach eigenen Angaben noch nicht. Was sie aber wissen: Es soll mit weniger Mitarbeitern geschehen. Das kündigt die Geschäftsführung in einer internen E-Mail an. Der Betriebsrat kritisiert die Pläne scharf.
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Axel Springers „Premium-Gruppe“: Chancen und Risiken
Nach der Übernahme der Classifiedsparte durch KKR muss das Medienhaus sein Verlagsgeschäft wirtschaftlich absichern. Ein Weg: Welt, Politico und Business Insider bündeln. Ein Blick auf die Vor- und Nachteile der neuen „Premium-Gruppe“.
Marion ruft an
Will sich eine Bild-Kollegin etwas antun? In großer Sorge wendet sich eine Journalistin an Chefredakteurin Marion Horn. Was sie aus dem Gespräch schildert, passt so gar nicht zu Springers angeblichen Kulturwandel. Eine Recherche, die der Konzern gern verhindert hätte.
Von Bayern nach Berlin: Neuer Job für Daniel Cremer
Ende 2023 verließ er den Boulevardtitel Bild nach mehr als 20 Jahren – nun hat Daniel Cremer einen neuen Job: Beim Titel von Holger Friedrich.
Münster-Tatort: Das verdienen die Schauspieler
„Thiel und Boerne“ sind Kult – seit mehr als 20 Jahren. Der WDR zahlt Axel Prahl und Jan Josef Liefers Spitzengagen. Christine Urspruch alias „Alberich“ erhält deutlich weniger. Medieninsider deckt die Produktionskosten auf.
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Unsere Q&As sind digitale Runden in geschützter Atmosphäre, in denen wir dich und weitere Mitglieder gezielt mit Experten und spannenden Menschen aus unserer Branche zusammenbringen.
► Mary Abdelaziz-Ditzow wechselt von NTV zu Finanzfluss
►RTL News: Thomas Präkelt leitet Berlin-Standort
► „Eingeständnis eines Scheiterns“: Henning Hinze befasst sich im Manager Magazin ausführlich damit, wie die Bauer Media Group strategisch schlingert. Dem Konzern sei es nicht gelungen, neue Geschäftsfelder aufzubauen. Mit dem Fokus aufs Magazin- und Radiogeschäft befinde sich das Medienhaus nun wieder auf dem Stand von 2018 – Perspektive: unklar (mehr erfahren)
► Nicht preiswürdig? Felix Zimmermann, Chefredakteur von Legal Tribune Online, kritisiert die Vergabe des Reporterpreises an den Rammstein-Podcast von NDR und SZ. Die Auszeichnung konterkariere den „Anspruch des Reporterpreises ‘vorbildliche’ Arbeiten auszeichnen“, da „bei allen Folgen Aussagen gerichtlich verboten wurden” (mehr erfahren)
► Gespart wird woanders: Obwohl der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) sogar Personal abbaut, bekommt die stellvertretende Programmdirektorin Jana Brandt 30.000 Euro mehr im Jahr, weil sie die Aufgaben von Vorgänger Klaus Brinkbäumer übernimmt. Dieser ist nun Reporter, bezieht sein bisheriges Gehalt aber weiter (mehr erfahren)
► Tradition trifft Innovation: Time startet zur Veröffentlichung seiner neuen Person of the Year (Donald Trump) eine KI-Initiative, die aus der Zusammenarbeit mit OpenAI hervorgeht. Über eine KI-Leiste können Nutzer mit Time interagieren – sich den Text zusammenfassen, vorlesen oder übersetzen lassen. Auch können sie der KI Fragen zum Artikel stellen (mehr erfahren)
►17.000 Abos für die Umwelt: Das Atmo Magazin hat ein erfolgreiches Crowdfunding absolviert und damit über 1,3 Millionen Euro eingesammelt. Im Frühjahr 2025 will das neue Medium an den Start gehen. Dahinter stehen ehemalige Macher des eingestellten Greenpeace Magazins (mehr erfahren)
► Vor- statt nachmachen: Perplexity erweckt den Eindruck, als seien einzelne Lizenzvereinbarungen mit Tausenden Publishern nicht zu bewältigen, weshalb man nur mit ausgewählten Partnern arbeite, schreibt Andrew Deck bei Nieman Lab. Dass das sehr wohl geht, zeige hingegen Dow Jones. Das Unternehmen habe für sein Tool Activa bereits mehr als 4000 Deals geschlossen (mehr erfahren)
► Verschärfte Gesetze: Australien will im kommenden Jahr den News Bargaining Incentive erweitern. Schließen Techkonzerne wie Meta, Google oder TikTok keine Lizenzvereinbarungen mit Medienunternehmen, sollen Steuern für sie anfallen (mehr erfahren)
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Anna