Nach monatelanger Vorbereitung wird Deutschlands größte Tageszeitung am Ende der Woche Deutschlands kleinsten Nachrichtensender starten. Mit Bild TV wittern dessen Macher das große Geld und eine sichere Zukunft. Ob das ambitionierte Vorhaben gelingen wird, hängt nicht nur von Programm und Quote ab, sondern auch vom Willen und Bereitschaft der Belegschaft.
Als am vergangenen Wochenende die Situation in Afghanistan eskalierte, war niemand so schnell mit einer Sondersendung live wie Bild. Innerhalb kürzester Zeit versorgte Bild seine Online-Zuschauer mit aktuellem Videomaterial, eingekauft von CNN, schaltete zügig Gesprächspartner ins Studio. Mit Julian Reichelt und Paul Ronzheimer standen Moderatorin Patricia Platiel gleich zwei Nahost-Experten und Chefredakteure zur Seite. Die Konkurrenz zeigte an diesem Sonntag Dokus, Tech-Talks. Manch neue Newssendung wurde der Lage selbst am nächsten Tag nicht gerecht. Nirgends werden die Stärken von Bild so deutlich wie in Nachrichtenlagen. Gleichzeitig ist nichts so unberechenbar und so teuer wie das News-Geschäft im TV.
Ab Ende dieser Woche wird Bild nicht mehr nur Deutschlands reichweitenstärkste Tageszeitung sein, sondern auch Deutschlands kleinster News-Sender im Fernsehen. Für seine Macher ist es jetzt schon das Größte. Kein Thema habe ihm in den vergangenen Monaten so viel bedeutet wie dieses, sagte Reichelt am Tag der offiziellen Verkündung im April in einer Redaktionskonferenz. Mit dem TV-Sender erfülle der Konzern Axel Springer den Traum des Verlegers Axel Springer. Es ist das größte Risiko der vergangenen Jahre und könnte zugleich der größte Albtraum werden. In jedem Fall ist dieser Kraftakt für Reichelt, für Bild und für Axel Springer der Sprung ins Ungewisse.
Es geht nicht dringend ums Überleben für Bild als Marke. Wohl aber um den Erhalt von Bild, wie sie heute existiert, um ihren gesellschaftlichen Einfluss, um ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit. Die gedruckte Auflage sinkt weiter, während ihre Bedeutung fürs Geschäft weiterhin zu groß ist. Trotz des größten digitalen Abostamms eines deutschen Mediums wird das Digitalgeschäft den heutigen Apparat kaum erhalten können. Nicht zuletzt durch den auf Zahlen bedachten Springer-Investor KKR ist der Druck groß. Programmchef Claus Strunz machte die Bedeutung des TV-Projekts für den Konzern deutlich: Gehe man nicht diesen Weg, gäbe es keine wirkliche Idee für die Marke Bild, wiederholte er bei internen Informationsveranstaltungen. Der Start von Bild als TV-Sender, so beschreibt es die NZZ, ist nichts anderes als „die Flucht nach vorn“.
Die große Frage ist: Kann das gelingen?
Wie Mediaplaner die Chancen für Bild einschätzen – und welche Herausforderungen sich intern stellen
Dr. Andrea Malgara, Partner der Mediaagentur Mediaplus, sieht einige Grundvoraussetzungen erst einmal erfüllt. „Bild bringt im Vergleich zu N24 oder n-tv eine sehr starke Trägermarke mit, die auch noch einmal viel stärker ist als Welt. Das wird dem Sender mit Sicherheit helfen“, meint er. Die Weiterentwicklung der Online-Video-Aktivitäten als Fernsehsender sei konsequent.
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