Julian Reichelt ist zurück. Am Montagnachmittag trat der Chefredakteur gemeinsam mit seiner neuen Co-Chefredakteurin Alexandra Würzbach vor die Belegschaft. In der Video-Schalte, an der auch CEO Mathias Döpfner, Jan Bayer und Stephanie Caspar teilnahmen, entschuldigte sich Reichelt für die Turbulenzen der vergangenen Wochen. Und auch Mathias Döpfner hatte eine Entschuldigung parat. Was die Beteiligten gesagt haben.
Die fünf Hauptcharaktere waren auf Distanz zueinander – was räumlich gemeint ist: Reichelt, Würzbach, Döpfner, Bayer und Caspar waren getrennt voneinander per Video zugeschaltet, als sich der Chefredakteur erstmals nach seiner Rückkehr am heutigen Montag intern erklärte. Ziemlich genau eine Stunde dauerte das für 15.00 Uhr angesetzte „All hands“, in dem zuerst Mathias Döpfner sprach – und sich für die Pressemitteilung der vergangenen Woche entschuldigte.
Döpfner: „Unglücklich formuliert“
Dabei bezog er sich auf einen falschen Eindruck, den das offizielle Statement zum Abschluss des Compliance-Verfahrens und die Rückkehr Reichelts hinterlassen habe. Man habe mit den Zeilen zu Reichelts journalistischer Leistung nicht den Eindruck erwecken wollen, dass sich Leistungsträger mehr erlauben könnten als andere. Die Verhaltensregeln des Konzerns seien für alle gleich gültig, es gäbe keine Doppelstandards, so der CEO.
In der Pressemitteilung von vergangener Woche hatte man betont, dass in die Gesamtentscheidung über Reichelts Rückkehr auch die „enorm strategischen und strukturellen Veränderungsprozesse und die journalistische Leistung unter der Führung von Julian Reichelt eingegangen“ seien. Döpfner dazu: „Wir haben eindeutig unglücklich formuliert.“ Man habe lediglich Wertschätzung gegenüber Reichelt zum Ausdruck bringen wollen, so Döpfner, der sie gleich noch einmal unterstrich: „Ich halte die publizistische Rolle, die Julian hier in den vergangenen Jahren gespielt hat, für extrem richtig und extrem wichtig für dieses Land.“ Später unterstrich er noch einmal, dass die inhaltliche Linie von Bild nicht nur von ihm unterstützt werde, sondern vom gesamten Vorstand, dem Aufsichtsrat wie auch dem Shareholder-Komitee Axel Springers.
Zur Erinnerung, was in den vergangenen Wochen geschah: Julian Reichelt wurde vorgeworfen, seine Macht als Chefredakteur gegenüber Angestellten missbraucht, Abhängigkeitsverhältnisse ausgenutzt zu haben. Dabei ging es vor allem um den Umgang mit Mitarbeiterinnen. Zusätzlich wurde der Vorwurf des Drogenmissbrauchs am Arbeitsplatz erhoben. Im Rahmen der mehrwöchigen internen Ermittlungen ließen sich Hinweise nicht belegen. Reichelt gestand aber ein, einvernehmliche Beziehungen zu Angestellten gehabt zu haben. Ein Fehlverhalten. Aber keines, das gegen die Verhaltensregeln des Konzerns verstößt.
Döpfner hat viel aus der Pressemitteilung wiederholt, die Länge und Ausführlichkeit der Untersuchungen betont. Döpfner betonte auch noch einmal, „dass auf dem Gebiet des Drogenmissbrauchs und des Machtmissbrauchs keine strafrechtlich relevanten Verstöße bewiesen werden konnten“. Sehr wohl aber seien private wie auch berufliche Beziehungen miteinander vermischt worden. Man sei zum Entschluss gekommen, dass Fehler gemacht worden seien, „aber keine unverzeihlichen Fehler“, die eine Trennung begründet hätten.
Döpfner: Bei Bild sei „manches anders, aber nicht alles erlaubt“
Eine direkte Konsequenz aus dem Compliance-Verfahren habe man aber gezogen. Gemeint war die Personalie Alexandra Würzbach, die ab sofort gleichberechtigte Chefredakteurin neben Reichelt agiert und entsprechend gleichberechtigt in die Geschäftsführung einzieht. Zudem wird Würzbach zuständig sein für Personal- und Redaktionsmanagement. Die Maßnahme sei auch aus „Perspektive der Betroffenen ein wichtiges Signal“, so Döpfner.
Zudem erklärte er, dass Angst als Hindernis, etwas zu sagen, eine „schreckliche Feststellung“ sei. „Ich möchte ein Unternehmen führen, in dem es keine Kultur der Angst gibt, in der alle sich trauen, alles zu sagen und zu fragen.“ Das gelte auch für Bild. Dort sei „manches anders, deswegen aber nicht alles erlaubt“.
Reichelt: „Konnte unter immensen Druck spüren, wo ich wachsen muss“
Nach Döpfner gesprochen hat dann Reichelt, der nach der Mitteilung vom Donnerstag erst am heutigen Montag zurück an seinen Arbeitsplatz kehrte. Für sein etwa 10-minütiges Statement war er aus dem Chefredakteurs-Büro zugeschaltet, vorbereitet hatte er es schriftlich. Auszüge aus seiner Reue-Rede:
Diese Angebote berechtigen nicht zur Nutzung der Artikel in
Pressespiegeln (o. Ä.).
Klicke hier zum Erwerb von passenden Nutzungslizenzen.