Johannes Boie will das Investigativ-Ressort von Bild wiederbeleben. Für die Aufgabe hat er nun einen Journalisten von außen gefunden. Für den Bild-Chef geht es dabei um mehr als nur eine Personalie.
Als Johannes Boie am Tag nach seiner überraschenden Berufung zum Chefredakteur von Bild vor die Belegschaft trat, präsentierte er bereits eines seiner Ziele:
„Mir ist wichtig, dass wir wieder mehr Schlagzeilen machen, als Schlagzeile zu sein.“
Man solle draußen wieder wegen ihrer Titelseiten und ihrer Inhalte über Bild sprechen und nicht wegen der Skandale rund um den (Ex-)Chefredakteur. Boie, von der Spitze der Welt am Sonntag auf den Chefsessel bei Bild katapultiert, hatte dafür schnell einen Plan parat: weniger rein meinungsgetriebene Geschichten, mehr Recherche.
Boies Strategie bekommt ein Gesicht: Frederik Richter wird Investigativ-Chef bei Bild
Bestandteil der Strategie: die Wiederbelebung der Investigativabteilung. Sie war in den vergangenen Jahren vernachlässigt worden. Bild hat zwar noch investigative Reporter, aber ein entsprechendes Team samt Koordination gab es nicht mehr. Unter Boie sollte sich das wieder ändern. Nun bekommt seine Strategie ein Gesicht.
Der Bild-Chefredakteur ist auf der Suche nach einem geeigneten Kopf fündig geworden. Nach Informationen von Medieninsider wird Frederik Richter im Januar zum Boulevardmedium wechseln. Eine offizielle Bestätigung für die Personalie gab es zunächst nicht. Richter selbst ließ eine Anfrage unbeantwortet, ein Sprecher von Springer wollte sich nicht äußern. Nach der Anfrage von Medieninsider hat Boie, der die Belegschaft erst morgen informieren wollte, allerdings vorab per Mail über den Wechsel unterrichtet.
Richter war in den vergangenen sieben Jahren in unterschiedlichen Positionen für das Recherche-Netzwerk Correctiv tätig, darunter als Head of Investigation, stellvertretender Chefredakteur und zuletzt Managing Editor. In Vergangenheit arbeitete er auch für die Nachrichtenagenturen dpa oder Reuters. Zudem schrieb er das Sachbuch Geheimsache Korruption sowie den Thriller Ein schmutziger Weg. Als Kernthemen gibt er Korruption, Geldwäsche und Nahost an. In seiner Rolle soll er dem Vernehmen nach Recherchen über unterschiedliche Ressorts hinweg koordinieren, aber auch eine neue Recherche-Einheit formieren.
Die Suche nach einem Investigativ-Chef wurde dem Vernehmen nach zügig nach Boies Übernahme als Chefredakteur angestoßen, hat sich demnach über viele Monate gezogen. Der Markt für Investigativjournalisten hatte in den vergangenen Monaten Konjunktur, um viele hochkarätige Köpfe gab es regelrecht einen Wettkampf. Viele von ihnen konnten sich mehr oder weniger aussuchen, wohin sie wechselten.
So verstärkte sich der Spiegel mit einem Teil des ehemaligen Ippen-Teams, dessen Chefredakteur hingegen zum Recherche-Netzwerk aus WDR, NDR und Süddeutsche wechselte. Zudem schloss der Spiegel einen Exklusiv-Vertrag mit dem bei der Süddeutschen abtrünnigen Recherche-Duo Bastian Obermayer und Frederik Obermaier. Der Stern warb unter seinem neuen Chefredakteur Gregor Peter Schmitz die Investigativjournalisten Manka Heise, Birte Meier und Christian Esser vom ZDF ab, stellte sich damit ebenfalls neu auf. Boies Suche ging hingegen weiter, galten in Redaktionskreisen zwischenzeitlich sogar schon als verworfen beziehungsweise stark herunterpriorisiert – je nachdem, wen man fragt.
Deshalb ist die Personalie für den Bild-Chef so wichtig
Die Personalie ist für Chefredakteur Boie wegen der beschwerlichen Suche sowie der strategischen Bedeutung von besonderem Stellenwert – aber auch aus drei weiteren Gründen:
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