Steht das Hauptinvestitionsprojekt von Bild bereits wieder vor Einschnitten? Laut Berliner Zeitung sei der Aufsichtsrat von Axel Springer nicht bereit, 20 Millionen Euro in die Bewegtbildaktivitäten von Bild zu stecken. Der Verlag dementiert, und Chefredakteur Julian Reichelt richtet sich in einer Mail mit klaren Worten an seine Belegschaft.
Der Axel Springer Verlag und Julian Reichelt widersprechen der Berichterstattung der Berliner Zeitung, nachdem Investitionen für das Bewegtbildgeschäft vom Aufsichtsrat abgeschmettert worden seien.
Julian Reichelt reagierte am Freitagmorgen zunächst mit einer internen Nachricht an seine Mitarbeiter. Die Nachricht liegt Medieninsider vor. Darin wirft der Bild-Chef der Berliner Zeitung vor, „Desinformation“ zu verbreiten. Die Geschichte sei „komplett frei erfunden“.
„Die dort beschriebene Aufsichtsratsitzung hat nie stattgefunden. Stattdessen gab es eine Sitzung des Vorstands, in der das GEGENTEIL geschehen ist und massive Investitionen in Bild Live mit zahlreichen neuen Planstellen beschlossen wurden.“
Reichelt widerspricht auch der Darstellung, dass die Aktivitäten von Bild nur geringe Reichweite erlangen würden. „Teilweise sehen Millionen Menschen unsere News bei Bild Live, natürlich aber nicht alle gleichzeitig, dafür aber mit spektakulären Verweildauern.“
Und weiter:
„Deswegen: Lasst Euch nicht verunsichern. Was Ihr in den letzten Monaten geschaffen habt, erzeugt Neid und Missgunst. Was Ihr jetzt schon geschaffen habt, ist einzigartig in der digitalen Welt. Was Ihr geschaffen habt, verändert schon jetzt Programm und Verhalten beim klassischen Fernsehen. Welche Aufmerksamkeit das erzeugt, spürt Ihr alle selber. Und wir fangen gerade erst an!“
Mit Zahlen, die seine Aussagen untermauern, hielt sich der Chefredakteur zurück. Kurz danach äußerte sich allerdings der Konzern via Twitter und verkündete: „Axel Springer wird massiv in den Ausbau von Bild Live investieren. 22 Millionen Euro insbesondere in die Einstellung 70 weiterer Mitarbeiter für Bild Live sowie Ausbau des Programms. Damit beginnt eine Investitionsoffensive in Bewegtbild bei Bild.“
Wie es intern heißt, liefen die Investitionen damit weiter nach Plan. Der Konzern hatte vergangenes Jahr angekündigt, 20 Millionen Euro insbesondere in den Aufbau der Bewegtbild-Aktivitäten zu stecken. Mit 22 Millionen liege man bereits über der Summe, heißt es intern. Bild-Geschäftsführer Lars Moll untermauerte erst vergangene Woche im Interview mit Horizont, auch 2021 weiter ins Bewegtbild-Geschäft zu investieren.
Dennoch scheinen manche Dinge anders zu laufen, als ursprünglich gedacht. Moll sprach im Interview zuletzt davon, acht bis zehn Stunden am Tag senden zu wollen. Noch vor einem Jahr stand das Ziel von 18 Stunden Programm im Raum. Auch die Pläne für die Expansion ins lineare TV-Geschäft klingen weniger großspurig. Moll ebenfalls in Horizont: „Wir prüfen derzeit, auf welchen großen Ausspielplattformen Bild Live 2021 noch stattfinden könnte.“ Dafür, dass Reichelt umplanen muss, spricht auch die jüngste Entscheidung, auf zwei von drei festen Sendeplätzen für die News-Sendung von Bild Live zu verzichten (Medieninsider hatte exklusiv berichtet), um sich mehr auf Breaking-News-Situationen zu konzentrieren.
Eine Aufstellung wie diese macht einerseits flexibler, ermöglicht aber auch, Ressourcen anders einzusetzen. Feste Sendeplätze erfordern feste Beiträge, die vorab produziert werden müssen. Dafür wiederum braucht es ausreichend geschultes und professionelles Personal. Unabhängig der Investitionssumme ist Bild hier noch im Aufbau. Allein für die CvD-Stelle der Bewegtbildaktivitäten hatte man lange Zeit nach der passenden Person gesucht. Mit dem Fokus auf die 18-Uhr-Sendung lassen sich Mittel besser einsetzen.
In ihrer Berichterstattung hatte sich die Berliner Zeitung auf „Personen, die mit dem Projekt vertraut sind“, berufen. Die Zeitung bezieht sich auch auf interne Abrufzahlen der Bild-Live-Sendungen. So habe die Marathon-Sondersendung zur US-Wahl im Schnitt 11.166 Zuschauer erreicht, auf dem Höhepunkt der Sendung zwischen 5.30 und 9.30 Uhr morgens habe man eine Reichweite von 22.440 erzielt. Die Zahlen für die täglichen Live-Sendungen schwankten zwischen 1000 und 3000 Streams. Springer betonte gegenüber der Berliner Zeitung nicht allein auf die Zahl der Live-Zuschauer bei Bild.de zu schauen, sondern die Views insgesamt. Dazu zählen die Zuschauer über mehrere Plattformen hinweg. Hinzu kommen spätere On-Demand-Zuschauer.
Reichelt kündigte in seiner internen Stellungnahme an, die Berichterstattung noch einfach hinnehmen zu wollen und juristische Schritte einzuleiten.
Update, 7. Dezember 2020, 13.35 Uhr:
Am Freitag versendete eine von Axel Springer beauftragte Kanzlei ein „presserechtliches Informationsschreiben“, um die uneingeordnete Weiterverbreitung der Informationen über eine angebliche Aufsichtsratssitzung zu unterbinden. Darin unterstrich die Kanzlei erneut, dass auf einer Vorstandssitzung ein Investitionsvolumen von 22 Millionen Euro bestätigt worden sei. Die Berliner Zeitung hat ihre Berichterstattung mittlerweile korrigiert.
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