Hallo Medieninsider!
schön, dass du dabei bist! Hier deine kurze Übersicht, was dich unter anderem im Lese-Letter erwartet:
► Jakob Augstein über die Corona-Berichterstattung der Medien, Cancel Culture und seinen Twitter-Ausstieg
► Bild streicht fixe Sendeplätze von Bild Live
► Google und die Showcase-Verlage
► Washington Post steuert auf drei Millionen Digital-Abos zu
► Die Nachteile von Substack
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Augstein steigt aus
Jakob Augstein will nicht in die Hölle kommen. Und deshalb steigt er aus – zumindest bei Facebook und Twitter. Denn die sozialen Netzwerke, sagt er, führen in den Abgrund. Seine 260.000 Twitter-Follower hat er hinter sich gelassen und mit ihnen eine Welt, die er als „bösartig, unsachlich, flach, geifernd, affirmativ und akklamatorisch“ beschreibt.
Seit über einem Monat lebt der Spiegel-Anteilseigner und Verleger des Freitag die Social-Media-Abstinenz. Im Interview erklärt er, was ihn nach zwölf Jahren dazu bewogen hat – und weshalb die Corona-Krise ihm „den Rest“ gegeben habe.
Wir sprechen im Interview aber nicht nur über die sozialen Netzwerke, sondern auch den Journalismus – speziell über die Berichterstattung in der Corona-Krise. Augstein spricht von einer „Gleichrichtung der Medien“, einem Medienversagen, das in den sozialen Medien begünstigt worden sei. Bereits jetzt sei zu beobachten, dass sich Journalisten, wie schon bei der Flüchtlingskrise, im Nachgang entschuldigen.
Ich habe Augstein auch gefragt, ob er sich nur zurückziehe, weil es ihn genervt hat, dass viele Menschen anderer Meinung waren als er – und ob er Sorge hat, in die Populisten-Ecke gedrängt zu werden. Wir sprechen auch über Cancel Culture, zu der er erklärt: „Ich halte sie für Unsinn, aber für einen womöglich notwendigen.“
Das komplette und ausführliche Interview kannst du als Medieninsider hier lesen.
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Bild baut TV-Programm um – und streicht Sendeplätze
Wer sich für die Transformation der Medien interessiert, kommt an Bild nicht vorbei. Chefredakteur Julian Reichelt verfolgt die Mission, die große Boulevardmarke zum multimedialen Powerhouse umzubauen – inklusive eigenem TV-Programm, das irgendwann einmal 18 Stunden täglich enthalten soll. Zur US-Wahl hat Bild gezeigt, wozu sie in der Lage ist. Im Alltag aber ist der Weg deutlich beschwerlicher. Und hier gilt: Probieren geht über studieren. Von den bislang drei täglich fest eingeplanten Bild-Live-Ausgaben wird es zukünftig nur noch eine geben. Was der Bild-Chef stattdessen vor hat, kannst du als Medieninsider hier lesen.
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Mehr News & Entdeckungen aus der Woche
zusammengetragen von Florian Boldt
Berichterstattung über Google: Showcase-Verlage üben sich in Zurückhaltung
Medien, die von Google Geld für das neue Showcase-Format erhalten, haben nicht über die kritische Google-Studie der Otto-Brenner-Stiftung berichtet, wie die taz beobachtet. Gleichzeitig seien kritische Berichte, beispielsweise der Welt in den Suchergebnissen von Google nicht aufgetaucht – in alternativen Suchmaschinen allerdings schon. Ein Sprecher dementierte, dass Google aktiv eingegriffen habe. Für das neue Google News-Produkt Showcase schüttet Google in drei Jahren eine Milliarde Dollar an Medien aus. Teilnehmende Redaktionen bespielen die News-App gezielt mit ihren Inhalten. 20 deutsche Verlage nehmen teil. Damit greift Google auch dem Dauerthema Leistungsschutzrecht vor. Mehr dazu findest du hier. Die Studie kannst du hier nachlesen.
Daily-News-Formate machen nur einen Prozent der Podcasts aus – aber zehn Prozent der Downloads
Tägliche Nachrichten-Formate machen nur einen Prozent der gesamten Podcasts aus, erfreuen sich aber großer Beliebtheit. Das schreibt das Reuters Institute in einer aktuellen Analyse, für die es 102 Nachrichten-Podcasts in sechs Ländern untersucht hat. Allein in den USA entfielen zehn Prozent aller Downloads auf Daily-News-Formate, in Frankreich sind es neun Prozent. Der deutsche Markt wurde nicht untersucht. Die Formate würden vor allem junge Erwachsene erreichen: In Großbritannien etwa sei das Podcast-Hören unter 35-Jährigen viermal so wahrscheinlich wie bei den über 55-Jährigen. Die gesamte Studie kannst du hier nachlesen.
Deine Adresse für Vertraulichkeit
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Washington Post steuert auf drei Millionen Digital-Abos zu
Die Washington Post steht kurz davor, die Marke von drei Millionen Digital-Abonnenten zu knacken, berichtet Axios. Damit liege die WashPo 50 Prozent über Vorjahr, im Vergleich zu 2016 hätte sie ihren Abo-Stamm damit mehr als verdreifacht. Im Vergleich zur New York Times, die ein ähnliches Wachstum verzeichnet, setze die Washington Post stärker auf die Entwicklung ihrer Back-End-Technologie, unter anderem, um die Abo-Abschlüsse einfacher zu gestalten. Antreiber dessen sei WashPo-Eigentümer Jeff Bezos. Mehr Details findest du hier.
1300 neue Mitglieder: Krautreporter hat Crowdfunding-Ziel erreicht
Krautreporter hat sein Ziel von 1.300 neuen Abonnenten erreicht. Das Digitalmagazin hatte vor zwei Wochen die „Krise“ ausgerufen, nachdem die Abonnentenzahlen seit Mai rückläufig waren. Mit den neuen Mitgliedern zählt das Unternehmen 15.000 Unterstützer, die es für die Tragfähigkeit benötigt. Allerdings, so Chefredakteurin Theresa Bäuerlein, hätten von den Probeabonneten bereits wieder welche gekündigt.
Apple erlaubt flexible Preise und gezielte Rabatte im App Store
App-Publisher bekommen von Apple mehr Möglichkeiten zur flexiblen Preisgestaltung. Seit einigen Tagen ist es erlaubt, Rabattcodes für Sonderangebote anzubieten. Verlage können nun auf bestimmte Zielgruppen ausgerichtete Angebote ausspielen und ihre digitale Abonnementstrategie erweitern. Bis zu zehn verschiedene Angebote dürfen im App Store gleichzeitig aktiv sein. Außerdem zieht Apple ab Januar generell 15 Prozent der Abo-Einnahmen ein, bisher bekam Apple im ersten Abo-Jahr noch 30 Prozent Provision. Mehr zum Thema findest du hier.
Snapchat will mit Spotlights TikTok Konkurrenz machen
Snapchat hat eine neue Funktion für alle Nutzer ausgerollt. Die neuen Spotlights sind kurze Videos, die stark an TikTok oder Instagram-Reels erinnern. Eine Kommentarfunktion gibt es nicht, aber die Videos können geliked und mit anderen Nutzern geteilt werden. Für Nutzer gibt es auch einen finanziellen Anreiz: Zum Start verteilt Snapchat bis zum Jahresende jeden Tag eine Million Dollar für die erfolgreichsten Spotlights. Mehr zum Thema findest du hier.
Mediengruppe RTL transformiert sich ohne Tanit Koch weiter
Die Mediengruppe RTL und Tanit Koch, erst im März 2019 zum Unternehmen gewechselt, gehen wieder getrennte Wege. Bevor RTL die offenbar komplexe Personalie selbst verkünden konnte, sickerte die Info an Dwdl und das Hamburger Abendblatt durch. Die Zentralredaktion, die Koch neben ihrer Tätigkeit als Geschäftsführerin von n-tv aufbauen und verantworten sollte, wird nun mit vier Sparten-Chefredakteuren, aber ohne übergeordnete redaktionelle Führung starten.
Neues aus dem Personalticker:
► Welt: Thore Barfuss wird Nachrichtenchef, Franziska Zimmerer übernimmt Social Media
► Zeit Magazin: Maria Exner wird Chefredakteurin, Christoph Amend wird Editorial Director
► Johanna Bruckner wechselt von der SZ zur dpa
► Neue Presse: Carsten Bergmann wird Chefredakteur
► Vox-Gründer Ezra Klein wechselt zur New York Times
Lesetipp
Vielleicht erinnerst du dich: Vor einiger Zeit hatte ich mich intensiver mit dem Trend auseinandergesetzt, dass Journalisten ihre Arbeitgeber verlassen, um sich selbstständig zu machen. Newsletter statt Verlag ist das Motto. Der Artikel beschreibt die Motive von Journalisten und Autoren, neue technische und wirtschaftliche Möglichkeiten, setzt sich mit den Chancen auseinander.
Clio Chang hat bei Columbia Journalism Review jetzt eine passende Ergänzung des Themas geliefert. Ihren Text über die „Substackeritis“ möchte ich dir diese Woche empfehlen. Er befasst sich ausführlich mit den Nachteilen des Micro-Publishings (viele Arbeitsstunden, hoher Aufwand, hohe Belastung, „isoliertes Arbeiten“).
Chang schreibt: „Das ist das Paradoxe an Substack: Es bietet einen Ausweg aus dem Newsroom – dem dortigen Rassismus, der Belästigung oder dem Geier-Kapitalismus –, den man aber ganz allein beschreiten muss.“
Chang geht auch auf die entsprechenden Herausforderungen ein, mit denen sich Substack als Infrastruktur-Anbieter für Newsletter derzeit auseinandersetzt, um ein gesundes Ökosystem für Micropublishing zu werden.
So kündigten die Gründer große Investitionen in „Dienstleistungsprogramme“ an (für Gesundheitswesen, persönliche Finanzen, Redaktion, Vertrieb, Design), auch die Diversität soll gefördert werden. Chang geht auch der Frage nach, ob das durch Risikokapital finanzierte Unternehmen Profit nicht über Journalismus stellen könnte (Stichwort Cancel Culture).
Ob Substack am Status-quo in der Medienindustrie und den Umständen für Journalisten nachhaltig wirklich etwas ändern wird, so Chang, hänge vom Selbstverständnis ab: Will Substack Plattform oder Medienunternehmen sein? Bislang, so geben es ihr die Gründer zu verstehen, sehen sie sich als erstes.
Clio Changs sehr ausführlichen Beitrag kannst du hier nachlesen.
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Anregungen und Feedback kannst du jederzeit mit direkt schicken. Antworte einfach auf die Mail oder schreib wann immer du willst an marvin@medieninsider.com.
Hab noch eine schöne Woche!
Viele Grüße sendet dir
Marvin