Causa Süddeutsche: Chefredakteur Krach bedauert Suchaktion nach Quellen

Auf der Suche nach Quellen von Medieninsider stellte die Süddeutsche ihre Redaktion unter Generalverdacht und durchleuchtete die Kommunikation ihrer eigenen Journalisten. Hier sammeln wir die Reaktionen und neueste Entwicklungen in der Causa:

14. Februar: SZ-Chefredakteur Wolfgang Krach bedauert Suchaktion

Der Spiegel berichtet unter Berufung auf eine Redaktionskonferenz von Mittwoch, dass Wolfgang Krach sein Bedauern über die Suchaktion nach Quellen von Medieninsider zum Ausdruck gebracht habe. Der Chefredakteur der SZ bestätigt dies dem Nachrichtenmagazin mit eigenen Zitaten. Zwar spricht er dabei noch immer von der Verletzung eines Redaktionsgeheimnisses, erkennt aber an, dass „es nicht verhältnismäßig gewesen“ sei, „mithilfe technischer Mittel nach demjenigen zu suchen, der diese Informationen nach außen weitergegeben hat“.

Man habe damals aus „Empörung“ gehandelt und dabei außer Acht gelassen, dass die Suche vor allem als investigativ arbeitendes Medienhaus als Doppelmoral interpretiert werden könne. Dabei spricht Krach weiterhin von „wir“ als „Opfer eines solchen Angriffs“.

8. Februar: Netzpolitik.org erkärt, wie die SZ ihre Suchaktion verharmlost

Bei Netzpolitik.org beschreibt Daniel Moßbrucker, wie die Süddeutsche Zeitung die Durchsuchung ihrer Mitarbeiterkommunikation verharmlost. „Wer Metadaten analysiert, handelt nicht zurückhaltend“, schreibt der Experte über die „Überwachungsfalle“. Gleichzeitig geht der Journalist auf die schwierige Abwägung zwischen Redaktionsgeheimnis und öffentlichem Interesse an den internen Vorgängen bei der SZ ein.

7. Februar: SZ benennt Prüfungskommission

Die SZ informiert in eigener Sache über die Besetzung der externen Kommission, die die Arbeit von Alexandra Föderl-Schmid überprüfen soll. Demnach werden ihr der ehemalige Spiegel-Chefredakteur Steffen Klusmann genauso angehören wie Henriette Löwisch, Leiterin der Deutschen Journalistenschule, wie auch der Journalistik-Professor Klaus Meier. Die Kommission soll sich auf Artikel konzentrieren, die Föderl-Schmid für die Süddeutsche Zeitung verfasst hat. Dabei geht es um die Frage, „ob Föderl-Schmid beim Verfassen von Texten unsauber mit Quellen umgegangen ist und dadurch journalistische Standards verletzt hat“, so die SZ. Föderl-Schmids Doktorarbeit soll die Uni Salzburg prüfen.

7. Februar: Zeit Online macht die Plagiatsdebatte auf

Bei Zeit Online greift Götz Hamann die Debatte um den Plagiatsverdacht gegen Alexandra Föderl-Schmid auf, berichtet über neue Vorwürfe und geht dabei auf die Frage ein, wo im Journalismus aus unsauberen Zitierungen Plagiate werden. Unter anderem schreibt er:

„Aus dem Fall von Alexandra Föderl-Schmid könnte insofern eine produktive Debatte über den aktuellen Nachrichtenjournalismus entstehen: Ob etwas, das vielerorts über Jahre hingenommen wurde, heute noch standesgemäß ist.“

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7. Februar 2024: NZZ über über die „Krise einer Qualitätszeitung“

In der NZZ analysiert Benedict Neff unter der Überschrift Die Hochtrabenden, wie die Süddeutsche Zeitung eine Form des Journalismus verurteilt, die sie selbst betreibe. Zudem schreibt der Feuilleton-Chef:

„Der Aktivismus, um den Informanten ausfindig zu machen, war unverhältnismässig. Vor allem zeigt er aber, wie die SZ-Medienprofis die Dynamik einer medialen Öffentlichkeit nicht verstehen.“

6. Februar 2024: Betriebsrat würde Überprüfung der Mitarbeiterkommunikation nicht wiederholen

SZ-Betriebsrat Franz Kotteder erklärt gegenüber der Welt, „aus heutiger Sicht“ von einer Überprüfung der Mitarbeiterkommunikation abzuraten. Der Grund: Das Vorgehen könne zu Missverständnissen führen. Beim bisherigen Vorgehen habe man zudem „rechtlich keine andere Wahl“ gehabt. Dabei unterstellt der Betriebsrat weiter eine Straftat.

6. Februar 2024: Uwe Vorkötter findet SZ-Verhalten „unwürdig“

Auf LinkedIn bezieht Horizont-Herausgeber Uwe Vorkötter Stellung zu den Vorwürfen gegen die SZ: „Es geht um einen Plagiatsfall, nicht mehr. Den könnte man aufklären, bei Bedarf Konsequenzen ziehen, fertig. Das ist dieser Zeitung unwürdig.“

6. Februar 2024: Berliner Zeitung berichtet von „seltsamen Anwaltsbriefen“

Die Berliner Zeitung berichtet in eigener Sache über anwaltliches Vorgehen gegen die Berichterstattung der Tageszeitung. Herausgeber Michael Maier schreibt von „seltsamen Anwaltsbriefen“, die an Medien versandt worden seien. Darin fordere die Süddeutsche dazu auf, Teile der Berichterstattung zu löschen. Die Veröffentlichungen von Medieninsider sind hingegen nicht beanstandet worden.

6. Februar 2024: Hajo Schumacher fordert neue Chefredaktion der SZ

Diese aktuellen Entwicklungen kommentierte am Dienstag Hajo Schumacher. Der bekannte Kolumnist und ehemalige Herausgeber der Medienzeitschrift V.i.S.d.P. twitterte:

5. Februar 2024: Föderl-Schmid zieht sich aus Tagesgeschäft zurück

Laut Angaben der SZ zieht sich Föderl-Schmid, deren Unstimmigkeiten in Artikeln am Anfang der Affäre stehen, vorläufig aus dem Tagesgeschäft zurück. Das berichtete zunächst der Spiegel. Die SZ schreibt:

„Mit der Prüfung der Vorwürfe gegen Alexandra Föderl-Schmid hat die SZ am 5. Februar 2024 eine externe Kommission beauftragt. Zudem hat Föderl-Schmid am selben Tag die Universität Salzburg gebeten, ihre Dissertation zu prüfen. Grund dafür ist, dass der Salzburger Kommunikationswissenschaftler Stefan Weber nach eigener Darstellung ‚Plagiatsfragmente‘ in der Dissertation festgestellt hat, die Föderl-Schmid dort 1996 eingereicht hatte. Bis zum Abschluss dieser Prüfungen wird sich Föderl-Schmid aus dem operativen Tagesgeschäft der SZ zurückziehen.“

Über die von Weber gefundenen Verdachtsfälle berichtete im Anschluss zuerst das Nius ausführlich. Anschließend klärte der Spiegel darüber auf, dass das Portal, das rund um den ehemaligen Bild-Chefredakteur Julian Reichelt entsteht, Weber mit der Überprüfung der Plagiate beauftragt hat.

5. Februar 2024: Medienberichte: Von Skandal bis Kritik

In Publikumsmedien wurde die Medieninsider-Berichterstattung zunächst neutral aufgenommen, größere Meinungsäußerungen blieben aus. Tendenzen lassen sich lediglich in den Überschriften erkennen. So spricht die Berliner Zeitung von einem „Skandal bei der Süddeutschen Zeitung“, das RND sieht in den Vorgängen Spionage. Wertungsfreier berichteten der Spiegel, die NZZ, T-Online und der Focus. Der österreichische Standard wählte den jüngsten Verteidigungstext der SZ als Aufhänger. 

Bild kommentiert die „Maulwurf“-Jagd der SZ deutlicher: „Quellenschutz ist das Recht von Journalisten, ihre Informanten geheim zu halten, u.a. um sie vor Repressionen zu schützen. Im Journalismus ein heiliges Prinzip. Die SZ betont es häufiger und macht sich für ‚Whistleblower‘ stark, die auf Missstände hinweisen – in diesem Fall sieht man es offenbar anders.“

Mit der Debatte rund um das Vorgehen der Süddeutschen Zeitung hat sich auch der Deutschlandfunk beschäftigt. Dafür sprach Mediasres mit Dennis Amour, dem Geschäftsführer des Bayerischen Journalistenverbands, der ein gemischtes Bild zeichnete.

5. Januar 2024: Social-Media-Echo: Bestürzung und Vorwurf der Doppelmoral

Auf Social Media meldeten sich zahlreiche Journalisten und Medienvertreter zu Wort, darunter Welt-Investigativchef Tim Röhn, der ehemalige Welt-Chefredakteur und NZZ-Deutschlandgeschäftsführer Jan-Eric Peters und Spiegel-CvD Jonas Leppin. Der ehemalige Geschäftsführer der digitalen Medien der SZ, Johannes Vogel, zeigte sich auf LinkedIn bestürzt, nannte das Vorgehen „unfassbar“ und schrieb: „Mir fehlen die Worte.“ Anton Rainer, Medienjournalist und stellvertretender Kultur-Ressortleiter beim Spiegel, schrieb auf Threads: „Was die Chefredaktion der SZ hier betreibt, wirkt vertrauensschädigender, als es jeder vermeintliche oder echte ‚Maulwurf‘ jemals sein könnte.“ Zahlreiche Medienschaffende verbreiteten die Recherchen von Medieninsider ohne Kommentar weiter. Darunter der Medienjournalist Stefan Niggemeier oder Jan Böhmermann.

Andere werfen der Süddeutschen Zeitung Doppelmoral vor. So weist Bild-Chefredakteurin Marion Horn darauf hin: „Nur fürs Protokoll: ⁦SZ ist die Redaktion, die sich in Artikeln damit rühmt, bei Bild mitzuhören, was wir intern besprechen.“ Focus-Kolumnist Jan Fleischhauer twitterte: „Aber beim nächsten Mal, wenn es um Datenschutz in der Wirtschaft geht, ist die SZ wieder ganz vorne dabei, wenn es darum geht, Verstöße anzuprangern. Keine Sorge.“ Armin Wolf, der die österreichischen Nachrichten ZiB 2 moderiert und als stellvertretender Chefredakteur Fernsehinformation beim ORF arbeitet, empfindet das Vorgehen der Süddeutschen als „wirklich schräg“.

Journalist und Berater Marcus Schwarze fokussiert sich in seiner Reaktion auf die Mitarbeiter der Süddeutschen, die durch den Betriebsrat verraten sieht: „Würde nur ich als Redaktionsmitglied daraufhin jetzt eine Anzeige erstatten?“

5. Februar 2024: Reporter ohne Grenzen: „Quellenschutz in Gefahr“, DJV sieht Image beschädigt

Die erste Reaktion auf die Berichterstattung von Medieninsider schickte Reporter ohne Grenzen als Agenturmeldung heraus. Darin bezeichnet Vorstandssprecherin Katja Gloger die Vorgänge bei der SZ als „bedenklich“ und fügt an: „Das Vorgehen der SZ-Chefredaktion wirft hinsichtlich des journalistischen Grundprinzips des Quellenschutzes ernsthafte Fragen auf.“ Am Nachmittag unterstrich die Organisation diesen Standpunkt noch einmal in einem Tweet.

Am Montag reagierte der Deutsche Journalisten-Verband. Im Blog schrieb der Pressesprecher der Journalistengewerkschaft: 

„Außer einem dicken Kratzer am Image des Blattes hat sie nichts gebracht. Aber das ist schlimm genug. Wie sicherlich auch die Auswirkungen auf die interne Kommunikationskultur bei der SZ.“

Zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 14. Februar 2024, 16:31 Uhr

Mitarbeit: Marvin Schade

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Kevin Dusch
Kevin Dusch
Kevin Dusch ist seit 2021 freier Redakteur bei Medieninsider. Journalistisch ausgebildet wurde er an der Axel Springer Akademie. Davor standen Stationen bei lokalen Medien seiner Heimat Rostock wie das Rostocker Journal, die Norddeutschen Neuesten Nachrichten und Radio LOHRO. Zwischenzeitlich verantwortete er in der Corporate Publishing-Tochter von Axel Springer verschiedene Text- und Filmproduktionen. Neben Medienthemen interessiert er sich vor allem für Geschichte und Politik.

2 ERGÄNZUNGEN

  1. Schon interessant, dass bewusst der Teil der Stellungnahme der SZ weggelassen worden ist, dass weder Emails noch Telefone abgehört und untersucht worden sind, sondern dass es einen IP Adressen Abgleich gab. Und dass dies alles mit Zustimmung des Betriebsrates auf Grundlage eine Betriebsvereinbarung erfolgt ist.
    Wirklich interessant. Warum wird das nicht erwähnt und korrigiert ? Die große Welle basiert doch schließlich auch explizit darauf, dass Emails und Telefone durchsucht worden sind, hm, spielt hier die Wahrheitsfindung keine Rolle?
    Oder geht es hier doch nur um eine Kampagne der SZ zu schaden und deren Binnenklima zu zerstören?

    Vielleicht sollte man auch inzwischen mal ergänzen, dass Nius den Auftrag zur Prüfung gegeben hat.

    Muss schon toll sein, wenn man sich für eine politische Kampagne von Rechts einspannen lässt.

    Herzlichen Glückwunsch dazu

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