Kristin Schulze: Journalismus wird nicht mehr nur von Journalisten gemacht

2020 war für die Medienbranche ein herausforderndes Jahr. In dieser Serie wollen wir jedoch nicht betrachten, was war. Wir wollen darauf schauen, was kommt. Wir haben unterschiedliche Branchenexperten gefragt, was 2021 wichtig wird. Sie schreiben über allgemeine Trends und darüber, was sie in ihren Fachgebieten erwarten. Kristin Schulze, Head of Academic Affairs an der FreeTech Academy, in welche Richtung sich die Journalistenausbildung entwickeln wird – und mit der Frage, wann und wo Spezialisten oder Generalisten gefragt sind.

Von Kristin Schulze

Schon in meiner Studienzeit wurde darüber gestritten, ob JournalistInnen nun Generalisten oder Spezialisten sein sollten. Eine endgültige Antwort auf diese Frage wird es wohl nie geben, aber gerade Corona lehrt uns eines: Inhaltlich müssen JournalistInnen spezialisiert sein, sie sollten eine Nische haben, die sie wirklich besetzen können. Gerade jetzt merken wir, wie wichtig etwa fundierter Medizinjournalismus ist.

JournalistInnen brauchen einen Blick für Produktentwicklung

Technisch allerdings müssen JournalistInnen in Zukunft noch mehr in der Lage sein, multimedial zu arbeiten. Es gibt eben kein Video, das sich nicht auch noch als Podcast umsetzen ließe, um noch mehr User zu erreichen, und es gibt keinen Kommentar, der nicht auch als Aufsager funktionieren würde.  

2021 wird das Jahr, in dem sich JournalistInnen für Produktentwicklung interessieren – und interessieren müssen. Bereits in der Vergangenheit haben einige von uns an der Schnittstelle zwischen Inhalten, Entwicklung und Design gearbeitet. Einzelfälle werden nun aber Standard.

Interdisziplinarität wird neue Normalität im Newsroom. Kleine, flexible Teams mit einem breitgefächerten Skillset werden Themen treiben und sie ganz neuartig erzählen können. Journalismus wird heute nicht mehr nur von JournalistInnen gemacht, sondern gemeinsam mit Tech-ExpertInnen. Die Möglichkeiten dafür sind endlos – von Deepweb-Recherche und Fake News Detection über automatische Textgenerierung (die Zeit für andere, wichtigere Aufgaben ermöglicht, zum Beispiel für Themenfindung und investigative Recherche) bis zur personalisierten Content-Distribution. Die FreeTech Academy hat sich dieser neuen Entwicklung verschrieben. 

Personal Branding: Der Druck muss raus

„Personal Branding” war eines der Buzzwords des vergangenen Jahres. LinkedIn, Twitter, Instagram, Blog und jetzt auch noch Clubhouse – am besten alles gleichzeitig, damit man zur eigenen Marke wird. Nicht falsch verstehen: Ich halte Sichtbarkeit auch weiterhin für extrem wichtig, aber ich finde, der Druck muss raus. Es gibt viele KollegInnen, die sich nicht so gerne exponieren, die lieber im Hintergrund bleiben wollen. Genau die haben 2021 ihre große Chance. Wenn das vergangene Jahr uns eines gelehrt hat, dann, dass es Teamplayer braucht, KollegInnen, die einander unterstützen.    

Die Voraussetzung für all diese Chancen ist aber eine Tugend, die gestern, heute und morgen im Journalismus unverzichtbar ist: Leidenschaft. Journalismus ist für mich und so viele andere der beste Beruf der Welt – es lohnt, sich ihm mit ganzem Herzen zu verschreiben. 


Mehr Medientrends in unserer Serie: Wir haben eine Vielzahl von Branchenexperten nach ihren Erwartungen für 2021 gefragt. Erfahre zum Beispiel, welche Trends Medieninsider-Kolumnistin Alexandra Borchardt, US-Journalist Brian Morrissey oder Lina Timm von Medien.Bayern erwarten.

Bisher sind in der Serie Medientrends 2021 erschienen:

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