2020 war für die Medienbranche ein herausforderndes Jahr. In dieser Serie wollen wir jedoch nicht betrachten, was war. Wir wollen darauf schauen, was kommt. Wir haben unterschiedliche Branchenexperten gefragt, was 2021 wichtig wird. Sie schreiben über allgemeine Trends und darüber, was sie in ihren Fachgebieten erwarten. Brian Morrissey über eine Zukunft ohne Donald Trump und die mediale Nische.
Von Brian Morrissey
Im Jahr 2020 befanden sich die Medien im Triage-Modus und taten, was sie tun mussten – Personal abbauen, verlagern, reorganisieren – um durchzustehen. 2021 verspricht, wenn der Impfstoff auf breiter Front zum Einsatz kommt, wieder zur Normalität zurückkehren zu können, dass sich die Wirtschaft zu erholen beginnt. Worauf zu achten ist:
Die K-förmige Erholung
Frühe Hoffnungen auf eine V-förmige Erholung haben sich nicht erfüllt. Genauso wenig wie die gepriesene U-förmige Erholung. Stattdessen haben wir eine K-förmige Erholung gesehen, bei der es den Reichen gut geht. Boomende Aktienmärkte haben ihren Reichtum anschwellen lassen, während sie die Pandemie in ihren Ferienhäusern abgewartet haben. All das, während die arbeitende Klasse im besten Fall in 60-Stunden-Wochen zu Zoom-Zombies geworden ist oder – schlimmer – krank wurde, weil sie Arbeiten erledigt hat, die eben nicht von zuhause gesteuert werden konnten. Auch in den Medien werden die Starken gestärkt aus der Krise hervorgehen.
Diejenigen, die mit starken Bilanzen und starken Geschäftsmodellen in die Krise gegangen sind – man denke an die New York Times, die Financial Times, Business Insider – werden hohe Gewinne erzielen. Die schwächeren Spieler, die von den Starken um Talente gebracht wurden, werden weiter leiden.
Auf die Trump-Bump folgt der Trump-Slump
Der baldige Ex-Präsident Trump hatte mit einer Sache recht: Er war sehr gut für das Nachrichtengeschäft. Die Verlage verkauften mehr Abonnements, die Fernsehsender erfreuten sich höherer Einschaltquoten dank der Wendungen, des Dramas und der Farce, die alle in der „Trump Show“ verpackt waren. Diese Sendung wurde für die Saison 2021 abgesetzt und hinterlässt die Medien ohne einen karikaturistischen Bösewicht, der zuverlässig Futter für eine „must-read“- und „must-see“-Berichterstattung lieferte. Die Biden-Administration verspricht einen Schwenk zum Langweiligen. Kämpfe über Haushaltsdefizite und Infrastrukturausgaben verkaufen sich nicht so gut.
Nischenmedien gehen auf
Die Pandemie war ein großer Trend-Beschleuniger. Sie hat unbestreitbar das Ende der Skalen-Ära der digitalen Medien beschleunigt, da monolithische, werbeabhängige Unternehmen vernichtet wurden. Im Jahr 2021 werden Nischenmedien in den Mittelpunkt rücken und ein seltenes Wachstumsfeld darstellen. Egal, ob es sich um themenfokussierte Substacks von Superstar-Autoren oder um leidenschaftlich getriebene Bereiche wie eSports oder B2B-Medien handelt – Nischenmedien werden auch im Jahr 2021 erfolgreich sein.
Mehr Medientrends in unserer Serie: Wir haben eine Vielzahl von Branchenexperten nach ihren Erwartungen für 2021 gefragt. Erfahre hier zum Beispiel, welche Trends Philipp Westermeyer von OMR oder Lina Timm von Medien.Bayern erwarten.
Bisher sind in der Serie Medientrends 2021 erschienen:
- Nina Schoenian (Trafo Media): Vertikalisieren und verbinden
- Philipp Westermeyer (OMR): Paid-Podcasts als Nische in der Nische
- Henriette Löwisch (DJS): Kein Jahr mehr für Egoshooter
- Ole Reißmann (Der Spiegel): Raus aus den Silos
- Lina Timm (Media Lab Bayern): Wie Innovationen 2021 gedacht werden
- Brian Morrissey: Auf die Trump-Bump folgt der Trump-Slump
- Alexandra Borchardt: Der digitale Wandel ist ein Kulturwandel
- Morten Wenzek (Bild): Social als Treiber für Paid Content
- Alexander Drößler (Nordkurier): Es gibt nicht nur eine Zielgruppe
- Dirk Benninghoff (FischerAppelt): Haltung wird kein USP mehr sein
- Tor Jacobsen (Schibsted): Das Bundle gewinnt an Bedeutung
- Clemens Hammacher (Piano): Konzentration auf die Churn-Rate
- Tobias Schiwek (Divimove): Das Jahr der Orientierung
- Adam Singolda (Taboola): Unendliche Feed-Konstrukte
- Simon Hurtz (Social Media Briefing): Der Substack-Boom wird viele enttäuschen
- Kristin Schulze (FreeTech Academy): Journalismus wird nicht mehr nur von Journalisten gemacht
- Matthias Bannert (Medieninsider): Es wird leichter, mit Content im Netz Geld zu verdienen
- Marvin Schade (Medieninsider): 2021 ist richtige (!) Führung gefragt – Medieninsider
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