Hallo Medieninsider!
Schön, dass du dabei bist! Was dich in dieser Woche im Lese-Letter unter anderem erwartet:
► Weshalb Springers Upday zukünftig nicht mehr Facebook News kuratieren wird und wer stattdessen übernimmt
► Weshalb die Pandemie zu keinem „media extinction event“, wohl aber zu einem „media empowerment event“ geworden ist
► Was die Gründe für die On-Off-Beziehung von Julian Reichelt und dem Spiegel sind
► Welche Medientrends der US-Journalist Brian Morrissey erwartet
► Was die jüngsten Medien-Deals in den USA über die Entwicklung des Qualitätsjournalismus aussagen
Der Bundesverband der Digitalpublisher und Zeitungsverleger hat ein turbulentes Jahr 2021 erlebt. Da war beispielsweise die vor Ablauf der Legislaturperiode geplatzte Presseförderung, für die nun neu lobbyiert werden muss. Dann war da der angeschlagene Lobby-Präsident Mathias Döpfner, der sich nach seiner umstrittenen SMS an Benjamin von Stuckrad-Barre vor seinen Verleger-Kollegen verteidigen und rechtfertigen musste.
Und dann wurde der BDZV auch noch Showbühne für einen hinter den Kulissen eskalierenden Streit zwischen Verlagen und Axel Springer mit Blick auf Facebook und dessen Nachrichtenangebot Facebook News.
Viele in der Branche waren aufgebracht darüber, dass Springer nicht nur einen lukrativen Lizenzdeal mit dem US-Konzern schloss, sondern über die Springer-Tochter Upday auch noch den Auftrag zur Kuratierung von Facebook News einheimste.
Döpfner musste – auch im Interesse des Verbands – die Wogen glätten. Er stellte in Aussicht, den umstrittenen Auftrag wieder abzugeben. Medieninsider hatte bereits im Juni vergangenen Jahres zuerst über das Politikum und Döpfners Eingeständnis berichtet. Seitdem war es in der Sache still geworden – bis jetzt.
Heute gibt Facebook bekannt, die Verantwortung für die Kuratierung seines News-Angebots in neue Hände zu legen. Ab April wird nicht mehr Springers Upday redaktionell tätig sein, sondern die Deutsche Presse-Agentur. Marvin kennt bereits alle Details und hat mit dpa-CEO Peter Kropsch gesprochen. Den Artikel kannst du als Medieninsider hier lesen.
Nach Verleger-Protest: Springers Upday macht kein Facebook News mehr
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Theodor-Wolff-Preis 2022: Meisterstücke gesucht
Meisterstücke gesucht! Sie haben einen tollen Beitrag? Wir hätten die passende Würdigung: Der Journalistenpreis der Digitalpublisher und Zeitungsverleger – Theodor-Wolff-Preis ist die renommierteste Auszeichnung, die die Zeitungsbranche zu vergeben hat. Der BDZV ehrt damit zum 60. Mal Autorinnen und Autoren, die „das Bewusstsein für Qualität und Verantwortung journalistischer Arbeit lebendig erhalten“.
Prognosen und Prophezeiungen sind mit Vorsicht zu genießen, denn nicht immer gehen sie auf, wie die Entwicklung des Mediengeschäfts während der Corona-Pandemie zeigt. Eine Depression macht sich kaum bemerkbar, im Gegenteil. Die Pandemie ist kein „media extinction event“ geworden, sondern ein „media empowerment event“. Das liegt auch daran, dass Journalisten ihr eigenes Geschäft nun besser verstehen. Und nicht nur das: Sie handeln endlich. Mehr erfährst du in meiner Kolumne. Du kannst sie als Medieninsider hier lesen.
Der Journalist als Verkäufer – mehr davon!
Das Oberlandesgericht Hamburg hat den zuletzt verbotenen Spiegel-Artikel „Vögeln, fördern, feuern“ über den ehemaligen Bild-Chef Julian Reicheltwieder zur Veröffentlichung zugelassen. Es ist die mittlerweile dritte Entscheidung in diesem Verfahren, das vor allem durch juristische Spitzfindigkeiten auffällt. Worum es in dem Streit geht, welche Fragen offen bleiben und wie es nach der jüngsten Entscheidung weitergehen könnte, hat Marvin übersichtlich zusammengefasst. Seinen Artikel kannst du als Medieninsider hier lesen.
On-Off-Beziehung: Darum ist der Spiegel-Bericht über „das System“ Reichelt wieder online
Susanna Riethmüller: Zeit für echte Diversität
Die Chefredakteurin des Wirtschaftsmagazins Strive erwartet im kommenden Jahr ein neues Verhältnis zu Diversität.
Brian Morrissey: Aufspaltung des Markts
Der US-Medienjournalist und Herausgeber von The Rebooting teilt seinen Blick auf die Marktkonsolidierung, Werbeumsätze, Paid Content und Fachkräftemangel.
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Diese Trends prägen 2022 die Medienlandschaft
Technologie & Innovation ist einer der großen Treiber für aktuelle Medientrends: Next Level Internet, Community Centricity und synthetische Medien. An welchen Themen die Branche im neuen Jahr nicht vorbeikommt, erfährst du auf der Website des MedienNetzwerk Bayern.
Hermance Grémion: Weg vom Top-Down-Journalismus
Die Leiterin Innovationstransfer beim MIZ Babelsberg erwartet eine neue Form der Kommunikation zwischen Medien und ihrem Publikum.
Alexander Drößler: Offener und radikaler denken
Der Zuständige für die digitale Transformation beim Nordkurier über seine Erwartungen an das neue Jahr.
Mehr News & Entdeckungen aus der Woche
zusammengetragen von Kevin Dusch
Springer verliert vor Gericht gegen Adblocker-Anbieter
Das Landgericht Hamburg hat eine Klage von Axel Springer gegen AdBlock Plus von Eyeo abgewiesen. Der Verlag hatte argumentiert, dass das Produkt gegen das Urheberrecht verstoßen würde, da es in den Programmcode von Websites eingreife. Neben dem Ende der Werbeblockaden zielte Springer auch auf Schadensersatz für verhinderte Werbeabrufe ab. Es ist nicht das erste Mal, dass Springer gerichtlich gegen das Kölner Softwareunternehmen Eyeo vorgeht. Die erste Klage gegen die Firma hinter der Werbeblocker-Software reichte der Konzern bereits 2014 ein. Eine aktuelle Meldung zum Thema vom Spiegel findest du hier.
Steingarts Start-up plant die Expansion
Gabor Steingart plant die Expansion seines Medien-Start-ups Media Pioneer und hat dafür nach eigenen Angaben weitere acht Millionen Euro von seinen Investoren klargemacht – allen voran von Großinvestor Axel Springer, der knapp über ein Drittel der Anteile an der Media Pioneer Publishing AG hält. Mit der frischen Investitionssumme soll das Redaktionsteam von The Pioneer ausgebaut werden, auch sind neue Podcasts in Planung. Auch am Geschäftsmodell arbeitet das Start-up weiter. So soll das Herzstück des Unternehmens, der Newsletter Steingarts Morning Briefing, ab März The Pioneer Briefing heißen und in einer kostenlosen Kurz- sowie einer zahlungspflichtigen Langfassung erscheinen. Einen Beitrag zum Thema von The Pioneer findest du hier.
Nürnberger Presse übernimmt Hersbrucker Zeitung
Der Verlag Nürnberger Presse hat zum 1. Januar die Pfeiffer Verlag und Medienservice GmbH und damit auch die Hersbrucker Zeitung übernommen. Zu den herausgegebenen Produkten gehören auch weitere lokale Print-Titel und die Onlinezeitung n-land.de. Die bisherigen Mitglieder der Geschäftsleitung beim Verlag Nürnberger Presse, Bärbel Schnell und Erika Gassner, sollen den zugekauften Verlag künftig leiten. Der Pfeiffer Verlag wurde vor rund 175 Jahren gegründet und war seither immer im Besitz der Familie Pfeiffer. Eine aktuelle Meldung zum Thema der Nürnberger Nachrichten findest du hier.
Mediahuis übernimmt Aachener Verlagsgesellschaft
Der belgische Konzern Mediahuis hat alle Gesellschaftsanteile an der Aachener Verlagsgesellschaft übernommen. Der Verlag hinter der Aachener Zeitung und den Aachener Nachrichten ist damit das erste deutsche Unternehmen im Portfolio des europaweit tätigen Medienunternehmens. Die Anteile übernahm Mediahuis von den Verlegerfamilien Ernst, Hofmann und Maas, die als Beiräte in der Holding Mediahuis Aachen Holdco auch künftig Teil des Unternehmens bleiben werden. Eine aktuelle Meldung zum Thema in der Aachener Zeitung findest du hier.
Regierung will BBC wirtschaftliche Grundlage entziehen
Die britische Regierung hat angekündigt, die Rundfunkgebühren abzuschaffen, aus denen sich die BBC finanziert. Die Gelder sollen zunächst für die kommenden zwei Jahre eingefroren werden, nach einer leichten Beitragserhöhung dann 2027 ganz gestrichen werden. Die BBC soll die kommenden Jahre nun nutzen, um neue Finanzierungsmodelle mit der Regierung auszuhandeln. Denkbar wären eine Teil-Privatisierung, ein Abo-Modell oder eine Finanzierung aus Steuermitteln. Fraglich ist aber, ob der Beschluss zur Abschaffung der Gebühren Bestand hat, ist er doch mutmaßlich ein Versuch, die öffentliche Meinung des wackelnden Premierministers Boris Johnson aufzupolieren. Der Guardian hat sich mit der medienpolitischen Lage in Großbritannien ausführlich auseinandergesetzt. Den Artikel findest du hier.
Upday expandiert in die USA
Springers News-Aggregator Upday expandiert in die USA. Der Konzern spricht zunächst von einer Testphase zwischen Februar bis April 2022, baut dafür aber vor Ort ein sechsköpfiges Team auf. Der Test soll sich auf den Staat New York beschränken, inhaltlich sowohl allgemein als auch lokal berichten. Chef des neuen USA-Teams wird der neue übergreifende Upday-Chefredakteur Michal Wodzinski, der in seiner neu geschaffenen Position auch für die Redaktionen in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, den Niederlanden, Polen, Schweden und Spanien verantwortlich ist. Die Pressemitteilung von Axel Springer findest du hier.
Axios startet Paid-Angebot und expandiert im Lokalen
Die Nachrichtenplattform Axios erweitert ihre Produktpalette um Paid-Angebote für Professionals. Mit einem Abonnement von Axios Pro erhalten Nutzer Zugriff auf eines der drei Themenfelder „Fintech Deals“, „Health Tech Deals“ und „Retail Deals“. Das Abo für jährlich 599 US-Dollar beinhaltet neben dem täglichen Themen-Newsletter auch Live-Diskussionen zu Breaking News und Events. Künftig soll das Angebot um die Themenbereiche „Climate Deals“ und „Media Deals“ erweitert werden. Einen Komplettzugang zu allen Themenclustern bietet Axios für 1.799 US-Dollar im Jahr an.
Gleichzeitig expandiert das Medienunternehmen mit zunächst 14 US-Städten in den Lokaljournalismus. Abonnenten erhalten in den Testregionen unter anderem einen täglichen Lokal-Newsletter und eine Stadt-eigene News-Website. Axios plant, das Angebot bis zum Sommer auf 25 Städte auszuweiten. Die Ankündigung von Axios zur neuen Lokal-Strategie findest du hier, die Themenseite zu Axios Pro hier.
Lesetipp
Die New York Times kauft The Athletic, Axel Springer übernimmt Politico: Nachrichtenmedien mit erfolgreichen Paid-Modellen und Nischenfokus stehen bei großen Verlagshäusern gerade hoch im Kurs. Und überhaupt: Das Geschäftsmodell Digital-Abo scheint inzwischen aufzugehen. Passend zum Thema gibt es in dieser Woche gleich zwei Lesetipps.
Die Medienjournalistin Sara Fischer hat die erfolgreichen Entwicklungen im Abo-Geschäft zum Anlass genommen, für Axios mal zu fragen: Schließen wir mit solchen Modellen nicht auch Teile der Bevölkerung von Nachrichten aus? Eine interessante Frage auch deshalb, weil Axios selbst mit seinem neuen Modell Axios Pro selbst ein spezielles Angebot für ein besonders kaufkräftiges Nischenpublikum gestartet hat. In ihrer Analyse schreibt Fischer:
► Erste Tendenzen sind sichtbar: Unter Experten wächst die Besorgnis, dass Journalismus bald zunehmend ein reicheres Publikum bedient und andere zurücklässt.
► Kein reines Abo-Problem: Auch kostenlose Medien mit Fokus auf Werbeeinnahmen blicken immer weniger auf ärmere Zielgruppen.
► Öffentliche Alternativen: Mehr öffentlich Nachrichtenangebote könnten eine Lösung sein, um diesen Effekt zu stoppen.
Während manche einst vor Neuartigkeit schillernde Medien-Start-ups in großen News-Konzernen aufgehen, werden andernorts neue gegründet. Diesen Schritt wollen auch die Medienprofis Justin Smith und Ben Smith gehen. Für Politico hat Jack Shafer die Frage aufgeworfen: Sind die klassischen Player auf dem Zeitungsmarkt wirklich so rückständig? Und wie viel von der versprochenen Neuartigkeit können die Neuen liefern? Er meint: wenig.
► Viel Gerede um wenig Neues: Medien-Start-ups müssen allein aus PR-Gründen behaupten, alles neu zu machen. Oftmals ist das Neue aber nur ein neuer Dreh des Bestehenden.
► Bei den Alten ist nicht alles so schlimm: Zwar haben die sogenannten Legacy-Media-Konzerne sicherlich Innovationspotenzial verpasst. Ihren Rückstand holen sie inzwischen aber unter anderem durch Zukäufe auf.
Den ganzen Kommentar von Jack Shafer bei Politico findest du hier, Sara Fischers Beitrag bei Axios hier.
Viele Grüße sendet dir
Alexandra