VDZ-Nachfolger: Ein neuer Medienverband läuft sich warm

Ausgabe #04/2022

Hallo Medieninsider!

Schön, dass du dabei bist! Was dich in dieser Woche im Lese-Letter unter anderem erwartet:

► Was sich in 100 Tagen unter Führung von Johannes Boie bei Bild getan hat 

► Weshalb Publisher die Streaming-Plattform Twitch nicht aufgeben sollten 

► Wer der finanzstarke Mann hinter Julian Reichelts Zukunftsplänen ist 

► Wieso das Ippen-Investigativ-Team geschlossen hinwirft und wie es für das Team um Daniel Drepper und Juliane Löffler weiter geht 

► Was Instagram, TikTok und Substack Neues für Creator planen 

► Wieso der VDZ bald Geschichte ist 


Als Journalist erlebt man viele Tage, von denen man anfangs nicht weiß, wie sie enden werden. Für Johannes Boie war auch der 18. Oktober so ein Tag – nur, dass er weitreichende Folgen haben sollte.

Begann er diesen besagten Montag noch als Chefredakteur der Welt am Sonntag, beendete er den Tag mit einem neuen Job. Innerhalb weniger Stunden wurde Boie, vor seiner zweijährigen Karriere als WamS-Chef Vorstandsassistent von Mathias Döpfner und Redakteur bei der Süddeutschen Zeitung, zum neuen Mann an der Spitze von Bild berufen. Zuvor hatte man Julian Reichelt mitgeteilt, an ihm als Chefredakteur von Bild nicht weiter festzuhalten.

Am Mittwoch dieser Woche leitet Johannes Boie seit nun 100 Tagen die Geschicke des wichtigsten Springer-Titels in Deutschland und zählt damit zu den bedeutendsten Medienmachern des Landes.

Was hat sich seither getan und wohin steuert Deutschlands größtes Boulevardmedium? Zeit für eine erste Bilanz. Sie zeigt: Boie führt Bild spürbar anders als sein Vorgänger, auch die Anforderungen an die Redaktion ändern sich. Anspruch und Realität stehen aber noch nicht im Einklang miteinander.

Meinen Artikel dazu kannst du als Medieninsider hier lesen

Die 100-Tage-Bilanz von Bild-Chef Boie

Johannes Boie, Chefredakteur Bild. Foto: GABO/AXEL SPRINGER SE

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Theodor-Wolff-Preis 2022: Meisterstücke gesucht

Meisterstücke gesucht! Sie haben einen tollen Beitrag? Wir hätten die passende Würdigung: Der Journalistenpreis der Digitalpublisher und Zeitungsverleger – Theodor-Wolff-Preis ist die renommierteste Auszeichnung, die die Zeitungsbranche zu vergeben hat. Der BDZV ehrt damit zum 60. Mal Autorinnen und Autoren, die „das Bewusstsein für Qualität und Verantwortung journalistischer Arbeit lebendig erhalten“.


Erinnerst du dich noch an Twitch? Die Livestreaming-Plattform wurde vor allem durch die Gamer-Szene bekannt und vor einigen Jahren als das Fernsehen 2.0 gefeiert und gehypt. Abgelöst hat es das lineare Programm offensichtlich nicht, vorbei ist der Hype allerdings auch nicht. Twitch ist weiterhin in, vor allem in der jungen Zielgruppe. Und unser Kolumnist Andreas Gebhard meint: Twitch wird absolut unterschätzt – besonders von Publishern. In seiner Kolumne nennt er seine Gründe. Seinen Artikel kannst du als Medieninsider hier lesen

Darum sollten Publisher ihre Twitch-Ambitionen nicht begraben


Bereits seit Wochen arbeitet Julian Reichelt an seiner beruflichen Zukunft, heizt Spekulationen darüber fleißig an. Jüngst bekräftigte er bei Servus TV, eine eigene journalistische Plattform zu gründen und sie zur Medienmarke aufzubauen. Theoretisch kann Reichelt sein Vorhaben alleine umsetzen. Der ehemalige Bild-Chef denkt aber groß und weiß: Mit einem finanzkräftigen Partner funktioniert vieles einfacher. Er hat einen gefunden. Sein Name: Frank Gotthardt. Details dazu findest du in meinem Artikel. Du kannst ihn als Medieninsider hier lesen.

Der Mann hinter Julian Reichelts Zukunftsplänen

Frank Gotthardt und Julian Reichelt. Fotos: Diego González, CGM, Axel Springer SE

Apropos Julian Reichelt. Die Journalisten, deren Recherchen einen erheblichen Anteil zu seiner Abberufung als Chefredakteur bei Bild beitrugen, ziehen Konsequenzen und verlassen geschlossen den Ippen-Verlag. Auch darüber haben wir exklusiv berichtet und zuvor recherchiert, wie es für das Team um Daniel Drepper und Juliane Löffler beruflich weitergehen wird. Alle Details und Hintergründe findest du in meinem Artikel. Du kannst ihn als Medieninsider hier lesen

Nach Zerwürfnis wegen Reichelt-Recherche: Investigativ-Team verlässt Ippen

Investigativ-Team von Ippen Digital. Fotos: Stefan Beetz, Montage: Medieninsider;


Mehr News & Entdeckungen aus der Woche

zusammengetragen von Kevin Dusch

Stuttgarter Zeitung und Stuttgarter Nachrichten streichen jede fünfte Stelle

Die gemeinsame Redaktion der Stuttgarter Zeitung und Stuttgarter Nachrichten will bis Jahresende rund 50 Stellen abbauen. Das entspricht 20 Prozent der gesamten redaktionellen Belegschaft. Darüber hinaus soll der Umfang der gedruckten Tageszeitung von fünf auf vier Bücher verkleinert werden. Gleichzeitig betont Christoph Reisinger, Chefredakteur der Stuttgarter Nachrichten, man wolle die Digitalangebote der Blätter stärken und sich auch nicht aus dem Lokalen zurückziehen. Die Stuttgarter Zeitung und die Stuttgarter Nachrichten gehören der Südwestdeutschen Medienholding an und wurden 2016 redaktionell weitgehend zusammengelegt. Über Pläne für den Stellenabbau hatte vor einigen Wochen bereits KressPro berichtet. Eine aktuelle Meldung vom Spiegel zum geplanten Stellenabbau findest du hier

Werbemarkt 2021 teilweise wieder auf Vorkrisenniveau

Laut Nielsen hat der Werbemarkt vergangenes Jahr in fast allen Bereichen sein Vorkrisenniveau übertroffen. Das stärkste Umsatz-Plus im Vergleich zu 2019 verzeichnet die Onlinewerbung mit einem Zuwachs von 23,3 Prozent auf rund 4,68 Milliarden Euro, gefolgt vom TV-Bereich mit plus 11,2 Prozent auf rund 18,13 Milliarden Euro. Umsatzrückgänge im Vergleich zu 2019 gab es nur in den Segmenten Kino (-72,4 Prozent) und Werbesendungen (-18,4 Prozent). Allerdings geht es für die Leinwand-Werbung wieder leicht bergauf: Mit rund 44,1 Millionen Euro lag der Umsatz vergleichen mit 2020 neun Prozent im Plus.

Non-Profit-Organisation übernimmt Chicago Sun-Times

Der Radiosender WBEZ übernimmt die US-Tageszeitung Chicago Sun-TimesWBEZ gehört zu der Non-Profit-Organisation National Public Radio (NPR), genauer zu deren lokaler Unterorganisation Chicago Public Media. Rund 800 nicht-kommerzielle Radiostationen gehören dem Netzwerk an, das sich rein aus Spenden und teilweise auch öffentlichen Geldern finanziert. Werbung ist explizit verboten. WBEZ und Chicago Sun-Times sollen auch nach dem Deal unabhängig voneinander bleiben, gleichzeitig aber wichtige Recherchen miteinander teilen. In der Vergangenheit war die Zahlungsfähigkeit der Chicago Sun-Times immer wieder in Frage gestellt worden, wirtschaftlich sah es für das Blatt nicht gut aus. Zeitweise wurden im Gebäude gar die Rolltreppen abgestellt, um Geld zu sparen. WBEZ bezeichnet den Deal als mögliche Vorlage für andere „verarmte“ News-Organisationen mit „Medienbesitzern, die nicht bereit sind zu investieren.“ Eine Meldung von WBEZ zur kommenden Übernahme findest du hier.

Instagram und TikTok testen Abo-Modelle

Meta rollt die Abo-Funktion für Creators von Facebook auch auf Instagram aus. Derzeit wird die Funktion mit zehn Influencern in den USA getestet. Follower erhalten dort neben den üblichen kostenlosen Inhalten nun kostenpflichtige Zusatzinhalte wie exklusive Live-Übertragungen und Story-Inhalte. Instagram hat angekündigt, bis 2023 keine Gebühren auf Abo-Einnahmen von Creators zu verlangen – ebenso wie die Schwesterplattform Facebook. Fast zeitgleich hat die Konkurrenz von TikTok auf Anfrage von The Verge bestätigt, ebenfalls an einem Subscription-Modell zu feilen. Nähere Informationen teilte das Unternehmen bisher allerdings nicht mit. Die Ankündigung zum Abo-Modell von Instagram findest du hier, den Text über TikTok von The Verge hier.

Substack plant eigenen Video-Player

Die Creator-Plattform Substack plant einen eigenen nativen Video-Player einzurichten. Das soll es Autoren ermöglichen, Videos direkt hochzuladen und in ihre Beiträge einzubauen. Bisher ging das nur über Umwege wie beispielsweise Youtube-Einbettungen. Gleichzeitig will Substack Creators auch Tools zum Auswerten von Klick- und anderen Kennzahlen der Videos zur Verfügung stellen. Derzeit läuft ein Beta-Test für die neuen Funktionen, bald sollen sie für alle verfügbar sein. Eine Meldung zum Thema von Axios findest du hier.

VDZ wird zum Medienverband der Freien Presse

Die Nachfolgeorganisation des Verbands Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) soll ab dem 1. April seine Arbeit als Medienverband der Freien Presse beginnen. Inzwischen haben sich auch die drei Fachvertretungen Fachmedien, Konfessionelle Medien und Publikumsmedien konstituiert. Der Gründung des neuen Verbandes waren Streitigkeiten über Reformen beim VDZ vorangegangen. Der Landesverband Berlin-Brandenburg hatte sein Veto gegen die Erneuerungspläne eingelegt und damit alle weiteren Schritte blockiert. In der Folge hatte sich die Führung des VDZ entschieden, einen neuen Verband ohne Beteiligung des Landesverbands Berlin-Brandenburg zu gründen. Der Medienverband der Freien Presse vereint nunmehr 400 Mitglieder, ebenfalls wieder mit dabei: Die Hamburger Verlage Bauer, Gruner + Jahr, die Spiegel-Gruppe und der Zeit-Verlag. Die aktuelle Berichterstattung von Horizont findest du hier.



Lesetipp

Vergangene Woche hat die britische Regierung beschlossen, der BBC bis 2027 den Gebühren-Geldhahn zuzudrehen. Auch in Deutschland, gibt es immer wieder Diskussionen über die Daseinsberechtigung, die Ausgestaltung und vor allem die Finanzierung öffentlich-rechtlicher Medienangebote.

Kritiker wittern Zwangsgebühren und Staatsfunk, Befürworter sehen in ARDBBC und Co. Grundpfeiler einer stabilen Demokratie. Wenn letzteres stimmt: Was ist dann mit den USA? Dortige öffentliche, nicht-kommerzielle Medienangebote sind weit von der Bedeutung ihrer europäischen Pendants entfernt.

Joshua Benton hat sich für NiemanLab mit der Frage auseinandergesetzt und den Zusammenhang von Demokratie und öffentlichem Rundfunk für die USA untersucht. Er schreibt:

► Starke Korrelation: Laut einer aktuellen Studie treten gesunde Demokratien weltweit oft in Verbindung mit sicher finanzierten öffentlichen Medien auf.

► Finanzierungsgefälle: In den USA wird kaum Geld für öffentliche Medien ausgegeben – nur 3,16 US-Dollar pro Jahr. In Deutschland sind es 142,42 US-Dollar.

► Möglicher Zusammenhang: Im EIU-Demokratieindex sind die USA 2016 von „full democracy“ auf „flawed democracy“ abgerutscht. 

Benton kommt zu dem Schluss: Mehr und besser finanzierte öffentliche Medien tun Demokratien gut, auch deshalb haben sie unter Populisten so viele Feinde. Sie können aber nicht alle Probleme einer Demokratie allein lösen, wie etwa die tiefen Gräben der US-Gesellschaft. Das zeigt: Der Zusammenhang von Demokratie und öffentlichen Medien ist keine Einbahnstraße. Seine Analyse bei NiemanLab findest du hier.


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Marvin

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Marvin Schadehttps://medieninsider.com
Marvin ist Co-Gründer und Founding Editor von Medieninsider und hat sich damit einen kleinen Traum erfüllt. Vor der Gründung war er mehrere Jahre für den Branchendienst Meedia in Hamburg und Berlin tätig, arbeitete kurz beim Focus Magazin und zuletzt für Gabor Steingarts Morning Briefing.

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