Kein Interview mit Strive-Gründerin Katharina Wolff

Ausgabe #29/2022

Hallo Medieninsider!

Schön, dass du dabei bist! Was dich in dieser Woche im Lese-Letter unter anderem erwartet:

► Ein Interview mit Strive-Verlegerin Katharina Wolff wirft Fragen auf

► Wirtschafts- ist der neue Wissenschaftsjournalismus

► RBB-Intendantin Patricia Schlesinger entzieht sich ihrer Verantwortung

► Die New York Times bringt ein Spiel raus, The Information ein soziales Netzwerk

► Eine Journalistin schreibt über ihre Medienverdrossenheit

Eine kleine Information vorab: Wir schalten in den Sommer-Modus. 

Bis Ende August erscheint der reguläre Lese-Letter zweiwöchig. Marvin und sein Team nutzen die Zeit für ein paar umfangreiche Recherchen und haben in der Zwischenzeit noch ein paar Neuerungen zu verkünden. Also sei gespannt!


In diesem Newsletter wollten wir eigentlich Auszüge aus einem Interview mit Katharina Wolff mit dir teilen. Die Strive-Gründerin hatte Marvin zum Gespräch eingeladen, um über die ersten beiden Jahre des Wirtschaftsmagazins für Frauen zu sprechen. Es ging unter anderem um ihren Einstieg ins Medien-Business, ihre Rolle als Verlegerin und die zunehmend schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen.

Leider wird das Interview nicht erscheinen. 

Weshalb das so ist, und weshalb im Zuge der Autorisierung mehr Fragen als Antworten aufgekommen sind, erklärt Marvin in einem Text. 

Den Artikel, in dem es auch um eine mysteriöse Autorin bei Strive geht, kannst du als Medieninsider hier lesen.

Kein Interview mit Katharina Wolff


Sollte es so etwas wie Sternstunden des Journalismus geben, dann war die Rolle des deutschen Wirtschaftsjournalismus zu Beginn des Wirecard-Skandals eine besonders wolkenverhangene Nacht. Überhaupt brilliert die Wirtschaftsberichterstattung häufig in der Rückschau. Es wird dringend Zeit, das zu ändern. 

Im Wirtschaftsjournalismus droht sich zu wiederholen, was wir in den vergangenen Jahren in der Wissenschaftsberichterstattung erlebt haben: In Redaktionen werden die Kompetenzen knapp, die Experten fehlen. Dabei haben Krieg, Klima und Corona wirtschaftliche Folgen, die erklärt werden müssen.

In meiner neuen Kolumne zähle ich sieben Strategien für diejenigen auf, die nachlegen wollen. Den Text kannst du als Medieninsider hier lesen.

Achtung, Chefredakteure! Jetzt geht’s um die Wirtschaft


News und Entdeckungen der Woche 

zusammengetragen von Kevin Dusch

BGH: Städteportale dürfen Journalismus betreiben

Nach einer Unterlassungsklage des Verlags Lensing-Wolff (unter anderem Ruhr Nachrichten) hat der BGH geurteilt: Kommunale Online-Dienste wie Dortmund.de dürfen auch einzelne journalistisch aufbereitete Beiträge veröffentlichen. Das Gericht sah es bei dem Stadtportal nicht als erwiesen an, dass Beiträge, die das Gebot der Staatsferne der Presse verletzten, das Gesamtangebot der Seite prägen. Bereits 2017 begann der Rechtsstreit zwischen Lensing-Wolff und der Stadt. Inzwischen verzichtet das Stadtportal vermehrt auf presseähnliche Inhalte. Lensing-Wolff prüft nun, ob der Rechtsstreit vor dem Bundesverfassungsgericht weitergeführt werden kann. Einen Beitrag des Spiegel zum Thema findest du hier.

BDZV plant EU-Beschwerde gegen Öffentlich-rechtliche

Der Verlegerverband BDZV will laut Standard eine Beschwerde bei der EU-Kommission gegen die Onlineangebote der ARD. Das gehe aus einem internen Beschluss hervor. Zudem habe der BDZV die Schlichtungsstelle bei der ARD bezüglich der Online-Angebote von MDR und Radio Bremen angerufen. Über den zweiten Vorgang sprach BDZV-Geschäftsführerin Sigrun Albert auch im Interview mit Medieninsider. Den Artikel des Standard dazu findest du hier.

RBB-Chefin Schlesinger sagt Landtagsbefragung zu Vetternwirtschaft-Vorwürfen ab

Die RBB-Chefin und ARD-Vorsitzende Patricia Schlesinger hat ihre für gestern geplante Anhörung vor dem Brandenburger Landtag kurzfristig abgesagt. Dort sollte sie die Fragen der Abgeordneten zu den Vorwürfen der Vorteilsnahme und Vetternwirtschaft gegen sie beantworten. Nach einigen Recherchen von Business Insider Deutschland kam heraus, dass Schlesinger womöglich private Essen als dienstlich abrechnete sowie ihrem Ehemann und anderen Vertrauten lukrative Aufträge zuspielte, unter anderem beim millionenschweren Neubau des RBB. Die Fragen des Landtags muss Schlesinger trotz Nicht-Erscheinens bis morgen beantworten. Die Anstaltschefin und der mit ihr verstrickte RBB-Verwaltungsratschef Wolf-Dieter Wolf bestreiten die Vorwürfe. Wolf hat jedoch angekündigt, sein Amt zunächst ruhen zu lassen. Das Neubauprojekt des RBBliegt derzeit auf Eis. Einen Beitrag der B.Z. zu den Fragen des Landtags an Patricia Schlesinger findest du hier.

Studie: Mediennutzung führt zu Stress und Überforderung

Laut einer Studie des Vocer Instituts für Digitale Resilienz und Forsa verursacht digitale Mediennutzung ernste Symptome von Stress und Überforderung. Das führe laut den Autoren dazu, dass immer mehr Menschen Medien meiden, insbesondere angesichts der aktuellen globalen Krisen Corona, Krieg und Klima. Das führe zu sinkendem Medien-Vertrauen und schade dem öffentlichen Diskurs. Für die Studie wurden 1001 Personen in Deutschland telefonisch zu ihrer digitalen Mediennutzung befragt. Die Ergebnisse decken sich auch mit den Erkenntnissen des kürzlich veröffentlichten Digital News Reports vom Reuters Institute. Die Vocer-Studie findest du hier.

BBC News und BBC World News sollen fusionieren

Die britische Rundfunkorganisation hat die Fusion der Sender BBC News und BBC World News zum April 2023 angekündigt. Dadurch verlieren voraussichtlich rund 70 Angestellte ihre Jobs. Hintergrund für die Zusammenlegung sind notwendige Sparmaßnahmen, nachdem die britische Regierung die Rundfunkgebühren für die kommenden zwei Jahre eingefroren hatte. Ab 2027 soll der Beitrag ganz abgeschafft werden. Aus diesem Grund muss die BBC rund 337 Millionen Euro einsparen. Einen Beitrag dazu vom Spiegel findest du hier.

US-Start-up für Klima-Journalismus sammelt 5,7 Millionen US-Dollar ein

Das US-amerikanische News-Start-up The Cool Down hat in einer ersten Finanzierungsrunde 5,7 Millionen US-Dollar eingesammelt, angeführt vom Risikokapitalgeber Upfront Ventures. Die Gründer des Medienunternehmens, Ex-ABC-Führungskraft Anna Robertson und der ehemalige Bleacher-Report-CEO Dave Finocchio wollen sich inhaltlich auf Klima-Themen konzentrieren. Umsatz will das Portal größtenteils durch einen E-Commerce-Marktplatz für umweltfreundliche Produkte generieren. Einen Beitrag von Axios zum Thema findest du hier.

The Information führt Social-Media-Funktionen ein

The Information führt auf seiner Plattformen Social-Media-Funktionen ein. Abonnenten des US-Mediums können ein Profil anlegen, Feeds abonnieren und über Direktnachrichten kommunizieren. Im Gespräch mit Axios erklärt Gründerin und CEO der Nachrichtenseite Jessica Lessing diesen Schritt als Antwort auf die Größe von sozialen Netzwerken – durch sie sei die Fähigkeit, Menschen zu vernetzen, verloren gegangen. Den Bericht dazu von Axios findest du hier.

New York Times bringt Wordle als Brettspiel heraus

Die New York Times will die Worträtsel-App Wordle im Oktober als Brettspiel herausbringen. Dafür kooperiert das Unternehmen mit Hasbro. Das digitale Vorbild mit mehr als drei Millionen Usern, bei dem Spieler jeden Tag ein neues fünfstelliges Wort errätseln müssen, hatte die New York Times Company im Februar für einen „niedrigen siebenstelligen Betrag“ gekauft. Einen Beitrag von The Verge zum Thema findest du hier.

Spotify rollt Video-Podcasts weiter aus

Spotify rollt seine Video-Funktion für Podcasts nun auch in Deutschland aus. Erweitern Produzenten und Creator ihre Audio-Shows um Bewegtbild, können Nutzer entscheiden, ob sie nur hören oder auch sehen wollen. Hintergrund für den Schritt dürfte die Beliebtheit von Youtube bei Podcast-Konsumenten sein. In Meinungsumfragen liegt das Portal regelmäßig auf den ersten Plätzen der genutzten Podcast-Seiten, in Deutschland zuletzt laut dem Digital News Report vom Reuters Institute auf Platz 2. Die Ankündigung von Spotify findest du hier.

TikTok: Versteckte Server-Verbindung nach China entdeckt

Das amerikanische IT-Sicherheitsunternehmen Internet2.0 hat eine versteckte Verbindung zu chinesischen Servern bei TikTok entdeckt. Laut einer Untersuchung baue die App auf Apple-Geräten immer wieder kurzzeitig eine solche Verbindung auf. In der Vergangenheit hatte ByteDance, Betreiber von TikTok, immer wieder bestritten, Nutzerdaten nach China weiterzuleiten. Die Plattform bestreitet die Vorwürfe. Einen ausführlichen Text vom Spiegel zum Thema findest du hier.


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Neues von den MEDIENTAGEN MÜNCHEN

📰 FAST: Kostenfreie Alternative für Streaming-Fans

Im Rahmen von AVoD, dem werbefinanzierten Streaming, tut sich ein neues Gefäß für kleinere Programmanbieter auf. Über Free-Ad-Supported TV – kurz: FAST – ist eine breite Masse werbefinanzierter linearen Spartensender machbar und online. Zum Blogbeitrag

📰 Learnings der Lokalrundfunktage

Für die Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) und ihren Präsidenten Dr. Thorsten Schmiege steht nach den Lokalrundfunktagen in Nürnberg fest: „Lokaler Rundfunk bleibt relevant und hat im Herzen der Menschen einen festen Platz.“ Zum Blogbeitrag

🎧 Folge 81: Sinnstiftende Angebote und starke Marken – die Zukunft des lokalen Radios

Warum Radiomacher*innen die verschiedenen Räume besetzen müssen, in denen Menschen unterwegs sind, wie sinnstiftendes Community-Building funktionieren kann und welche Rolle lokaler Rundfunk in Krisenzeiten spielt. Zum Podcast


Aus dem Personalticker

► Martin Hoffmann folgt Matthias Montag als Chef der Digital-Agentur Ida

► Programmdirektor Marzel Becker verlässt Radio Hamburg

► TagesthemenCaren Miosga verlängert bis 2025

► Nach 21 Jahren: Kai Traemann verlässt Bild

Mehr Personalien findest du hier und bei Twitter unter @medienjobboerse


Community

Directors’ Club Q&As:

► 29. Juli 2022, 17 Uhr – Q&A mit Paul OstwaldGründer Forum.eu, Thema: Gründertum im Journalismus (Video-Call)

Mit dabei sein kannst du nur als Medieninsider mit Director-Mitgliedschaft. Mehr Informationen findest du hier.


Lesetipp

von Kevin Dusch

Jüngst haben mehrere Studien gezeigt: Krieg, Pandemie und schwindendes Vertrauen führen Menschen weg von Medien. Das ist schlimm genug – was aber, wenn sich selbst Journalisten vom regelmäßigen Nachrichtenkonsum abwenden? Die Washington-Post-Journalistin Amanda Ripley macht genau das seit Jahren, wie sie in einem Meinungsbeitrag schreibt. Sie habe sich gelähmt gefühlt durch die tägliche Flut an (negativen) Nachrichten und stellte das auch bei Kollegen fest, denen sie sich anvertraute. Sie stellte sich die Frage: Was läuft falsch im Journalismus, wenn selbst die Macher sich ihm entziehen wollen? Dabei macht sie drei Dinge aus, die Nachrichten oft fehlen:

► Hoffnung: Menschen brauchen Hoffnung, um morgens aufzustehen. Welchen Sinn hat es sonst? Medien verpassen oft die Chance, neben Problemen auch Auswege aufzuzeigen.

► Gefühlte Handlungsfähigkeit: Krisen wirken oft überwältigend. Für Menschen ist es trotzdem essenziell, das Gefühl zu haben, etwas bewirken zu können. Geben Medien ihren Konsumenten dieses Gefühl nicht, schwindet das Bedürfnis, sie überhaupt zu lesen.

► Würde: Medien berichten oft über Menschen, beziehen sie, ihre Nachrichtenbedürfnisse und Botschaften aber zu selten ein.

Um diese drei großen Fehler zu beheben, wünscht sich Amanda Ripley mehr Neugier und weniger Ego in Medienhäusern. Sie fordert ihre Journalistenkollegen auf: Findet die 42 Prozent (der Amerikaner), die Nachrichten meiden und sprecht mit ihnen – sie können nicht alle falsch liegen. Ihren Beitrag in der Washington Post findest du hier.

Viele Grüße sendet dir
Alexandra

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Alexandra Borchardt
Alexandra Borchardthttps://alexandraborchardt.com/
Dr. Alexandra Borchardt ist Journalistin mit mehr als 25 Jahren Berufspraxis, 15 davon in Führungspositionen (Süddeutsche Zeitung, Plan W). Sie ist Buchautorin, Beraterin und Medienforscherin mit besonderem Blick für Leadership und Digitalisierung.

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