Die Medienstrategie der Taliban

Ausgabe #38/21

Hallo Medieninsider!

Schön, dass du dabei bist! Was dich in dieser Woche im Lese-Letter unter anderem erwartet:

► Wie sich die Quoten von Bild entwickelt haben

► Was sich der Journalismus aus der Lebensmittelindustrie abschauen kann

► Welcher News-Aggregator jetzt zwei Milliarden Dollar wert ist

► Wie die Taliban vor Afghanistan zuerst das Internet eroberten


Monatsbilanz: Diese Einschaltquoten erreicht Bild TV

Bild-Chefredakteur Julian Reichelt im Studio von Bild Live
Bild-Chefredakteur Julian Reichelt im Studio von Bild Live

Der erste Medieninsider-Bericht über die Entwicklung der Quoten von Bild TV von vor zwei Wochen hat viele von euch interessiert. Deshalb schaut Marvin nach Ablauf des ersten Monats noch einmal auf das Interesse im Publikumsmarkt.

Ob Bild es geschafft hat, die eine Million Zuschauer vom Premierentag noch mal zu erreichen und es vermeiden konnte, in der werberelevanten Zielgruppe (14 bis 49 Jahre) noch einmal auf null Prozent zu fallen, erfährst du in seinem Artikel. Dort hat er auch noch einmal Stimmen von Mediaplanern, die das Geld der Werbekunden verwalten und verteilen, zusammengetragen. 

Marvins exklusiven Artikel kannst du als Medieninsider hier lesen.


Anzeige

Happy Birthday media:net: 3 Fragen an Jeannine Koch und Bernd Schiphorst

20 Jahre media:net berlinbrandenburg e.V. – der perfekte Anlass für ein Gespräch dem Aufsichtsratsvorsitzenden und media:net-Gründer Bernd Schiphorst und der Vorstandsvorsitzenden Jeannine Koch! Gemeinsam mit ihnen schauen wir zurück auf die Anfänge des Netzwerkvereins, den aktuellen Status quo, der eine Menge Transformationsmaßnahmen beinhaltet, und auf die Herausforderungen der nächsten 20 Jahre.

Mehr erfahren


Was der Journalismus vom Joghurt lernen kann

Um das Vertrauen in den Journalismus geht es auch in meiner aktuellen Kolumne. Um die Glaubwürdigkeit zu steigern, wird oft ein Mittel beschworen: die Transparenz. Doch ist uns Journalisten das eigentlich wirklich recht? Und wie viel davon ist überhaupt möglich?

Darüber habe ich auch mit Pascal Doucet-Bon gesprochen. Er ist Chefredakteur des öffentlich-rechtlichen Senders France Televisions und hält fest:

„Jeder Joghurt kommt transparenter daher.“

Wie Journalisten ihre Arbeit im Sinne der Transparenz untermauern können, erfährst du in meinem Artikel. Den kannst du als Medieninsider hier lesen


Save the dates: Neue Ausgaben Directors‘ Club

Die Live-Interviews von Medieninsider gehen in die nächste Runde. Marvin freut sich in den kommenden Wochen auf zwei spannende Frauen aus der Medienbranche:

► Am 14. Oktober um 15.00 Uhr wird Andrea Wasmuth zu Gast sein. Sie ist seit 2020 in der Geschäftsführung der Handelsblatt Media Group und seit diesem Jahr deren Vorsitzende Geschäftsführerin. Mit ihr wird Marvin über ihre Karriere als Medienmanagerin sprechen und ihren Plan für die Mediengruppe.

► Am 2. November um 15.30 Uhr kommt Janina Mütze in den Directors‘ Club. Sie ist Co-Gründerin des Meinungsforschungsinstituts Civey, das ausschließlich auf Online-Umfragen setzt. Mit ihr wird Marvin über die Transformation der Demoskopie sprechen – und sicher auch noch einmal auf Umfragen und Prognosen zur Bundestagswahl zurückblicken.

Du willst dabei sein? Den Livestream, bei dem du auch selbst Fragen einbringen kannst, gibt es exklusiv für Director-Mitglieder.

Alle Infos und die Registrierung findest du hier.


Mehr News & Entdeckungen aus der Woche

Digitale Abos: Schibsted knackt Millionenmarke 

Schibsted vermeldet mehr als eine Million digitale Abonnenten für seine Medien in Norwegen und Schweden (VGAftonbladet) – 18 Jahre nach der Einführung eines Paid-Modells beim Aftonbladet. Gemeinsam mit gedruckten Erzeugnissen und anderen Bezahlservices erreiche man derzeit 1,5 Millionen Abonnenten. Bereits 2020 knackte der Konzern seine vor einigen Jahren herausgegebene Zielmarke von einer Billion Norwegische Kronen Umsatz (ca. 100 Millionen Euro) aus digitalen Abonnements. Mit 2,9 Billionen Kronen sind Subscriptions das größte Umsatzsegment. Schibsted verdient auch in der Vermarktung sowie im Classified-Geschäft. Die aktuelle Meldung von Schibsted findest du hier, den Geschäftsbericht 2020 kannst du hier lesen. 

Interview: Das 100-Millionen-Ziel: Wie die Paid-Strategie von Schibsted aussieht 

Axios will Lokalstrategie 2022 auf 25 Märkte ausweiten

Axios setzt seine Lokalisierungsstrategie fort. In dieser Woche ist Axios Local in Chicago, Nashville und Washington DC gestartet, in den kommenden zwei Wochen sollen fünf weitere Märkte hinzugekommen. Bis zum dritten Quartal des kommenden Jahres soll Axios Local dann in 25 Städten aktiv sein. Nach eigenen Angaben zählen die lokalen Newsletter von Axios 400.000 Abonnenten, die Öffnungsrate liegt bei 35 Prozent. Mehr dazu findest du hier.

News-Aggregator SmartNews mit neuer Milliarden-Bewertung

Der News-Aggregator SmartNews schafft mit einer neuen Finanzierungsrunde eine Bewertung von zwei Milliarden US-Dollar. Das Unternehmen hat auf Basis dieses Werts eine Finanzierungsrunde von 230 Millionen Dollar abgeschlossen. SmartNews kommt aus Japan, erreicht den Großteil seiner Kunden allerdings in den USA. Das Unternehmen beschäftigt ein eigenes Content-Team, ein Algorithmus kümmert sich um die Aussteuerung der Inhalte. Der Aggregator ist für Nutzer kostenfrei, verdient sein Geld mit Werbevermarktung. Publisher erhalten eine Umsatzbeteiligung. Nach eigenen Angaben arbeitet SmartNews mit 3000 Content-Partnern zusammen. Mehr erfährst du hier bei TechCrunch. 

Google testet Newsletter-Tool

Nach einer einmonatigen Testphase ist der Newsletterservice Revue nun für alle Nutzer verfügbar. Konkret wurde ein neuer AbGoogles Inkubator bringt mit Museletter eine Verknüpfung zwischen Google Drive und einem eigenen Blog- und Newsletter-Tool heraus. So sollen Nutzer Drive-Dateien in ihrem Museletter-Profil hinterlegen und auch per E-Mail als Newsletter versenden können. Mit Museletter könnte Google Diensten wie Substack, Revue und anderen Konkurrenz machen, in dem es sein eigenes Produkt mit weiteren Diensten aufwertet. So könnte ein Creator seinen Newsletter kostenpflichtig um Google-Präsentationen oder -Tabellen erweitern. Mehr Informationen findest du unter anderem bei hier bei TechCrunch.

Aus dem Personalticker:

Thao Le wird CFO und erste Frau im Management Board von Business Insider Deutschland

► Marieke Reimann wird SWR-Vize

► Zeit: Tanja Stelzer wird Mitglied der Chefredaktion


Anzeigen

Stellenausschreibungen

► Digital Content Creator (m/w/d) mit Schwerpunkt Grafik und Motion Design bei MOVACT

► Digital Content Creator (w/d/m) mit Schwerpunkt Video & Livestream bei MOVACT

► Community-Redakteur (m/w/d) bei Medieninsider


Darum ist Swantje Dake Medieninsider

Es ist jetzt ein Jahr her, dass wir mit Medieninsider an den Start gegangen sind. Unser Angebot wäre nichts ohne unsere treuen Mitglieder. Deshalb stellen wir hier einige von ihnen vor – und sie erklären wiederum, weshalb sie eigentlich Medieninsider sind. So wie Swantje Dake:

Medieninsider werden und damit unseren Journalismus unterstützen kann übrigens jeder. Mehr Infos findest du hinter diesem Link.


Aus der Medieninsider-Mediathek

► Arist von Harpe über seine Motive für den Kauf der Hamburger Morgenpost, Paid-Content-Pläne und neue Ideen für die Vermarktung. Zum Video und zur Zusammenfassung

► Katrin Gottschalk, Produktchefin und Vize-Chefredakteurin der taz, über Transformation und eine papierlose Zukunft. Zum Video und zur Zusammenfassung.

► Holger Stark, Investigativchef und stv. Chefredakteur der Zeit, über Pressefreiheit und investigativen Journalismus. Zum Video


Lesetipp

Der Krieg in Afghanistan ist kein Krieg, der nur auf dem Feld ausgetragen wird. Es ist ein Informationskrieg, den die Taliban-Kämpfer in den vergangenen Jahren ebenso unerbittlich geführt und detailliert vorbereitet haben. 

Bevor die Taliban Afghanistan erobert haben, eroberten sie das Internet heißt ein lesenswerter Beitrag, den das Think Tank Atlantic Council veröffentlicht hat. Emerson Brooking beschreibt darin die digitale Propagandastrategie der Taliban und erklärt, weshalb das Smartphone für die Eroberung Afghanistans genauso wichtig war wie ihre Waffen. 

Er verfolgt den digitalen Feldzug der Taliban bis 2002 zurück, teilt ihn in drei Perioden auf. 

► 2002 bis 2009, Ursprünge der Propaganda und frühen Digital-Strategie: Nachdem die Taliban nach den Anschlägen vom 11. September 2001 von den amerikanischen Streitkräften zerschlagen wurden, begannen sie im Hintergrund mit dem Wiederaufbau – auch dem medialen. Bislang „primitive“ Web-Präsenzen wurden neu aufgesetzt. Dies diente dazu, „das eigene Wohlwollen zu fördern und die Vereinigten Staaten und ihre Unterstützer in ein negatives Licht zu rücken“, schreibt Brooking. Zunehmend entdecke man den Wert des Webs, 2005 relaunchten die Taliban ihre Website und veröffentlichte sie in gleich mehreren Sprachen. Sie veröffentlichten Pressemitteilungen, die von Medien aufgegriffen wurden. Bis 2008 konsolidierten und zentralisierten die Taliban ihre Kommunikation weiter. Offenbar damals schon dabei: Zabihullah Mujahid, der heutige Taliban-Sprecher. 

► 2009 bis 2017, Einführung moderner Social-Media-Plattformen und Distributionsstrategien: Die Taliban erkannten, dass das Veröffentlichungen von Pressemitteilungen für ihren Informationskrieg nicht ausreichend sei. Immer wieder warfen sie westlichen Medien vor, die Wahrheit zu verzerren. Zunehmend veröffentlichten sie eigene Beiträge – und entdeckten soziale Netzwerke. 2009 brachte sie ihre Propaganda-Videos zu YouTube, Facebook und Twitter kamen hinzu. Nachdem offizielle Kanäle dicht gemacht worden waren, pflegten sie ein Netzwerk aus Bloggern. 2015 schwenkten die Taliban um, gingen auf verschlüsselte Messenger-Kanäle, auch um es US-Streitkräften und Geheimdiensten schwerer zu machen, sie aufzuspüren. Beim Angriff auf Kunduz 2015 und 2016 fiel auf: Die Taliban-Kämpfer rücken nicht nur mit scharfer Munition vor, sondern auch mit Smartphones, um ihre Angriffe direkt zu teilen. 

► 2017 bis 2021, Aufstieg des Kommunikationsapparats und diplomatische Legitimation: Die Verteidigung Afghanistans fand nicht mehr nur auf dem Boden statt, sondern auch im Internet. Auch die afghanische Regierung erklärte zum Ziel, den Propaganda-Apparat zu zerstören, verzettelte sich aber: Eine dreiwöchige Sperrung von WhatsApp oder Telegram sorgte auch für Proteste in der eigenen Bevölkerung und unter Journalisten. Die Taliban nutzten den Zensur-Vorwurf für sich, griffen danach die Infrastruktur an, in dem sie Funkmasten zerstörten, um so die Kommunikation zu stören und das „Informationsvakuum“ selbst zu füllen. 2019 war die Informationsstrategie der Taliban so weit fortgeschritten, dass ihre Accounts schneller und mehr twitterten als afghanische Behörden, zeitgleich mäßigten sie ihren Ton auch gegenüber dem Westen. Mit diplomatischer Legitimierung seitens der USA und der Ankündigung des Rückzugs waren die Taliban am Ziel angelangt. „Ende 2020 war klar, dass die afghanische Regierung den Informationskrieg dank ins Wanken geratener Institutionen und des unerbittlichen Drucks der Taliban verlor.“ 

Seine ausführliche Analyse darüber, wie analoger und digitaler Krieg miteinander einhergingen, kannst du hier lesen.

Ich wünsche dir noch eine schöne Woche! 

Viele Grüße sendet dir

Alexandra 

Wenn dir der Artikel gefällt, dann teile ihn in sozialen Netzwerken, aber nicht als PDF innerhalb deiner Organisation. Dafür ist eine Lizenz notwendig.

Alexandra Borchardt
Alexandra Borchardthttps://alexandraborchardt.com/
Dr. Alexandra Borchardt ist Journalistin mit mehr als 25 Jahren Berufspraxis, 15 davon in Führungspositionen (Süddeutsche Zeitung, Plan W). Sie ist Buchautorin, Beraterin und Medienforscherin mit besonderem Blick für Leadership und Digitalisierung.

DEINE MEINUNG IST GEFRAGT

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Hier Namen eintragen