Hallo Medieninsider!
Schön, dass du dabei bist! Was dich in dieser Woche im Lese-Letter unter anderem erwartet:
► Wie die Süddeutsche Zeitung in publizistische Schieflage geraten ist
► Welche Herausforderungen auf Niddal Salah-Eldin als Springer-Vorstand zukommen
► Was die zweite neue Vorstandskollegin Ulrike Handel mit Julian Reichelt verbindet
► Welche Erkenntnisse Kolumnistin Alexandra Borchardt vom International Journalism Festival in Perugia mitgebracht hat
► Wer zu unserem ersten Directors‘ Club live vor Ort in Berlin kommt (und wie du dabei sein kannst)
► Wie unsere Spendenaktion für Reporter ohne Grenzen ausgegangen ist
Der Abgang von Bastian Obermayer und Frederik Obermaier ist der vorläufige Höhepunkt einer nunmehr seit drei Jahren anhaltenden Krise bei der Süddeutschen Zeitung. Das Qualitätsmedium verliert namhafte Journalisten. Der Grund: Die allgemeine Unzufriedenheit in der Belegschaft wird größer statt kleiner. Und das liegt nicht nur am vor einiger Zeit verabschiedeten Sparprogramm.
Ich habe mich in den vergangenen Wochen intensiv mit der Süddeutschen befasst, zahlreiche Gespräche geführt und Insider-Infos zusammengetragen. Die Krise der renommierten Tageszeitung hat mehrere Gründe:
► Nicht nur das Sparprogramm hat auf die Stimmung gedrückt, sondern auch dessen Umsetzung. Aus der Chefredaktion um Wolfgang Krach und Judith Wittwer habe es kaum Widerstand gegeben.
► Die SZ gibt sich progressiv, lebt aber konservativ. Bei Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder Standortfragen herrscht wenig Flexibilität.
► In München und Stuttgart spricht man unterschiedliche Sprachen. Die zunehmend dominante Rolle des Mehrheitsgesellschafters SWMH wird nicht gerne gesehen.
Die Ergebnisse meiner Recherche kannst du in aller Ausführlichkeit als Medieninsider hier lesen.
Tschüß mit SZ
Das Förderprogramm für Mediengründer
Das Medieninnovationszentrum Babelsberg und der MediaTech Hub Accelerator fördern innovative Medienprojekte von Studierenden & Start-ups! Bewerbt euch jetzt und profitiert von bis zu 30.000 € und einem Mentoring-Programm für die Unternehmensentwicklung.
Medieninsider bekamen an diesem Wochenende eine der wichtigsten Mediennachrichten des Jahres mit großem Abstand zuerst zu lesen. Erst am Abend um 20.44 Uhr bestätigte der Springer-Konzern, was wir dir schon um 14.53 Uhr direkt ins Postfach sendeten:
Der Vorstand wird umfassend umgebaut. Stephanie Caspar scheidet aus, und ganz im Zeichen der Diversität rücken gleich zwei Frauen ins Top-Management nach.
► Von extern stößt Ulrike Handel, zuletzt CEO der Werbeagentur Dentsu, zur Führungsriege dazu.
► Intern befördert Axel Springer Niddal Salah-Eldin, die erst im vergangenen Jahr die Leitung der neuen FreeTech Academy übernommen hat.
Während Handel das National-Media-Ressort (Bild, Welt) von Jan Bayer (geht in die USA) übernimmt, wird für Salah-Eldin ein neuer Posten geschaffen: Mit Talent & Culture sollen zwei wichtige Zukunftsthemen direkt von oben gesteuert werden. Auf die neue Frau im Vorstand kommen große wie zugleich notwendige Aufgaben zu. Mehr darüber kannst du als Medieninsider hier lesen.
Übrigens: Was nach der offiziellen Verlautbarung Springers und der darauf erfolgten Berichterstattung auf Basis der Pressemitteilung nicht untergehen sollte: Die Personalie Ulrike Handel birgt eine gewisse Brisanz – es gibt eine Verbindung zum neuen Vorhaben des Ex-Bild-Chefs Julian Reichelt. Man darf gespannt sein, wie Axel Springer damit umgehen wird. Mehr darüber kannst du als Medieninsider hier lesen.
Neuer Vorstandsposten bei Springer: Niddal Salah-Eldin steht vor großen Aufgaben
Muss meine Podcast-Werbung dort gebucht werden, wo sie zu hören sein soll?
Meine Podcast-Ad soll auf Spotify gehört werden, dann muss ich sie auch dort buchen. Oder? Nein! Mit diesen und anderen Mythen rund um die Ausspielung von Podcast-Ads räumen wir heute auf und zeigen, worauf Ihr bei der Buchung Eurer Podcast Kampagne achten solltet.
Zum ersten Mal seit Ausbruch der Pandemie fand im italienischen Perugia wieder das International Journalism Festival statt. Medieninsider-Kolumnistin Alexandra Borchardt war vor Ort und teilt im Podcast einige Eindrücke, die sie vom größten Journalismus-Festival Europas mitgenommen hat.
Im Video-Podcast erfährst du:
► Warum konstruktiver Journalismus neue Formate braucht und wie diese aussehen könnten
► Wie Ros Atkins vorgeht, um seine Innovationen in einem Haus wie der BBC umzusetzen
► Weshalb bei The Markup genauso viele Ingenieure wie Journalisten im Newsroom sitzen und datenbasierten „Nerdjournalismus“
betreiben
Den Video-Podcast kannst du als Medieninsider hier anschauen.
Video-Podcast: Alexandra Borchardt berichtet vom International Journalism Festival in Perugia
Komm zu unserem ersten Live-Event in Berlin!
Wieder Zeit für etwas Neues in unserem Directors’ Club: Am Mittwoch, den 11. Mai, werden wir unseren Club-Event erstmals physisch veranstalten!
Wir freuen uns auf einen gemeinsamen Networking-Abend mit dir und anderen Medieninsidern in einer exklusiven Location: im The Grand im Herzen von Berlin.
Natürlich haben wir auch einen hochkarätigen Gast eingeladen: Holger Friedrich, Eigentümer des Berliner Verlags, wird zum Talk vorbeikommen.
Der Event ist offen für alle Medieninsider, Director-Mitglieder erhalten besondere Vergünstigung. Dennoch der Hinweis: Die Plätze sind begrenzt.
Weitere Informationen findest du nach dem Klick auf den Button.
News und Entdeckungen der Woche
zusammengetragen von Kevin Dusch
Funke legt Berliner Morgenpost mit Zentralredaktion zusammen
Die Funke Mediengruppe hat angekündigt, die Redaktion der Berliner Morgenpost zum 1. Juli 2022 mit der Zentralredaktion des Verlags zu verschmelzen. Christine Richter bleibt Chefredakteurin, allerdings wird ihre Zeitung komplett von der Funke-Zentralredaktion beliefert. Der Online-Auftritt morgenpost.de geht in den Herrschaftsbereich von Funkes Head of Digital in der Zentralredaktion Laura Himmelreich über. Sie war erst Anfang des Monats im Zuge einer Neuaufstellung der Digital-Führung auf diesem Posten befördert worden. Derweil versucht der Verlag, die Beschneidung der Berliner Morgenpost als Stärkung zu verkaufen. Die Pressemitteilung findest du hier.
Upday erweitert Angebot um lokale Inhalte
Springers News-Aggregator dringt ins Hoheitsgebiet regionaler Medien vor und nimmt Lokal-Inhalte auf. Nutzer der Android-App in Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien, Spanien und Polen können nun ihren Standort festlegen, um entsprechende Vor-Ort-Themen ausgespielt zu bekommen. Angaben von Axel Springer zufolge habe man dafür mehr als 500 lokale Medien sowie über 1000 RSS-Feeds lokaler Zeitungen als Nachrichtenquellen zum Informationsangebot hinzugefügt. Upday war 2016 als Kooperation von Axel Springer und Samsung als vorinstallierte App auf Samsung-Smartphones an den Start gegangen. Inzwischen ist der Aggregator in 34 Ländern zugänglich und liefert nach eigenen Angaben 25 Millionen monatlichen Nutzern Informationen aus mehr als 5000 Nachrichtenquellen. Die Pressemitteilung von Axel Springer zum Start des Lokal-Angebots findest du hier.
Tagesspiegel-Mitarbeiter streiken für Tarifvertrag
Vergangenen Donnerstag legten zahlreiche Mitarbeiter des Tagesspiegel ihre Arbeit für 24 Stunden nieder. Der Grund für den Arbeitskampf: Stockende Tarifverhandlungen. In der Begründung für den Streik der Deutschen-Journalisten-Union (DJU) und des Deutschen Journalistenverbandes (DJV) heißt es, der Verlag weigere sich, die Gehälter angemessen zu erhöhen oder nach Branchen-Tarif zu zahlen. Zuletzt hatte der Verlag des Tagesspiegel das Angebot vorgelegt, Redakteuren bis zu 3939 Euro brutto und Angestellten bis zu 3230 Euro brutto zu zahlen. Die übrige Belegschaft soll nach Tarif bezahlt werden, wenn der Tagesspiegel schwarze Zahlen schreibt. Die Kritik der Streikenden: Schwarze Zahlen seien gar nicht zu erwarten und die vorgeschlagenen Gehaltserhöhungen würden nur 150 und 520 Beschäftigten betreffen. Eine Meldung der Taz zum Streik findest du hier.
Rbb rechnet mit Programmeinschränkungen nach gescheiterten Verhandlungen mit freien Mitarbeitern
Der Rundfunk Berlin-Brandenburg (Rbb) rechnet über Ostern mit Einschränkungen im TV-, Radio- und Onlineprogramm. Grund ist die Teilnahme von 365 freien Mitarbeitern des Senders an der einwöchigen Protestaktion #Wirsindnichtda. Die Teilnehmer legen ihre Arbeit nieder, weil die Verhandlungen mit der ARD-Anstalt über von ihnen geforderte Beschäftigungsgarantien gescheitert waren. Der Rbb begründet seine Position gegen solche Garantien mit der Befürchtung, dadurch weniger flexibel zu sein. Dies könnte aus Sender-Sicht die Rundfunkfreiheit beeinträchtigen. Die Verhandlungen will der Rbb zeitnah wieder aufnehmen. Die Rbb-Freienvertretung, die hinter der Protestaktion steht, hat für Anfang Mai weitere Streiks angekündigt. Etwa 1500 der rund 3500 Mitarbeiter des Rbb sind als „Freie“ beschäftigt. Einen aktuellen Text vom Tagesspiegel zum Thema findest du hier.
Twitter kündigt Edit-Button an – und korrigiert Musk-Berufung in Verwaltungsrat
Twitter hat angekündigt, eine Funktion zum nachträglichen Bearbeiten von Posts einzuführen. Der sogenannte Edit-Button soll in den nächsten Monaten zunächst mit Nutzern des kostenpflichtigen Premium-Angebots Twitter Blue getestet werden. Gründer Jack Dorsey hatte eine solche Funktion in Vergangenheit immer wieder abgelehnt. Kurz vor der Ankündigung, dass die Bearbeitungs-Funktion nun doch kommen soll, hatte sich Tesla-Gründer Elon Musk rund neun Prozent der Aktien von Twitter gesichert. Seine erste Amtshandlung war eine Umfrage auf dem Netzwerk, ob Nutzer einen Edit-Button haben wollen – die Befürworter waren klar in der Überzahl. Korrigiert hat man mittlerweile auch eine Entscheidung über Musk bei Twitter. Anders als zunächst kommuniziert, ist er doch nicht in den Verwaltungsrat des Unternehmens eingetreten. Die Gründe sind unklar. Einen aktuellen Text zur Ankündigung von Twitter findest du hier bei The Verge.
Studie: Gewalt gegen Journalisten nimmt zu
Im vergangenen Jahr gab es 83 tätliche Angriffe auf Medienschaffende in Deutschland – 14 mehr als 2020. Zu diesem Ergebnis kommt die sechste Feindbild-Studie des European Centre for Press and Media Freedom (ECPMF). Die Gewalt habe damit einen neuen Höchststand erreicht. Besonders gefährlich ist es für Journalisten demnach auf Demonstrationen: Drei Viertel der Angriffe fanden bei Protesten gegen Corona-Maßnahmen statt. Die Folge: Laut Studie meiden Journalisten zunehmend die Protestberichterstattung. Eine klare politische Heimat hat ein Großteil der Täter laut ECPMF nicht – in 60 Prozent der Fälle konnten sie keiner Strömung zugeordnet werden, 39 Prozent kamen aus dem „rechten Spektrum“. Die meisten Angriffe fanden in Sachsen statt, aber auch in anderen Bundesländern nehmen die Taten zu. Die ganze Studie findest du hier.
Russland-Ukraine-Ticker: Die neuesten Meldungen aus dem Informationskrieg
► RT DE stellt Sendebetrieb in Deutschland vollständig ein (SüddeutscheZeitung)
► Meta blockiert kurzzeitig Schlagwörter im Kontext der russischen Kriegsverbrechen von Bucha (Spiegel)
► Unbekannte greifen den Chefredakteur der regierungskritischen russischen Zeitung Nowaja Gaseta Dmitri Muratow mit Farbe an (Bild)
► Youtube legt Kanal des russischen Parlaments lahm, Moskau droht mit Sperrung der Plattform (T-Online)
Aus dem Personalticker
► Führungsumbau beim Zeit Magazin
► ZDF: Nadine Bilke wird Programmdirektorin, Bettina SchaustenChefredakteurin
► Frank Pöpsel heuert als geschäftsführender Chefredakteur beim Finanzen-Verlag an
► WarnerMedia-Chef Jason Kilar tritt zurück, Warner Bros. Discovery stellt Führung vor
► David Krause wird Editorial Head of Podcasts bei der Dpa
► Table.Media: Nora Kopplin wird Chief Growth Officer
Mehr Personalien findest du hier.
Stellenanzeige
► Der Digitalverlag KiVVON sucht in Berlin eine(n) Redakteur*in zur Festanstellung in Vollzeit. Mehr dazu
Jobs aus der digitalen Medienbranche auch auf Twitter unter @medienjobboerse
Die Idee wurde beim Mittagessen an einem Freitag konkret, keine 24 Stunden später war sie online. Fast einen Monat lang haben wir für die Mitgliedschaft für die Pressefreiheit geworben. Aus jeder neuen Jahresmitgliedschaft bei Medieninsider sollte die Hälfte des Beitrags an Reporter ohne Grenzen gehen. Der Grund:
Wir wollten helfen im Kampf für die Pressefreiheit in der Ukraine und Russland, ohne aktivistisch zu werden – und wir wollten als Start-up mit Community-Ansatz Medieninsidern die Gelegenheit geben, uns beim Helfen zu helfen.
Das hat gut funktioniert. Vergangenen Freitag war Christian Mihr,Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen zu Besuch, um Bilanz zu ziehen. Unseren Blog-Beitrag dazu kannst du hier lesen.
Medieninsider spenden: So lief unsere Aktion für die Pressefreiheit
Lesetipp
von Kevin Dusch
Der Kreml schränkt die Pressefreiheit immer weiter ein. Zwei neue Mediengesetze machen es für Medien nahezu unmöglich, straffrei unabhängig über den Krieg in der Ukraine zu berichten. Das betrifft vor allem inländische Titel – aber auch internationale Medien drohen den Menschen in Russland als unabhängige Berichterstatter verloren zu gehen.
Doch die Medien wollen Putins Nachrichten-Embargo nicht auf sich sitzen lassen und suchen nach Schlupflöchern. Wie das gehen kann, beschreibt Yasmeen Serhan in The Atlantic am Beispiel von Radio Free Europe/Radio Liberty. Der Sender, heute von der US-Regierung finanziert, wurde während des Kalten Krieges gegründet, um ein Publikum jenseits des Westens zu erreichen. Damals wie heute versuchte die Führung in Moskau, das zu unterbinden. Damals sendete die Radiostation dazu auf mehreren Frequenzen, heute setzt sie auf andere Mittel:
► Website-Klone: Mit gespiegelten Websites umgeht Radio Liberty die Sperrung ihrer eigentlichen Seite und bringt eine exakte Kopie online. Dieselbe Methode wenden auch andere Medien an, Organisationen wie Reporter ohne Grenzen unterstützen dabei.
► Zufallsempfänger: Inspiriert von der Arbeit von Radio Liberty hat die polnische Programmierergruppe Squad303 eine Software entwickelt, die per Zufallsprinzip SMS-Nachrichten und E-Mails mit Nachrichten an Russen sendet.
Für Digiday hat Sara Guaglione aufgeschrieben, wie neben Guerillia-Angeboten auch internationale Legacy-Medien versuchen, in die Nachrichten-Echokammer des Kreml einzudringen. Sie macht zwei weitere Strategien aus:
► Messenger-Dienste: Unter anderem die New York Times und die Washington Post teilen Nachrichten über die Messenger-App Telegram. Sie ist eine wichtige, niedrigschwellige Informationsquelle für Menschen in Russland und der Ukraine geworden. Auch Radio Liberty und zahlreiche deutsche Medien nutzen diesen Weg – Bild hat jüngst extra einen Telegram-Kanal in russischer Sprache gestartet.
► Kostenfreie Inhalte: Zeitungen wie die Washington Post, The Economistund das Wall Street Journal haben ihre Bezahlschranken ganz oder teilweise für die Regionen Russland und Ukraine aufgehoben. Der Traffic ist dadurch gestiegen.
Egal, wie laut ein Despot droht – freie Medien suchen einen Weg, trotzdem zu berichten. Diese Auswahl ist sicher nur ein Teil der Möglichkeiten, aber sie zeigen doch Wirkung. Den Text von Yasmeen Serhan in The Atlantic findest du hier, Sara Guagliones Digiday-Beitrag hier.
Viele Grüße sendet dir
Marvin