Obermayer, Obermaier und die Gründerstimmung im Journalismus

Ausgabe #16/2022

Hallo Medieninsider!

Schön, dass du dabei bist! Was dich in dieser Woche im Lese-Letter unter anderem erwartet:

► Weshalb Marina Owsjannikowa als Welt-Korrespondentin polarisiert

► Was die Gründung von Bastian Obermayer und Frederik Obermaier über das Ökosystem des Journalismus aussagt  

► Wie Gruner + Jahr jetzt auch noch seine letzte, wertvolle Medienmarke ausschlachtet

► Welchen spannenden Gast wir als nächstes im Directors’ Club begrüßen – und wie du dabei sein kannst!

► Wie unsere Spenden-Aktion mit Reporter ohne Grenzen lief

Für die einen ist Marina Owsjannikowa eine Heldin im Kampf gegen Zensur, Desinformation und für die Pressefreiheit. Für die anderen ist sie eine mystische Figur aus dem russischen Propaganda-Apparat. 

Owsjannikowa ist die Frau, die vor einigen Wochen in eine russische Nachrichtensendung stürmte, ein Plakat mit der Aufschrift „No war“ in die Kamera hielt und damit international für Aufsehen sorgte. Anstatt anschließend die volle Härte des russischen Staates zu erfahren, kam die Journalistin, die zuvor für den russischen Staatsender Channel One arbeitete, vergleichsweise milde davon. 

Seit vergangener Woche arbeitet Owsjannikowa nun als Kolumnistin für die Welt, schreibt über ihre Aktion, ihre vergangenen Jahre im Propaganda-Dienst und den Krieg in der Ukraine. Ihr Engagement wird mit Skepsis begleitet, nicht nur von Ukrainern, die vergangene Woche sogar vor dem Verlagsgebäude Axel Springers demonstrierten. Marvin hat einige Details zusammengetragen. Du kannst sie als Medieninsider hier lesen.

Demo bei Springer: Kritik an Berufung von Marina Owsjannikowa als Welt-Korrespondentin

Eingang des Axel-Springer-Verlags. Foto: Axel Springer SE
Eingang des Axel-Springer-Verlags. Foto: Axel Springer SE

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Wie gut kennst du dich bei dem Thema Medien-Innovation aus? – Jetzt mitraten!

Medienhäuser müssen sich immer wieder neu erfinden, um innovativ zu sein. Aber was sind die großen Herausforderungen und Bedürfnisse, welche Branche ist Innovationsvorreiter und was treibt Innovation eigentlich an? XPLR: MEDIA in Bavaria hat dazu bei über 250 Medienunternehmen nachgefragt. Bevor wir alle Insights verraten, kannst du hier dein Wissen unter Beweis stellen.

Was ist der größte Treiber von Innovation?

P.S.: Die richtige Antwort findest du in der Medien-Innovationsstudie von XPLR: MEDIA in Bavaria.


In diesem Newsletter wurde sich in den vergangenen Wochen mehrfach mit der Entwicklung der Süddeutschen Zeitung befasst sowie der Bedeutung der Abgänge von Bastian Obermayer und Frederik Obermaier. Ich möchte die Debatte um eine Dimension erweitern, die Personalien der beiden prominenten Investigativ-Journalisten sind nämlich nicht nur aufgrund ihrer Prominenz besonders – sondern auch mit Blick auf das journalistische Ökosystem. 

Obermayer und Obermayer wechseln nämlich nicht einfach zum Spiegel. Sie binden das Nachrichtenmagazin als Premium-Partner an sich und ihr Start-up Papertrail Media. Sie legen damit den Grundstein für eine neue Form von Medienunternehmen und Medien-Kollaboration. 

Warum und weshalb ausgerechnet jetzt der richtige Zeitpunkt für Gründerfieber im Journalismus ist, kannst du als Medieninsider hier lesen.

Obermayer, Obermaier und das Gründerfieber im Journalismus


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Step by Step zur erfolgreichen Kampagne

Was gilt es zu beachten, wenn ich eine Podcast Kampagne plane? Welche Möglichkeiten habe ich? Wie wähle ich die Podcasts, in denen meine Werbung zu hören sein soll? Welche Werbeformen gibt es und welche eignet sich für meine Marketingbotschaft? Diese und viele weitere Fragen klären wir in diesem Beitrag und zeigen Dir, wie Du mit Julep in 6 Schritten eine erfolgreiche Podcast Kampagne umsetzt.


Gruner + Jahr bringt ein neues Heft auf den Markt – beziehungsweise in den Baumarkt. Respekt heißt die Zeitschrift, die nicht aus Eigeninitiative entstanden ist, sondern auf Bestellung durch die Baumarkt-Kette Toom. 

Das Verlagshaus überschreitet damit publizistische Grenzen, findet Marvin. Mit Respekt und Nachhaltigkeit habe das was, Gruner + Jahr macht, nichts mehr zu tun:

„Man stellt nicht nur seine starke Marke an den Straßenrand und schaut mal, wer so anhält. Man lässt auch noch zu, dass sie für Greenwashing missbraucht wird.“

Den Kommentar von Marvin kannst du als Medieninsider lesen.

Gruners Geo und das Baumarkt-Blättchen

Geo-Ableger Now und Respekt
Geo-Ableger Now und Respekt

Komm zu unserem ersten Live-Event in Berlin!

Es ist wieder Zeit für etwas Neues in unserem Directors’ Club: Am Mittwoch, den 11. Mai, werden wir unseren Club-Event erstmals physisch veranstalten!

Wir freuen uns auf einen gemeinsamen Networking-Abend mit dir und anderen Medieninsidern in einer exklusiven Location: im The Grand im Herzen von Berlin.

Natürlich haben wir auch einen hochkarätigen Gast eingeladen: Holger Friedrich, Eigentümer des Berliner Verlags, wird zum Talk vorbeikommen.

Der Event ist offen für alle Medieninsider, Director-Mitglieder erhalten besondere Vergünstigung. Dennoch der Hinweis: Die Plätze sind begrenzt.

Weitere Informationen findest du nach dem Klick auf den Button


News und Entdeckungen der Woche 

zusammengetragen von Kevin Dusch

Heute keine gedruckte taz

Am heutigen Mittwoch erscheint keine gedruckte Ausgabe der taz. Offenbarer Grund: Ein Stromausfall hat die Produktion behindert, sodass die Ausgabe nicht fertig gestellt werden konnte. Am Dienstagabend war auch taz.de nicht erreichbar. Nach eigenen Angaben ist es das erste Mal seit Gründung vor 43 Jahren, dass keine taz erscheint. Den Tweet der Redaktion findest du hier.

Entlassungen bei der taz

Die taz schließt die Standorte der Anzeigenabteilung in Bremen und Hamburg und spricht betriebsbedingte Kündigungen aus. Das berichtet nd. Betroffen seien drei Mitarbeiter zwischen 57 und 60 Jahren, die mehr als 16 Jahre für die taz tätig gewesen sein sollen. Laut Bericht sei den Mitarbeitern das Angebot unterbreitet worden, in der taz-Zentrale in Berlin weiterzuarbeiten. Die Entscheidung der Geschäftsführung stößt innerhalb der Belegschaft der linken Tageszeitung auf heftige Kritik. Auch widerspricht die Anzeigenabteilung der Begründung der Geschäftsführung, dass man festgestellt habe, dass zentrales Arbeiten zielführender sei. Den Bericht von nd findest du hier.

Warner Bros. Discovery entzieht CNN+ Werbemittel

CNN+ steht kurz nach seinem Start offenbar vor einer ungewissen Zukunft. Diesen Eindruck erweckt ein aktueller Bericht des US-Portals Axios. Demnach habe der gerade fusionierte Mutterkonzern Warner Bros. Discovery kurzerhand die Marketingausgaben für den Streamingdienst gestrichen und CFO Brad Ferrer kurzerhand durch Discoverys Streaming-CFO Neil Chugani ersetzt. CNNs Streamingstrategie. Während CNN-Funktionäre den Start mit bislang 150.000 Abonnenten positiv bewerten, sei man bei Discovery anderer Meinung, so Axios. Schon der Start von CNN+ habe für Unmut gesorgt, weil er relativ kurz vor der Fusion des Unternehmens mit der CNN-Mutter WarnerMedia stattfand. Ein möglicher Grund: Warner Bros. Discovery plant, HBO Max stärker auszubauen und im Streaming-Geschäft in den Fokus zu rücken. Die ausführliche Recherche von Axios findest du hier.

Elon Musk will Twitter kaufen

Tesla-Chef Elon Musk will Twitter komplett übernehmen. Demnach hat Musk den übrigen Aktionären angeboten, 54,20 US-Dollar pro Aktie zu bezahlen. Das entspräche einem Kaufpreis von 41,1 Milliarden US-Dollar. Kurz nach Musks Angebot lag der Kurswert von Twitter bei 46 US-Dollar. Der Milliardär kündigte an, das Unternehmen von der Börse zu nehmen. Sollte die Übernahme scheitern, müsse Musk auch seine bisherigen Investitionen in Twitter überdenken, heißt es in dem Kaufangebot. Gerade erst hatte er rund neun Prozent am Unternehmen übernommen. Indes versucht der Verwaltungsrat von Twitter die Übernahme durch eine sogenannte Giftpille zu verhindern. Die Idee: Übernimmt ein Aktionär mehr als 15 Prozent des Unternehmens, können andere Anteilseigner günstig weitere Anteile kaufen. Außerdem müsste Musk bei einem tatsächlichen Kauf großer Teile der Aktien eine Kontrollprämie über dem Marktwert der Anteile zahlen. Die Maßnahme solle zunächst für ein Jahr gelten. Einen Text zu Musks Twitter-Plänen findest du hier.

Rechte News-Plattform Infowars stellt Insolvenzantrag

Die US-Plattform Infowars um den Verschwörungstheoretiker Alex Jonesstellt einen Insolvenzantrag. Infowars war nach mehreren Verleumdungsklagen und drei Verurteilungen zu Schadenersatzzahlungen in finanzielle Schieflage geraten. Grund für die Verfahren war die Verbreitung der Falschbehauptung, das Schulmassaker von Sandy Hook 2012 sei eine Erfindung von Befürwortern strengerer Waffengesetze gewesen. Bei dem Angriff waren 26 Menschen getötet worden, davon 20 Kinder. Mit dem nun angestrengten Insolvenzverfahren werden sämtliche zivilrechtliche Streitigkeiten ausgesetzt, damit Infowars einen Sanierungsplan ausarbeiten kann. Eine Meldung zum Thema von der Süddeutschen Zeitung findest du hier.

WhatsApp startet Community-Feature zum Erreichen mehrerer Gruppen

Der Messenger-Dienst WhatAapp ermöglicht es Nutzern nun, mehrere Gruppen gleichzeitig zu adressieren. Bisher waren Massen-Nachrichten auf einzelne Gruppen mit einer Maximalgröße von 256 Teilnehmern begrenzt. Zunächst wird das Feature nur für eine kleine Testgruppe ausgerollt. Über einen Community-Tab können innerhalb dieser großen Gruppen kleinere Sub-Gruppen erstellt werden. Die Möglichkeit, eine Nachricht gleichzeitig an mehrere Gruppen zu senden, soll allerdings den Admins vorbehalten sein. Einen ausführlichen Bericht von The Verge zu den Community-Plänen von WhatsApp findest du hier.

Plattformen fahren Live-Audio-Ambitionen zurück

Facebook scheint seine Live-Audio-Bemühungen im Sande verlaufen zu lassen. Vor etwa einem Jahr, auf der Höhe des Audio-Hypes, hatte die Plattform Live-Audio-Rooms nach dem Vorbild von Clubhouse sowie Podcasts für seine US-Nutzer eingeführt. Um den Start zu befeuern wurden Verträge mit Creatorn geschlossen und sogar eine Podcast-Konferenz veranstaltet. Die Idee für ein Schulungsprogramm für Podcaster wurde aber bis heute nicht umgesetzt, die Podcast- und Live-Audio-Verträge des vergangenen Jahres mehrheitlich nicht verlängert. Im März war bekannt geworden, dass auch Spotify seine Ambitionen zurückfahren wird. Die entsprechende App Greenroom soll zukünftig in der Haupt-App aufgehen. Auch der Streaming-Dienst hatte wie Facebook versucht, das Geschäft mit Exklusiv-Deals anzuheizen. Ein geplantes Finanzierungsvorhaben namens „Creator Fund“ wurde ähnlich wie das Audio-Schulungsprogramm von Facebook nicht umgesetzt. Einen Text zum Abflauen von Facebooks Audio-Ambitionen findest du unter anderem hier.

Russland-Ukraine-Ticker: Die neuesten Meldungen aus dem Informationskrieg

► RSF-Bilanz: Bisher sieben Medienschaffende bei Ukraine-Berichterstattung getötet (Reporter ohne Grenzen)

► Russische Journalisten des Studentenmagazins Doxa zu Strafarbeit und drei Jahren Website-Betriebsverbot verurteilt (Der Standard)

► Neuer Fonds bündelt Hilfsangebote für Medien in Russland und der Ukraine (JX Fund)

► Russischer Journalist Vladimir Kara-Murza nach kritischem CNN-Interview festgenommen, USA fordern Freilassung (Axios)

Aus dem Personalticker


► Focus: Chef des Medienressorts Robert Vernier geht

► Welt-Korrespondent Max Kalkhof wird Pressverantwortlicher bei Klarna

► Markus Schäfer wird Leiter bei ZDF Studios

► Carsten Coesfeld wird CEO bei Bertelsmann Investments

► Joe Kahn wird Chefredakteur der New York Times

Mehr Personalien findest du hier.


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Jobs aus der digitalen Medienbranche auch auf Twitter unter @medienjobboerse


Die Idee wurde beim Mittagessen an einem Freitag konkret, keine 24 Stunden später war sie online. Fast einen Monat lang haben wir für die Mitgliedschaft für die Pressefreiheit geworben. Aus jeder neuen Jahresmitgliedschaft bei Medieninsider sollte die Hälfte des Beitrags an Reporter ohne Grenzen gehen. Der Grund:

Wir wollten helfen im Kampf für die Pressefreiheit in der Ukraine und Russland, ohne aktivistisch zu werden – und wir wollten als Start-up mit Community-Ansatz Medieninsidern die Gelegenheit geben, uns beim Helfen zu helfen.

Das hat gut funktioniert. Vergangenen Freitag war Christian Mihr,Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen zu Besuch, um Bilanz zu ziehen. Unseren Blog-Beitrag dazu kannst du hier lesen.

Medieninsider spenden: So lief unsere Aktion für die Pressefreiheit

Christian Mihr zu Besuch bei Medieninsider, Foto: Fabian Schrum
Christian Mihr zu Besuch bei Medieninsider, Foto: Fabian Schrum

Lesetipp

von Kevin Dusch

Russland führt uns im Ukraine-Krieg deutlich vor Augen, dass Krieg auch medial geführt wird: Besonders Falschinformationen in sozialen Netzwerken haben für den Kreml einen hohen strategischen Stellenwert – einerseits, um die ukrainische und die übrige westliche Bevölkerung zu brechen. Andererseits, um das eigene Volk ruhig zu halten. Mit welchen Mitteln das Putin-Regime das auch in Deutschland anstellt, lässt sich Caroline Amme im ntv-Podcast Wieder was gelernt von Kommunikationswissenschaftlerin Anna Litvinenko erklären.

► Ängste erkennen: Kürzlich ging ein Video viral, in dem eine Frau auf Russisch erzählt, ein 16-jähriger Junge sei in Euskirchen in NRW von ukrainische Flüchtlingen zu Tode geprügelt worden, weil er Russisch sprach. Das setzt bei den Ängsten vieler Deutsch-Russen an, die Erfahrung mit Diskriminierung haben. Laut Polizei hat es diesen Fall nie gegeben.

► Kontexte umdeuten: Mit neuen Überschriften werden immer wieder Bilder und Videos, etwa aus Militärübungen oder gar aus Computerspielen, fälschlicherweise in einen anderen Kontext gesetzt. Sie sollen entweder russische Erfolge oder ukrainische Gräueltaten kolportieren.

► Falschinformationen professionalisieren: Seit Jahren arbeitet Russland mit professionellen Troll-Fabriken, die hauptberuflich auf Social Media kommentieren und Fake News mithilfe von Memes verbreiten. Solche Troll-Fabriken griffen auch in den US-Wahlkampf ein. Eine neue Troll-Fabrik soll sich vollständig auf den Ukraine-Krieg spezialisiert haben.

► Vertrauen schaffen: Die russische Propaganda macht sich unter anderem auf TikTok auch pro-russische Influencer zunutze und profitiert vom Vertrauen der Zuschauer in ihre Idole. 

► Die richtigen Netzwerke nutzen: Besonders wichtig für die Verbreitung russischer Falschinformationen sind die Messenger-Dienste Telegram und Whatsapp. Einmal dort gestreut, werden die Inhalte oft ungeprüft im Privaten weiterverbreitet, etwa in Familien- und Freunde-Gruppen. Auch dort wird Glaubwürdigkeit geschaffen.

Weitere Details zu den digitalen Kriegsmethoden Russlands und welche Wege es gibt, ihnen zu entrinnen, erfährst du in der ganzen Podcastfolge von Wieder was gelernt. Für alle, die den Beitrag lieber lesen als wollen, gibt es die Folge auf der Seite auch als leicht gekürzten Text. Beides findest du hier.

Viele Grüße sendet dir
Alexandra

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Alexandra Borchardt
Alexandra Borchardthttps://alexandraborchardt.com/
Dr. Alexandra Borchardt ist Journalistin mit mehr als 25 Jahren Berufspraxis, 15 davon in Führungspositionen (Süddeutsche Zeitung, Plan W). Sie ist Buchautorin, Beraterin und Medienforscherin mit besonderem Blick für Leadership und Digitalisierung.

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