Hallo Medieninsider!
Schön, dass du dabei bist! Was dich in dieser Woche im Lese-Letter unter anderem erwartet:
► Wie die internen Auftritte von Springer- und Bild-Führung abgelaufen sind
► Weshalb die DuMont-Zeitungen demnächst dünner ausfallen könnten
► Warum Ippen doch keine Reichelt-Recherchen mehr bringt
► Welchem Thema die dpa in ihrer Berichterstattung gerechter werden will
Axel-Springer-CEO Mathias Döpfner muss Feuer löschen, die er selbst gelegt hat. Vor dem Wasserschlauch griff er aber zum Benzinkanister:
► Er versuchte in Washington die gerade neu hinzugewonnen Mitarbeiter von Politico wieder einfangen (Axios), weil er im Wall Street Journal Ideen referierte, vor ihrem Angebot eine Paywall hochzuziehen – zuvor versicherte (Washington Post) er ihnen noch :
„We’re from Berlin. We don’t like the concept of walls.“
► Er versuchte die BDZV-Verleger wieder einzufangen (Übermedien), weil seine öffentlichen Erklärungen, seine Aussage – fast alle Journalisten außer Julian Reichelt seien Propaganda-Assistenten – sei ironisch gemeint gewesen, nicht ausgereicht haben.
► Er versuchte in dieser Woche die Belegschaft von Welt wieder einzufangen, weil die sich nach dem überraschenden Wechsel ihres WamS-Chefredakteurs zu Bild noch nicht gewürdigt gefühlt hat.
► Und er versuchte gleich mehrmals die Belegschaft von Bild wieder einzufangen, weil er hier durch das Festhalten an Chefredakteur Julian Reichelt, zahlreichen Aussagen der vergangenen Wochen und anderen Entscheidungen am meisten Vertrauen eingebüßt und die meisten Rückfragen produziert hat.
Gleich drei Mal innerhalb von eineinhalb Wochen stand Mathias Döpfner vor den Bild-Mitarbeitern, um sich zu erklären, zu erläutern und zu korrigieren. Rechnet man seine Video-Nachricht (an alle Springer-Mitarbeiter) vor dem Abflug nach Washington hinzu, waren es sogar vier Mal.
Wir waren jedes Mal nah dran, oder um es mit den Worten des Kollegen Daniel Bouhs zu sagen: Medieninsider lag unterm Tisch. Du findest alles, was du zu den internen Vorgängen bei Bild und Axel Springer wissen musst, in den unten stehenden Artikeln:
Krisen-Konferenz mit Döpfner: Boies Pläne für Bild– und was die nun ausgerechnet von der SPD lernen soll
Julian Reichelt ist weg, doch viele Probleme bleiben. Für den Vorstand um Mathias Döpfner und das Team um den neuen Bild-Chef Johannes Boie geht es jetzt vor allem erst einmal um: Schadensbegrenzung, Vertrauen wiedergewinnen, weitermachen. Am Montag stellte sich die Führungsmannschaft deshalb den Fragen der Belegschaft – die wichtigsten Aussagen findest du in unserem Artikel. Darin erfährst du…:
► … welches Motto nun bei Bild gilt und was das mit der SPD zu tun hat.
► … wie der 4-Punkte-Plan von Bild-Chef Boie nur eine Woche nach Antritt aussieht
► … weshalb aus einem Duo an der Spitze nun ein Trio wurde
► … die Versäumnisse des Managements und in der Krisenkommunikation.
► … die Reaktionen von Investor KKR.
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MEDIENTAGE MÜNCHEN: Jetzt noch online teilnehmen
Das erwartet euch bei den MEDIENTAGEN vom 25.-29. Oktober: 5 Tage Konferenz, Expo und Abendevents in einer Location, über 400 Speaker in mehr als 100 Sessions sowie Networking-Möglichkeiten vor Ort im Isarforum und online. Mit dabei sind u.a. Natali Amiri (Moderatorin des ARD-Magazins Weltspiegel), Bastian Obermayer (Leiter Investigative Recherche SZ) und Christian Mihr (Geschäftsführer Reporter ohne Grenzen). Tickets gibt es bereits ab 119 Euro.
Mathias Döpfner entschuldigt sich erstmals bei Mitarbeitern und Betroffenen
Erst fünf Tage nach der Demission von Julian Reichelt (und Monate nach dem Compliance-Verfahren) entschuldigte sich Mathias Döpfner erstmals nicht nur bei Mitarbeitern, sondern auch bei Betroffenen von Reichelts Fehlverhalten für die Strapazen der vergangenen Wochen und Monate. Seine am Freitag intern gehaltene Reue-Rede findest du im Wortlaut nur bei uns.
Döpfner-Video: ein Dokument der völligen Empathielosigkeit
Döpfners Entschuldigung hat lange auf sich warten lassen und war spätestens nach seiner kurzen Videobotschaft Mitte der vergangenen Woche dringlich, denn: Zweifel am eigenen Handeln fehlten, über Betroffene und in Mitleidenschaft gezogene verlor der CEO kein Wort – stattdessen verbreitete er weiter das Bild von verschwörerischen „Hintermännern“, die es auf den Konzern abgesehen haben. Döpfners Auftritt – den er mittlerweile bereut – war eine Grenzüberschreitung, schreibt Bernd Ziesemer in seinem Gastkommentar für Medieninsider. Der Journalisten-Ausbilder und ehemalige Chefredakteur des Handelsblatt meint:
„Springer ist kein gut geführtes Unternehmen.“
2. November: Directors‘ Club mit Janina Mütze
► Kommende Woche, am 2. November um 15:30 Uhr, kommt Janina Mütze in den Directors‘ Club. Sie ist Co-Gründerin des Meinungsforschungsinstituts Civey, das ausschließlich auf Online-Umfragen setzt. Mit ihr werde ich über die Transformation der Demoskopie sprechen – und sicher auch noch einmal auf Umfragen und Prognosen zur Bundestagswahl zurückblicken.
► Und schon am 12. Novemberum 12 Uhr ist Andrea Wasmuth im Medieninsider-Studio. Sie ist seit 2020 in der Geschäftsführung der Handelsblatt Media Group und seit diesem Jahr die Vorsitzende Geschäftsführerin. Mit ihr werde ich über ihre Karriere als Medienmanagerin sprechen und ihren Plan für die Mediengruppe.
Weitere Infos findest du hier.
Mehr News & Entdeckungen aus der Woche
zusammengetragen von Kevin Dusch
DuMont will Zeitungen wegen Papierknappheit schrumpfen
Express, Kölner Stadt–Anzeiger und die Kölnische Rundschau könnten demnächst in geringerem Umfang erscheinen, berichtet der Spiegel. Außerdem könnten die bisher separaten lokalen und sublokalen Zeitungsteile zusammengeführt werden. Als Grund führt der Verlag den anhaltenden Papiermangel an. Seit Monaten ist Altpapier als Rohstoff knapp, bereits Anfang September war der Preis im Vergleich zum Jahresbeginn um 70 Prozent gestiegen. Einen aktuellen Bericht des Spiegel findest du hier.
Ippen veröffentlicht doch keine Reichelt-Recherchen mehr
Die Ippen Mediengruppe hat in einer Meldung in eigener Sache verkündet, keine weiteren Teile ihrer Recherchen zu Verfehlungen von Ex-Bild-Chef Julian Reichelt zu veröffentlichen. Als Grund nannte Ippen-Digital-Chefredakteur Markus Knall, dass sich die Situation für einige Quellen geändert habe und eine Veröffentlichung damit nicht mehr möglich sei. Nachdem der Verleger Dirk Ippen die ursprüngliche Veröffentlichung der Recherche gestoppt hatte, wurden Teile davon im Spiegel publiziert. Die Mitteilung in eigener Sache von Ippen im Merkur findest du hier.
Dpa will Klimaberichterstattung ausbauen
Die dpa will ab November ihre Berichterstattung zum Klimawandel ausbauen und hat dafür ein eigenes „Klima-Team“ gegründet. Die Einheit umfasst sechs Köpfe und steht unter Verantwortung der Wirtschaftsredakteurinnen Johanna Uchtmann und Katharina Redanz. Mit dem Ausbau der Berichterstattung und der Klima-Rubrik will die dpa einem steigenden Interesse an diesen Themen nachkommen. Viele Medien veröffentlichen inzwischen Beilagen, Newsletter oder bespielen eigene Online-Rubriken.
Facebook einigt sich mit französischem Verlegerverband
Der Verlegerverband in Frankreich und Facebook haben sich über Urheberrechte geeinigt. Damit rückt der Start von Facebook News in Frankreich näher. Im Rahmen der neuen Vereinbarung soll Facebook künftig Lizenzgebühren für Inhalte an die Verlage zahlen. Genaue Summen werden allerdings nicht genannt. Eine aktuelle Meldung vom Deutschlandfunk findest du hier.
Apple steigert Marktanteil im Werbegeschäft erheblich – durch Datenschutzregeln
Apple hat seinen Marktanteil im Bereich Search Ads im vergangenen halben Jahr mehr als verdreifacht. Inzwischen entfallen 58 Prozent der auf Werbung zurückzuführenden App-Installationen auf Apple-Geräten auf Search Ads. Grund dafür sind allerdings keine neuen Tools oder Services, sondern die neuen Datenschutzrichtlinien, mit denen Apple die Konkurrenz ausschließt. Mitbewerber wie Facebook und Google haben seit der Einführung keinen Zugriff mehr auf Nutzerdaten von Apple-Kunden. Einen Thread zum Thema von Financial-Times-Journalist Patrick McGee findest du hier.
Trump gründet Medienunternehmen
Der ehemalige US-Präsident Donald Trump hat den Start seiner eigene Social-Media-Plattform mit dem Namen „Truth Social“ angekündigt. Dafür hat der Republikaner die Trump Media & Technology Group (TMTG) gegründet. Bereits im November soll das Netzwerk als Testversion starten, 2022 dann für alle verfügbar sein. Neben dem sozialen Netzwerk will der Ex-Präsident mit der TMTG auch einen eigenen Videodienst launchen. Das könnte ein Hinweis darauf sein, dass Trump einen eigenen Medienkosmos errichten möchte. Bereits im April waren ähnliche Pläne durchgesickert, Medieninsider veröffentlichte damals ein Pitch-Deck, das eine Trump Media Group skizzierte. Unseren Artikel dazu findest du hier. Einen aktuellen Text zur Ankündigung von Truth Social von Zeit Online findest du hier.
Rupert Murdoch verpflichtet Piers Morgan und setzt Konkurrenten GB News unter Druck
Rupert Murdoch hat in Großbritannien den Start eines neuen Fernsehsenders für „alternative Nachrichtenangebote“ namens TalkTV angekündigt. Das Programm geht an den Start, nachdem sich Murdochs NewsCorp. mit seinem Sender News UK aus dem linearen Fernsehen zurückgezogen hatte. Die Kehrtwende ist auch ein direkter Angriff auf den neuen, ebenfalls rechts ausgelegten Sender GB News, der in jüngerer Vergangenheit mit schlechten Quoten und inhaltlichen Streitigkeiten zu kämpfen hatte. Einen aktuellen Artikel zum Thema von PressGazette findest du hier.
Aus dem Personalticker:
► Kerstin Weng wird Chefredakteurin bei Vogue
► Rainald Becker wird Chefkorrespondent beim SWR
► Programmdirektor Reinhard Scolik verlässt BR
► Sissi Benner-Stenzel geht zu Thjnk
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Offene Stellen
► Business Analyst (m/w/d) im Büro Bardohn
► Ressortleitung (m/w/d) für die Lokalredaktion in Osterholz-Scharmbeck beim Weser-Kurier
► Community-Redakteur (m/w/d) bei Medieninsider
Aus der Medieninsider-Mediathek
► Arist von Harpe über seine Motive für den Kauf der Hamburger Morgenpost, Paid-Content-Pläne und neue Ideen für die Vermarktung. Zum Video und zur Zusammenfassung.
► Katrin Gottschalk, Produktchefin und Vize-Chefredakteurin der taz, über Transformation und eine papierlose Zukunft. Zum Video und zur Zusammenfassung.
► Holger Stark, Investigativchef und stv. Chefredakteur der Zeit, über Pressefreiheit und investigativen Journalismus. Zum Video.
Lesetipp
Newsletter liegen voll im Trend, fast jedes Medienhaus verfügt bereits über ein ordentliches Portfolio. Doch wann wird aus einem breiten Angebot ein zu großes Angebot?
The Telegraph hat jetzt für sich entschieden, dass dieser Punkt mit mehr als 40 redaktionellen Newslettern erreicht ist. Künftig will das Haus darum die Anzahl reduzieren. Sechs Newsletter sollen ganz verschwinden, andere zusammengeführt werden. Einige gute Gründe für eine Reduzierung des Newsletterangebots bei Publishern hat Sara Guaglione bei Digidayzusammengefasst. Darunter:
► Newsletter haben eine begrenzte Lebensdauer. Viele Nutzer probieren gern neue Newsletter aus, wechseln aber auch wieder schnell zu anderen oder bestellen sie ganz ab.
► Allgemeines zieht besser als Spezielles.The Telegraph hat im Nutzerverhalten erkannt, dass bestimmte Themengebiete wie Auslandsberichterstattung und Sport besser zusammengefasst funktionieren, als in kleinen Einzeltiteln.
► Oft fehlt eine Strategie. Guaglione zitiert einen Experten, laut dem viele Newsletter kein klares Konzept haben, an dem Erfolg gemessen wird. Es lohne sich demnach, bestimmte Faktoren zu identifizieren und im Zweifel umzuschwenken.
► Der Erfolg von Newslettern ist kaum messbar. Abo-Zahlen, Öffnungsrate, etc.: Sie alle sagen kaum etwas darüber aus, wie groß die Leserschaft tatsächlich ist.
Sind Newsletter also ein Trend der sich dem Ende neigt? Sicher nicht. Aber: Eine kritische Auseinandersetzung mit dem eigenen (Über)Angebot lohnt sich allemal. Den ganzen Artikel von SaraGuaglione bei Digiday findest du hier.
Ich wünsche dir noch eine schöne Woche!
Viele Grüße sendet dir
Marvin