So hat sich die taz im Pandemiejahr 2020 geschlagen

Ausgabe #49/2021

Hallo Medieninsider!

Schön, dass du dabei bist! Was dich in dieser Woche im Lese-Letter unter anderem erwartet:

► Bild kämpft mit sich selbst

► Erkenntnisse aus dem Datenprojekt Drive für die Medienlandschaft

► Deutsche Welle setzt Zusammenarbeit mit internationalen Partnern aus

► BuzzFeed ist jetzt ein Börsenunternehmen, Trumps Media Group will eines werden

► Weshalb personalisierte Roboter-News im Audio-Segment nicht funktionieren


Johannes Boie hatte sich für Bild eigentlich vorgenommen, wieder mehr Schlagzeilen zu produzieren, als selbst für welche zu sorgen. Sieben Wochen nach Antritt des neuen Chefredakteurs steht Deutschlands größte Tageszeitung aber wieder prominent in der Kritik. Der Grund: Am Wochenende stellte das Blatt drei Naturwissenschaftler an den medialen Pranger.

Mit Foto der drei Experten und unter der Überschrift „Die Lockdown-Macher“ schrieb Bild:

„Experten-Trio schenkt uns Frust zum Fest.“

Marvin hat sich für seinen Artikel mit dem Pranger und den Reaktionen darauf befasst. Er erkennt in der Aktion „einen publizistischen Rückfall“, der andere kulturelle Fortschritte bei Bild nun überschattet. Marvin hält fest:

„Bild kämpft. Am meisten mit sich selbst.“

Das wird auch anhand der internen Reaktionen auf die Berichterstattung und den Corona-Kurs von Bild deutlich. Wie diese ausfallen, erfährst du im Artikel.

So reagieren Mitarbeiter auf den Corona-Kurs von Bild

Bild-Chefredakteur Johannes Boie. Foto: GABO/AXEL SPRINGER SE/MEDIENINSIDER

Die Akte Julian Reichelt

Berichte, Analysen, Wortlautprotokolle: Medieninsider war am nächsten dran an den Vorgängen bei Axel Springer und dem Compliance-Verfahren rund um Julian Reichelt. Nun haben wir unsere gesamte Berichterstattung in einem INSIGHT gebündelt. Entstanden ist eine exklusive Dokumentation der Affäre,die den Anfang einer der größten Krisen für Axel Springer und CEO Mathias Döpfner markiert. 

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Journalismus zu verkaufen, ist kein Verbrechen. Trotzdem behandeln potenzielle Nutzer Reporterinnen und Redakteure manchmal so, als wären sie Wucherer. Unverschämt sei das, wichtige Informationen nur zahlenden Kunden zugänglich zu machen, wettern die vom Login Abgeschmetterten. Manche ziehen die große Keule hervor: die Spaltung der Gesellschaft. Wer will es Journalisten dann verdenken, dass sie schnell mal eine Spur zu pathetisch werden, wenn sie über ihr Handwerk reden? Sie sprechen lieber von Aufklärung und Demokratie, von Wächterfunktion und Bürger-Service als von Nutzerbindung und Geschäftsmodellen. Wahr ist allerdings: 

Ohne rasante Fortschritte in der Kommerzialisierung ihres Angebots werden es die wenigstens Verlage schaffen, ihre hehren Versprechen wenigstens für einen Teil der Öffentlichkeit einzulösen.

In meiner aktuellen Kolumne befasse ich mich mit diesem Trend, der im branchenweit viel beachteten Drive-Projekt seine Bestätigung findet, und erkläre, welche Lehren daraus für die Medienlandschaft zu ziehen sind.

Datenprojekt Drive: Lehren für die Medienlandschaft



Mehr News & Entdeckungen aus der Woche

zusammengetragen von Kevin Dusch

Taz hält Umsatz 2020 stabil, Ergebnis rückläufig

Die Taz Verlags- und Vertriebs GmbH meldet in ihrem Jahresabschluss 2020 im Bundesanzeiger stabile Werte bei Erlösen und Auflage, allerdings ein rückläufiges Betriebsergebnis. So lag der Jahreserlös bei 29,55 Millionen Euro – 1,2 Prozent mehr als im Vorjahr. Der größte Teil davon stammt mit 18,936 Millionen Euro (Vorjahr: 18,641 Millionen Euro) aus Print- und Kombi-Abos. Der Umsatz mit Digitalabos stieg von 1,758 Millionen Euro in 2019 auf 2,223 Millionen Euro in 2020. Der Einzelverkaufserlös sank von 1,361 Millionen Euro in 2019 auf 1,301 Millionen Euro in 2020. Das leichte Plus lässt sich auf die positive Auflagenentwicklung und gestiegene Abo-Preise zurückführen. Rückläufig ist dagegen das Jahresergebnis. Während es sich 2019 noch auf 197.000 Euro belief, lag es ein Jahr später bei 174.000 Euro – ein Rückgang von 11,7 Prozent. Als Grund dafür werden unter anderem gestiegene Personal-, Vertriebs- und Zustellkosten genannt.

Corint Media fordert 190 Millionen Euro von Facebook

Die Verwertungsgesellschaft Corint Media fordert von Facebook Lizenzgebühren für Presseinhalte in Höhe von 190 Millionen Euro – allein für das kommende Jahr. Laut Corint folge man damit „der gesetzlich vorgeschriebenen Gleichbehandlung“, nachdem ähnliche Forderungen auch an Google gingen. Basis der Berechnung ist eine Umsatzschätzung für Facebook in Deutschland in Höhe von fünf Milliarden Euro in 2020. Facebook hatte gegenüber der dpa Gespräche mit Corint bestätigt, wollte die laufenden Verhandlungen aber nicht kommentieren. Die Mitteilung von Corint Media findest du hier. Mehr Hintergründe zum Streit um das Leistungsschutzrecht findest du hier

Deutsche Welle setzt jordanische Kooperation nach Antisemitismus-Vorwürfen aus

Nachdem Medien wie Vice und die Süddeutsche Zeitung über Antisemitismus und Antiisraelismus beim jordanischen Partner Roya TV berichteten, legt Vice nun mit kritischen Inhalten beim nächsten Kooperationspartner der Deutschen Welle nach. Konkret geht es um Al Jadeed TV aus dem Libanon, dem Vice ebenfalls antisemitische Tendenzen nachweist. Die Deutsche Welle will den Fall prüfen, hat die Zusammenarbeit mit Roya TV bereits ausgesetzt. Noch im März 2020 hatte Intendant Limbourg den Roya-TV-Chef Fares Sayegh mit dem „Freedom of Speech Award“ ausgezeichnet. Die ausführliche Recherche von Vice findest du hier, den Artikel zur Zusammenarbeit mit Al Jadeed TV hier.

Truth Social: Investoren sollen Trumps sozialem Netzwerk eine Milliarde zugesagt haben

Donald Trump treibt offenbar sein eigenes Medienimperium voran. Nach Angaben der Trump Media & Technology Group (TMTG) sollen nicht näher benannte Investoren eine Milliarde US-Dollar zugesagt haben. Zudem plant TMTG den Börsengang mithilfe einer Mantelgesellschaft (SPAC). Für die Gründung von Trumps Medienunternehmen waren im April erste konkrete Hinweise in Form eines Pitchdecks aufgetaucht, über die wir bei Medieninsider berichtet hatten. Im Oktober schließlich hatte Trump offiziell die Gründung von Truth Social angekündigt. Der Republikaner will die Plattform 2022 veröffentlichen. Zudem will TMTG auch einen eigenen Videodienst aufbauen. Eine aktuelle Meldung dazu vom RND findest du hier.

Buzzfeed ist jetzt ein Börsenunternehmen

Buzzfeed ist seit Montag an der US-amerikanischen Tech-Börse Nasdaq gelistet, zunächst mit einer Bewertung von 1,5 Milliarden US-Dollar. Zuvor war Buzzfeed mit der Mantelgesellschaft (SPAC) 890 Fifth Avenue Partners fusioniert worden. Nachdem die Aktie zunächst mit einem Plus von 14 Prozent eröffnete, stürzte sie zwischenzeitlich um 17 Prozent ab. Auch sammelten die Investoren grundsätzlich deutlich weniger ein als ursprünglich gedacht. Zudem sollte der Börsengang eigentlich bereits 2018 stattfinden. Eine aktuelle Meldung von Reuters findest du hier.

Aus dem Personalticker:

 dpaSilke Brüggemeier wird Rufa-Geschäftsführerin

► Stefan Aust verlängert als Welt-Herausgeber

► Florian Hager wird neuer HR-Intendant

► Steffen Hebestreit wird Regierungssprecher, Wolfgang Büchner Vize

► ProSiebenSat.1: Andreas Wiele wird AufsichtsratschefVorstand Beaujean verlängert

Lesetipp

Audio boomt. Das liegt auch an mehr und mehr inhaltlichen Angeboten sowie den dahinter liegenden Technologien, die den Konsum noch einfacher machen. Doch nicht jede Idee, Informationen aufs Ohr zu bringen, geht auf. Das hat zuletzt auch Google erfahren. 

Mit Diensten wie „Your News Update“ wollte der Tech-Konzern personalisierte Kurznachrichten für die Ohren produzieren – per Algorithmus, versteht sich. Roboterjournalismus für die Ohren quasi. Doch das 2019 gestartete Experiment ist nun offiziell gescheitert. Still und heimlich wurde es von den Google-eigenen Geräten entfernt.

Joshua Benton vom NiemanLab hat sich das Aus der einst als große Innovation gefeierten Idee genauer angesehen und erklärt, weshalb sie nicht aufgegangen ist. Seine zwei Hauptgründe:

► Audio braucht einen Vertrauensvorschuss: Audiomeldungen kann man im Gegensatz zu Texten nicht in wenigen Sekunden überfliegen. Man muss sich auf sie einlassen ohne zu wissen, was einen erwartet.

► Kuratierte News haben keinen Markenwert: Podcasts profitieren davon, dass Nutzer sich mit der Absendermarke identifizieren. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass einem Inhalte gefallen, wenn man vorherige Folgen mochte. Kuratierte News können das nicht versprechen. 

Bedeutet das also, dass die Idee von tagesaktuellen Audio-News-Snippets begraben werden muss? Die Meinung von Joshua Benton findest du hier in seinem Text bei NiemanLab.

Ich wünsche dir noch eine schöne Woche! 

Viele Grüße sendet dir

Alexandra

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Alexandra Borchardt
Alexandra Borchardthttps://alexandraborchardt.com/
Dr. Alexandra Borchardt ist Journalistin mit mehr als 25 Jahren Berufspraxis, 15 davon in Führungspositionen (Süddeutsche Zeitung, Plan W). Sie ist Buchautorin, Beraterin und Medienforscherin mit besonderem Blick für Leadership und Digitalisierung.

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